„Hämophilie: Eine Aufgabe für die Schmerzmedizin?“ – unter dieser Fragestellung wurde auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2022 der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e. V. (DGS) der Stellenwert der Schmerzproblematik bei Patienten mit Hämophilie diskutiert. Denn viele Hämophilie-Patienten leiden unter Schmerzen. Ein wirksames Schmerzmanagement wird in den aktuellen Therapieansätzen nicht immer berücksichtigt.
Warum ist eine gute Schmerztherapie bei Hämophilie wichtig?
Durch den Mangel an dem Gerinnungsfaktor VIII (Hämophilie A) oder Gerinnungsfaktor IX (Hämophilie B) können bei Hämophilie-Patienten spontane Blutungen in Muskeln, Gelenken und Organen auftreten. Die auftretenden Gelenkblutungen sind dabei besonders schmerzhaft, da sie zu Entzündungen und langfristigen Schädigungen des Gewebes und der Knochen führen können. Durch die infolge von Gelenkblutungen möglichen Schäden leidet rund die Hälfte aller Patienten langfristig unter Schmerzen1,2,3. Die Betroffenen sind dadurch oftmals stark in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt und auch die Lebensqualität im Alltag ist vermindert.
Die aktuellen Therapieansätze sind auf eine wirksame Blutungsvermeidung und langfristige Gelenkgesundheit ausgelegt. Dadurch soll den Patienten ein normaler Alltag ermöglicht werden. Dennoch treten nach wie vor Blutungen auf. Die meisten Betroffenen berichten von regelmäßigen Schmerzen4, wobei viele Patienten ihre Schmerzmedikation als unzureichend empfinden5,6. Eine entsprechende Therapie wird jedoch nur in wenigen Fällen eingeleitet. Als Folge der andauernden Schmerzen können auch Depressionen und Angstzustände auftreten5. Viele Patienten können zudem im Lauf der Zeit nicht mehr zwischen akuten und chronischen Schmerzen unterscheiden. Diese Unterscheidung ist jedoch zur Diagnostik der Schmerzen und der Wahl des richtigen Schmerzmedikaments für den behandelnden Arzt wichtig.
Ganzheitliche Behandlungsstrategien für Hämophilie-Patienten sind notwendig
Die Fachärzte Dr. Katharina Holstein, Ärztin für Innere Medizin und Hämatologie (UKE Hamburg) sowie der Schmerztherapeut und Allgemeinmediziner Dr. Johannes Horlemann (Präsident der DGS) nutzten das Symposium Hämophilie und Schmerz auf dem diesjährigen Deutschen Schmerz- und Palliativtag, um speziell auf das Schmerzproblem bei Patienten mit Hämophilie aufmerksam zu machen. Im Rahmen des intensiven Austauschs äußerten sowohl die teilnehmenden Gerinnungsmediziner (Hämostaseologen) als auch Schmerzmediziner den Wunsch nach einer intensiven Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen, um die Situation für die Betroffenen zu verbessern. Nach Meinung der Experten sollten Schmerzen bei Hämophilie-Patienten ernstgenommen werden; ein ganzheitliches Schmerzmanagement sei neben einer wirksamen Behandlung der Hämophilie deshalb ein zentrales Ziel der zukünftigen Therapieansätze.
Daher ist eine effektive Prophylaxe der Hämophilie - beispielsweise mit Faktorersatzpräparaten mit verlängerter Halbwertszeit - besonders wichtig: Nach aktuellen Erkenntnissen können diese eine effektive Blutungsprophylaxe gewährleisten und gleichzeitig Gelenkschmerzen verringern7,8.
Quellen: