„Iss doch einfach mal ein bisschen gesünder!“ Viele depressive Menschen hören diesen Satz täglich. Aber ist da was dran – und was hat das Mikrobiom damit zu tun?
Auf und im menschlichen Körper lebt eine Vielzahl von Mikroorganismen wie Bakterien, Viren und Hefen – das menschliche Mikrobiom. Es ist für ein optimales körperliches Funktionieren notwendig, z. B. indem esessenzielle Nährstoffe produziert und vor Krankheitserregern schützt. Ist das Mikrobiom im Ungleichgewicht, ist das Risiko für zahlreiche Krankheiten erhöht. So gibt es beispielsweise Hinweise darauf, dass verschiedene Hirnerkrankungen mit Störungen des Mikrobioms zusammenhängen könnten.
Spannende Ergebnisse liefert jetzt eine aktuelle Arbeit über den Zusammenhang zwischen dem Mikrobiom und Depression. An der HELIUS-Studie unter der Leitung von Prof. Max Nieuwdorp nahmen insgesamt 3.211 Personen teil. Die Forschungsergebnisse zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung des Mikrobioms und Depression. Ein Mikrobiom, das weniger vielfältige Bakterien enthält oder in dem bestimmte Bakterienarten unterrepräsentiert sind, wurde mit Depression oder mehr depressiven Symptomen in Verbindung gebracht. Diese Assoziation war ebenso stark, wie die anderer bekannter Risikofaktoren für Depressionen wie Rauchen, Alkoholkonsum, Bewegungsmangel und Übergewicht.
Die Beeinflussung des Mikrobioms könnte daher für die Behandlung von Depression von großer Bedeutung sein. „Jetzt, da wir wissen, welche Störungen im Mikrobiom für Depressionen bedeutsam sind, eröffnet dies neue Möglichkeiten für die Behandlung und Prävention. Das ist dringend notwendig“, sagt Anja Lok, Psychiaterin und Forscherin an der Abteilung für Psychiatrie am Amsterdam UMC.
Frühere Forschungen im Rahmen der HELIUS-Studie haben ethnische Unterschiede, sowohl in der Zusammensetzung des Mikrobioms als auch im Auftreten von Depression, aufgezeigt. Bislang gab es jedoch keinen Zusammenhang zwischen beiden.
Forscher Jos Bosch von der Abteilung für Psychologie der Universität Amsterdam: „Die erheblichen ethnischen Unterschiede bei Depression scheinen tatsächlich mit ethnischen Unterschieden im Mikrobiom zusammenzuhängen. Wir wissen aber noch nicht genau, warum das so ist. Dieser Zusammenhang wurde nicht durch Unterschiede in der Lebensweise wie Rauchen, Trinken, Gewicht oder Bewegung verursacht und sollte weiter untersucht werden. Zum Beispiel könnte die Ernährung eine Rolle spielen.“ Dies ist die erste Studie, die zeigt, dass die Unterschiede bei Depression zwischen Bevölkerungsgruppen mit der Zusammensetzung des Mikrobioms zusammenhängen.
Es ist wichtig festzustellen, ob die gefundenen Zusammenhänge zwischen dem Mikrobiom und Depression durch andere Studien bestätigt werden können. Im zweiten Artikel, veröffentlicht in Nature Communication, wurden die Daten der HELIUS-Studie und der ERGO-Studie verglichen. Dieser Vergleich bestätigte einen konsistenten Zusammenhang zwischen zwölf Bakteriengruppen und dem Auftreten von Depressionen. Und lieferte eine Erklärung: Die zwölf Bakteriengruppen produzieren Stoffe wie Glutamat, Butyrat, Serotonin und Gamma-Aminobuttersäure. Diese Neurotransmitter spielen bei Depressionen eine wichtige Rolle. Der Beitrag wurde von Forschern des Erasmus MC verfasst.
„Diese Ergebnisse geben daher eine klare Richtung für die künftige Erforschung möglicher Behandlungen vor, wie z. B. die Verwendung von Probiotika, Präbiotika und Synbiotika oder die Transplantation der fäkalen Mikrobiota sowie die Änderung des Lebensstils und der Ernährung“, sagt Anja Lok.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung der Universiteit van Amsterdam. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Anthony Tran, unsplash