Menschen, die unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden, haben ein signifikant erhöhtes Risiko, alkoholabhängig zu werden. Forscher haben nun ein Medikament identifiziert, das den Teufelskreis durchbrechen könnte.
Trauma- oder Missbrauchsüberlebende haben ein wesentlich höheres Risiko, eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln, als andere Menschen. Schätzungen zufolge haben bis zu drei Viertel der Betroffenen mit posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) Alkoholprobleme – die Wahrscheinlichkeit, eine Alkoholabhängigkeit zu entwickeln, ist doppelt so hoch wie regulär.
Wissenschaftler haben nun in einer Studie eine Klasse von Medikamenten identifiziert, die diesen gefährlichen Kreislauf durchbrechen könnten: In Tiermodellen von PTBS verringerte ein Medikament die Neigung zum Konsum von Alkohol. Auch andere Verhaltensweisen, die mit PTBS in Verbindung gebracht werden, wie Aggression, Angst und Hyperaktivität wurden reduziert. „Die Überschneidung von PTBS und Alkoholabhängigkeit ist ein großes Problem“, sagt Studienautorin Prof. Marisa Roberto. „Wir haben gezeigt, dass es möglich ist, beide Störungen zu lindern, indem wir auf die gemeinsamen Hirnpfade einwirken.“
Es ist schon länger bekannt, dass das Protein FKBP5 bei beiden Störungen eine Rolle spielt. Das FKBP5-Gen ist dafür verantwortlich, die Stressreaktionswege des Gehirns zu bremsen; seine genetischen Varianten werden mit einem erhöhten Risiko für Alkoholismus und PTBS in Verbindung gebracht. Bei Tieren zeigte sich nun eine Verbindung zwischen erhöhten FKBP5-Werten und Alkoholproblemen.
In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher Ratten mit ähnlichen Symptomen wie bei Menschen, die an PTBS und Alkoholsucht leiden. Wie die menschlichen Patienten wiesen die Tiere einen überdurchschnittlichen Alkoholkonsum auf, waren reizbar und zeigten Angstzustände und Schlafstörungen. Die Wissenschaftler verabreichten den Ratten eines von zwei Medikamenten, die FKBP5 nachweislich beeinflussen: das Parkinson-Medikament Benzatropin (Cogentin®) und SAFit2, ein experimenteller Wirkstoff, der speziell zur Hemmung von FKBP5 entwickelt wurde.
Nach der Einnahme von Benzatropin zeigte sich eine Minderung der Alkoholpräferenz bei männlichen und weiblichen Tieren sowie ein Rückgang des aggressiven Verhaltens bei Weibchen. SAFit2 verringerte den Alkoholkonsum bei gestressten männlichen Tieren und reduzierte Angstsymptome bei beiden Geschlechtern. Auf die Schlafstörungen hingegen wirkte sich keines der beide Medikamente aus.
„Die Ergebnisse könnten aufgrund von Fortpflanzungshormonen bei männlichen und weiblichen Tieren unterschiedlich ausgefallen sein", vermutet Co-Autor Dr. Bryan Cruz. „Es gibt neue Forschungen, die darauf hindeuten, dass die Wirkung bei weiblichen Tieren während ihres Östruszyklus variieren kann.“ Da Benaztropin als Arzneimittel bereits zugelassen ist, sehen die Studienautoren viel Potenzial, dies in Zukunft auch zur Prävention von Alkoholproblemen bei PTBS-Patienten einzusetzen. Es bedarf nun weiterer Untersuchungen, um festzustellen, ob die Wirkstoffe auch Rückfälle verhindern können.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Scripps Research Institute. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Jack Lucas Smith, unsplash.