Log in and see more.
Viele urologische Patienten sind auch geriatrische. Dennoch gibt es Nachholbedarf bei der Zusammenarbeit, wie die Forschungsergebnisse eines Experten-Teams nun zeigen.
Neue Lösungen für alte urologische Probleme: Blut im Urin, Schmerzen beim Wasserlassen oder Schließmuskelprobleme sind insbesondere im hohen Alter medizinisch abzuklären. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse helfen jetzt dabei, noch gezielter zu therapieren und Medikamente besser abzustimmen. Darüber hinaus kann auch die Lebensqualität der Betroffenen gesteigert werden.
Urologe und Geriatrie-Forscher Prof. Andres Wiedemann setzt sich dafür ein, dass sich Urologie und Geriatrie enger verzahnen und Experten in Notfällen zusammenarbeiten. Zuletzt untersuchten er und sein uro-geriatrisches Team die Lebensqualität von Menschen, die lebenslang einen Katheter tragen müssen. „Anders als erwartet haben wir herausgefunden, dass fast alle Betroffenen kaum einen Unterschied zwischen einem Harnröhren- und einem Bauchdeckenkatheter ausmachen“, so Wiedemann. Viele Mediziner waren bisher davon ausgegangen, dass ein Bauchdeckenkatheter eine bessere Lebensqualität mit sich bringt. Das sei nicht der Fall.
„Zwar entscheiden sich Frauen eher gegen die Bauchdecken-Variante, weil einige Betroffene weiterhin Urin verlieren und durch Schließmuskelprobleme untenherum nass werden. Aber es gibt auch unter den Untersuchungsteilnehmerinnen keine eindeutige Präferenz“. Die Wissenschaftler untersuchten, wie sich das Leben mit Blasenkatheter hinsichtlich des Wohlbefindens, Hautirritationen, Geruch oder auch Sexualität und Sturzgefährdung insbesondere bei älteren Patienten entwickelt. Dabei schnitten beide Katheter-Variante gleich gut ab. Dies gilt auch für Katheter mit zusätzlichem Auslassventil: „Wir dachten immer, unseren Patienten damit etwas Gutes zu tun. Tatsächlich aber gibt es durch diese Ventilversorgung keinen nennenswerten Vorteil in puncto Lebensqualität“, erklärt Wiedemann.
Darüber hinaus gibt es neue Erkenntnisse über die Häufigkeit von Tumorerkrankungen der Harnorgane. „Wir haben 300 älteren Patienten mit Blut im Urin sowie mindestens zwei weiteren Risikofaktoren wie Multimorbidität und kognitiven Einschränkungen untersucht. Bei jedem vierten von ihnen konnten wir einen Tumor erkennen“, erklärt Wiedemann. „Das sind wichtige Anhaltspunkte für die zukünftige medizinische Versorgung.“
Grundlage zur Erkennung dieser Risikofaktoren ist das sogenannte ISAR-Screening (Identification of Seniors at risk), an dem das Team forscht: Durch einen Fragebogen soll ermittelt werden können, ob betroffene hochaltrige Patienten bei der Krankenhausentlassung zusätzliche Hilfe benötigen. Die Daten werden auch für das geriatrische Assessment genutzt. „Wir haben hier Zusammenhänge zwischen Makrohämaturie und Hilfebedarf belegen können. Nun geht es uns noch darum, zu erkennen, wie und wann es zum Blut im Urin kommt und welche Rolle blutverdünnende Mittel dabei spielen“, sagt Wiedemann.
In einem weiteren Projekt untersuchte Wiedemann weiterhin die Nebenwirkungen von Medikamenten gegen Harninkontinenz bei ambulant urologischen Patienten. Sein Ergebnis: 11,75 % dieser Patienten besaßen schon eine relevante „anticholinerge Last“ und müssen schon vor der Gabe eines urologischen Anticholinergikums als gefährdet im Hinblick auf Konzentrationsstörungen, Schlafprobleme, Schwindel und Sturzgefahr gelten – eine wichtige Information zur adäquaten Behandlung der urologisch-geriatrischen Patienten. Auf Basis dieser Ergebnisse hat das Team um Wiedemann den sogenannten Wittener Harntrakt-Nebenwirkungsrechner aufgebaut. Eine Web-Anwendung, mit der die Nebenwirkungen von Medikamenten ausgewertet werden, die Auswirkungen auf die Harntrakt-Behandlung haben. „Insbesondere bei der Multimedikation geriatrischer Patienten ist das eine wichtige Unterstützung“, erklärt Wiedemann.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Mehr Informationen findet ihr hier.
Bildquelle: Eric Masur, unsplash.