Ein Mann wird mit trockenem Husten in der Klinik vorstellig, außerdem hat er stark abgenommen. Die Ärzte stellen schnell kardiale Komplikationen fest. Doch das Besondere ist nicht der Befund, sondern der Übeltäter dahinter.
Ein 35-jähriger Mann wird in der Notaufnahme vorstellig: Seine Krankheitsgeschichte ist zwar bisher unauffällig, jedoch litt er in den 3 Monaten zuvor unter trockenem Husten sowie stoßartigen und schweißigen, nächtlichen Fieberschüben. Auch habe er unbeabsichtigt knapp 11 kg Körpergewicht verloren. Auffällige Expositionen im Zusammenhang mit den Symptomen – beispielsweise Tier- oder Insektenstiche, Reisen oder sexueller Kontakt – habe es nicht gegeben. Auch in der Familiengeschichte liegen keine Erkrankungen vor.
Die anfänglichen Laborergebnisse des Patienten sind auffällig: Die Anzahl der weißen Blutkörperchen (5,7 × 103 µl−1) sowie der Spiegel an C-reaktivem Protein (9,06 mg dl-1) ist erhöht, eine leichte Neutrophilie liegt vor (73,2 %) und die Sedimentationsrate der Erythrozyten liegt bei > 120 mm h-1. Außerdem stellen die behandelnden Ärzte mittels transösophagealem Echokardiogramm folgenden Befund fest:
Mithilfe eines Magnetresonanzbilds des Gehirns stellen die Ärzte bilateral zerebrale und zerebelläre Mikroblutungen fest, die wahrscheinlich mit embolischen Komplikationen durch eine Endokarditis zusammenhängen.
Bei Aufnahme beginnen die Ärzte mit einer täglichen Behandlung der Endokarditis mit 2 g Ceftriaxon und zweimal täglich Vancomycin. Vor der ersten Antibiotikagabe nehmen die Ärzte Blutproben. Der Befund: Alle drei Proben waren innerhalb der nächsten 72 h positiv auf Haemophilus. Zwar waren die Proben zunächst positiv auf Haemophilus influenzae (H. influenzae), jedoch machten genauere Untersuchungen dann Haemophilus sputorum (H. sputorum) als verantwortlichen Erreger fest.
Aufgrund dieser Ergebnisse erhält der Patient eine Monotherapie mit Ceftriaxon, das sich, anders als Vancomycin, gegen gram-negative Bakterien richtet. Zwei Wochen später unterzieht der Mann sich erfolgreich einem chirurgischen bioprothetischen Aorten- und Mitralklappenersatz mit Rekonstruktion des aorto-mitralen Vorhangs. In den nächsten vier Wochen nach Klappenersatz hat der Patient jedoch Komplikationen mit der peripher eingeführten Katheterlinie, die entfernt werden muss, und beginnt mit der oralen Levofloxacin-Therapie.
Er beendet seine insgesamt sechswöchige Antibiotikakur nach dem Klappenersatz ohne weitere Komplikationen. Bei Nachsorgeterminen bleibt er weiterhin klinisch gesund: Ein postoperatives Wiederholungs-Echokardiogramm zeigt eine normale Ejektionsfraktion und entsprechend funktionierende mechanische Klappen.
Die Gattung Haemophilus gehört zur Familie Pasteurellaceae, welche als fakultativ anaerobe, gram-negative pleomorphe Stäbchen charakterisiert sind. Der bekannteste Erreger dieser Gattung ist wohl H. influenzae, der bei seiner Entdeckung im 19. Jahrhundert fälschlicherweise für den Erreger der Influenza gehalten wurde. H. sputorum wurde erstmals 2012 identifiziert – die klinische Informationslage zu diesem Erreger ist noch recht mau. So gibt es bisher keine anderen Fallberichte zu einer Infektionserkrankung bzw. Entwicklung einer Endokarditis durch H. sputorum. Neueste Studien haben auch gewisse Ähnlichkeiten des Erregers zu H. influenzae gezeigt; beide besitzen eine sehr ähnliche Kapsel. Bisher wurde eine Kapselung mit Wirtspezifität für den Menschen nur bei H. influenzae identifiziert.
„In diesem Bericht präsentieren wir einen Fall von H. sputorum-Bakteriämie, die zu einer akuten infektiösen Endokarditis der Aorten- und Mitralklappen führte, verkompliziert durch embolische Infektionsherde“, schreiben die Autoren über diesen Fall. „Nach unserem Wissen ist dies der erste veröffentlichte Fall einer infektiösen Endokarditis durch H. sputorum und der zweite Bericht über die Isolierung von H. sputorum aus Blut.“ Die Autoren betonen daher, dass weitere Informationen zum Erreger notwendig sind, um die Prävalenz und die klinische Bedeutung des Mikroorganismus einschätzen zu können.
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