Seit die aviäre Influenza auch in Mitteleuropa weit verbreitet ist, testen Zoos und Tierparks verstorbene Vögel stichprobenartig. Der Zoo in Berlin ist nach einem positiven Fall nun geschlossen. Lest hier mehr zu den Details und Maßnahmen.
Der Zoo Berlin verfügt über einen der größten Vogelbestände Europas. Als am Freitag, 18. November 2022, erstmals ein Fall von Vogelgrippe im Zoo bestätigt wurde, sind umfangreiche Quarantänemaßnahmen ergriffen worden. Bei einem am 13. November 2022 verstorbenen Hammerkopf wurde erstmals ein positives Ergebnis für die aviäre Influenza bestätigt, nahezu alle Vögel wurden daraufhin in rückwärtige Volieren bzw. Stallungen gebracht.
Mit dem H5N1-Virus sind beim Menschen und anderen Tierarten bislang nur in Einzelfällen mit Infektionen in Verbindung gebracht worden. Wohl aber besteht ein Risiko, das Virus in andere Vogelbestände einzuschleppen. In Rücksprache mit den lokalen Behörden bleibt der Zoo Berlin daher für Gäste geschlossen.
„Als eine der Folgen musste das gesamte Gelände für die Gäste geschlossen werden“, berichtet der Zoo in einer Pressemitteilung. „Zudem wurde eine Probenentnahme aller Vögel im Bestand in die Wege geleitet. Nach der Auswertung fast aller Ergebnisse kann nun eine erste Einschätzung zur aktuellen Lage in Deutschlands ältester zoologischen Einrichtung gegeben werden. Die gute Nachricht: Bei den Ergebnissen dieser ersten Testrunde ist bislang kein weiterer positiver Fall aufgetreten. Der Zoo Berlin bleibt jedoch weiterhin geschlossen.“
In den vergangenen Tagen wurden zunächst die Vögel getestet, die im direktem (86 Tiere) oder indirektem (235 Tiere) Kontakt zum infizierten Hammerkopf waren. Anschließend erfolgte die Probenentnahme der übrigen Vögel im Bestand. Bei den Ergebnissen dieser ersten Testrunde ist bislang kein weiterer Vogelgrippe-Fall aufgetreten, es stehen aber noch Ergebnisse aus. Im Anschluss werden weitere Testreihen notwendig sein, um Rückschlüsse auf die Infektionsquelle zu ziehen sowie über die weiteren Schritte zu beraten.
Laut EU-Verordnung ist beim Auftritt eines positiven Falles der aviären Influenza die Tötung für den gesamten Vogelbestand vorgeschrieben; dies beträfe im Zoo Berlin nicht nur Hühner, Gänse und Enten, sondern auch alle übrigen Vogelarten wie Brillenpinguine, James-Flamingos und Hyazinth-Aras. „Wir sind zunächst erst einmal froh, dass es sich bei dem infizierten Hammerkopf bislang um einen Einzelfall handelt. Dennoch sind wir uns bewusst, dass die aktuelle EU-weite Rechtslage nur wenig Handlungsspielraum lässt“, beschreibt Zoo- und Tierparkdirektor Dr. Andreas Knieriem den Ernst der Lage. „Bevor wir uns über das Thema Öffnung des Zoo Berlin Gedanken machen können, gilt es also zunächst, eine Katastrophe für unsere Vögel und den Zoo abzuwenden. Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck daran, eine Ausnahmegenehmigung für unseren einzigartigen Vogelbestand zu bekommen“, so Knieriem.
Unter den 1.200 gefiederten Bewohnern sind auch viele in der Natur stark gefährdete bzw. vom Aussterben bedrohte Arten wie Kagu, Vietnamesischer Fasan, Nördlicher Streifenkiwi, Südlicher Felsenpinguin oder Balistar, welche im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogrammes koordiniert werden und als Reservepopulationen fungieren. Mit seinen Nachzuchten beteiligt sich der Zoo regelmäßig an Wiederansiedlungsprojekten für Bartgeier, Waldrapp und Europäischer Moorente. Der Verlust wäre für den Schutz dieser Arten daher ein herber Rückschlag.
Bei der Geflügelpest handelt es sich um eine hochansteckende Viruserkrankung. Sie wird in erster Linie durch direkten Tierkontakt, aber auch durch indirekten Kontakt z. B. über kontaminiertes Schuhwerk, Kleidung oder Einstreu übertragen. Die meisten Vogelarten – insbesondere Puten und Hühner – sind empfänglich für die Infektion, bei Wildvögeln treten normalerweise nur selten Erkrankungen auf. „Die Geflügelpest ist natürlich kein gänzlich neues Thema für uns, doch dieser erstmalige positive Befund in unserem Tierbestand traf uns ohne jegliche Vorwarnung“, erklärt der Zoologische Leiter Christian Kern. „Sobald in den vergangenen Jahren ein Fall in der Umgebung auftrat, wurden die Vögel als Vorsichtsmaßnahme bereits in die Stallungen gebracht.“
„Es gab im Februar und März 2022 bereits 26 Fälle von aviärer Influenza bei verendeten Wildvögeln in Berlin. In diesem Winter ist dies der erste bekannte Fall in Berlin und Brandenburg. Unser oberstes Ziel muss weiterhin sein, eine Ausbreitung und die Einschleppung in andere Vogelbestände zu verhindern“, erklärt Veterinärreferent Dr. Torsten Nöldner von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz.
Zu den durch die Veterinär- und Lebensmittelaufsicht vom Ordnungsamt Berlin-Mitte angeordneten Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung gehören unter anderem:
„Die amtlich angeordneten Maßnahmen sind geeignet, eine Weiterverbreitung bzw. Gesundheitsgefährdung empfänglicher Tiere zu minimieren und die Seuche schnell zu bekämpfen“, bestätigt die amtliche Tierärztin der zuständigen Veterinär- und Lebensmittelaufsicht vom Ordnungsamt Berlin-Mitte, Maria Elena Kaschubat. „Es liegt im Interesse aller, dass sie mit größter Sorgfalt und Disziplin bis ins letzte Detail befolgt werden.“
Erst wenn nach Untersuchung aller Vögel kein weiterer positiver Fall auftritt, kann über Lockerungen der aktuell geltenden Anordnungen nachgedacht werden. Eine Schließung bis voraussichtlich Ende des Jahres gilt derzeit als wahrscheinlich. Jedes weitere positive Ergebnis würde jedoch eine Neubewertung der Lage zur Folge haben. Das Aquarium und der Tierpark Berlin bleiben geöffnet.
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung des Berliner Zoos.
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