Gesichtslähmungen haben Auswirkungen auf die Mundgesundheit. Bisher wurde darauf aber in der Behandlung wenig Wert gelegt – das soll sich jetzt ändern.
Fazialisparesen sind die häufigsten Hirnnervenparesen und können viele Ursachen haben. Seien es Schlaganfälle, Tumoren oder inflammatorische, immunologische sowie idiopathische Auslöser. Genauso vielseitig sind auch die Beschwerden der Betroffenen. Diese können von Sprachstörungen und eingeschränkter Mimik bis hin zu Schwierigkeiten beim Essen oder Trinken reichen. Mindestens 30 % der Betroffenen werden nie vollkommen geheilt. Eine oft unterschätze Gefahr einer einseitigen Gesichtslähmung ist dabei ihre Auswirkung auf die Zahngesundheit. Damit haben sich jetzt Wissenschaftler des Universitätsklinikums Jena auseinandergesetzt.
Beeinträchtigte Gesichtsmuskeln wirken sich auch auf die Zähne aus – das klingt logisch. Bisher wurde allerdings bei der Behandlung von Fazialisparesen zu wenig auf den zahnmedizinischen Aspekt geachtet. „Mit unserer systematischen Untersuchung konnten wir detailliert belegen, dass eine Fazialisparese durch die veränderte Motorik und Speichelproduktion die Mundgesundheit deutlich beeinträchtigt“, sagt Studienautorin Lisa Strobelt. „Deshalb ist es wichtig, dass die Betroffenen ihre Mundhygiene nicht vernachlässigen“, heißt es in der in PLOS ONE veröffentlichten Studie.
Insgesamt nahmen an der Studie 86 Probanden teil, jeweils 43 Personen mit und ohne halbseitige Gesichtslähmung. Dabei wurden Mundgesundheit und Mundhygiene der Probanden analysiert. Sämtliche Parameter waren bei den Patienten mit Fazialisparese schlechter als bei der gesunden Kontrollgruppe. Der Median ergab 14,3 % mehr approximale Plaque (p = 0,014), 20,8 % mehr Sulkusblutungen (p = 0,002) und mehr als doppelt so viel Karies (p = 0,024). Außerdem zeigte die Studie, dass die gelähmte Seite signifikant stärker von entzündlichen Parodontalerkrankungen betroffen war und stärker zu Karies neigte.
Auslöser für die schlechtere Mundgesundheit von Patienten mit Fazialisparesen kann die fehlende Muskelspannung sein, die in Folge zu Bissverletzungen im Wangenbereich oder zu Rückständen von Essensresten in den Wangentaschen des Patienten führen kann. Jedenfalls gehen mit der Lähmung Einschränkungen beim Zähneputzen und der generellen Zahngesundheit einher. Dazu kommt, dass die Fazialisparesen-Gruppe im Untersuchungszeitraum seltener zum Zahnarzt ging, als die Kontrollgruppe (53,5 % vs. 60,5 %). Außerdem stiegen einige Studienteilnehmer durch die Lähmung von einer elektrischen auf eine Handzahnbürste um.
„Mit unserer systematischen Untersuchung konnten wir detailliert belegen, dass eine Fazialisparese durch die veränderte Motorik und Speichelproduktion die Mundgesundheit deutlich beeinträchtigt“, so Strobelt. „In dieser Studie war die parodontale Gesundheit von Patienten mit Fazialisparese noch nicht signifikant schlechter als die von gesunden Kontrollpersonen. Die Tendenz zu einer verminderten Mundgesundheit war jedoch vorhanden und die ersten Symptome, wie erhöhter Plaquebefall und eine erhöhte Blutungsneigung, waren bereits deutlich erkennbar“, fassen die Autoren ihre Ergebnisse zusammen.
Zahnmedizinische Kontrollen und ein Fokus auf korrekte Mundhygiene sollten daher in der Fazialisparese-Behandlung eine stärkere Rolle spielen. Ebenfalls sollten Patienten trotz der schwierigen Umstände dazu ermutigt werden, eine gewissenhafte Mundhygiene aufrechtzuerhalten und regelmäßig Kontrolluntersuchungen durchführen zu lassen.
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