Wie bereits im ersten Teil zum Thema Wundheilung und systemische Störfaktoren erwähnt, beruht die Heilung von Wunden auf den regenerativen Fähigkeiten der Haut. Diese regenerativen Mechanismen können allerdings durch eine Vielzahl an Störfaktoren negativ beeinflusst werden, was zum Teil zur Ausbildung von infizierten oder chronischen Wunden und dem damit einhergehenden Leid für Patient:innen und Behandelnden führen kann. In diesem Teil zum Thema Störfaktoren bei der Wundheilung möchten wir Ihnen die häufigsten lokalen Einflüsse vorstellen – denn je früher der Störfaktor erkannt wird, desto besser ist die Prognose! „Lokal“ umfasst in diesem Kontext den Zustand der Wunde sowie die Qualität des praktizierten Wundmanagements, die den Ablauf der Wundheilung beeinflussen.
Zur Beurteilung des Wundzustandes und den sich daraus ergebenden Risiken sind eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen: Entstehung und Ausmaß der Schädigung, Zustand der Wundränder, Zustand des Wundgrundes, Beschaffenheit der Exsudation, Ausmaß der Keimbesiedelung bzw. Infektionsanzeichen, Lokalisation der Wunde und „Alter“ der Wunde. Bei operativ gesetzten Wunden ergeben sich neben dem individuellen Risikoprofil lokale Einflussfaktoren durch die Art des Eingriffs mit ihren unterschiedlichen hygienischen Risiken, die Lokalisation der Operation, die Dauer und die Art der Operationsvorbereitung, den Hygienestatus und die Qualität des Hygienemanagements im OP, die Operationstechniken sowie die Dauer der Operation. Einzeln oder in der Summe können sie zu postoperativen Wundkomplikationen führen, die sich meist in typischen Formen manifestieren (siehe Abb. 1). Zur Versorgung sehr stark exsudierender Wunden, zu denen auch chirurgische Wunden gehören können, eignet sich übrigens die besonders saugfähige Superabsorber-Wundauflage Zetuvit® Plus, die auch als Wundverband unter Kompressionsverbände genutzt werden kann.
Ausgedehntes Wundhämatom
Wundrandnekrosen und Nahtdehiszenz einer Oberbauchlaparotomie bei Z. n. Lebertransplantation und Immunsuppression
Wunddehiszenz bei Patient:innen mit massiver AdipositasAusgedehnte Wundrand- und Weichteilnekrosen bei Z. n. Kniegelenksexartikulation bei schwerer PAVK (Szilagy II)
Abb. 1: Typische postoperative Wundkomplikationen
Bedeutenden Einfluss auf die Wundheilung hat nicht zuletzt aber auch die Qualität des Wundmanagements. Je nach Wundart und Genese erfordert das Wundmanagement dabei die unterschiedlichsten therapeutischen Maßnahmen: chirurgische Eingriffe zur Versorgung akuter Traumen ebenso wie komplexe Kausaltherapien zur Beeinflussung chronischer Wundverhältnisse oder eine sachgerechte Verbandbehandlung. Ein gutes Wundmanagement berührt viele medizinische Disziplinen, und nicht selten sind Erfolge bei der Wundbehandlung nur durch interdisziplinäre Zusammenarbeit möglich.
Die Wundinfektion gilt als die schwerste Wundheilungsstörung und wird als Versagen der humoralen und zellulären Infektabwehr definiert. Die chirurgische Wundinfektion (surgical site infection) wird laut der Definition der Centers for Disease Control and Prevention in drei Gruppen eingeteilt: Oberflächlich, tief und organbezogen. Im Allgemeinen gilt eine Zahl von 105 Keimen pro Gramm Gewebe als therapiebedürftige Infektion, wobei die Virulenz der Erreger eine wichtige Rolle spielt und die Therapieentscheidung meist anhand des klinischen Bildes getroffen wird. Wie Sie Wundinfektionen erkennen, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Das Keimspektrum richtet sich hauptsächlich nach Lokalisation und Alter der Wunde. An Extremitäten, Thorax und im Gesichts- und Halsbereich finden sich meist Staphylokokken, während am Abdomen häufiger Mischinfektionen mit Enterobakterien auftreten. Mit zunehmendem Wundalter tritt ein Wechsel der Flora von Staphylokokken zu Enterobakterien und gramnegativen Erregern auf.
Benötigt eine Wunde trotz adäquater kausaler und lokaler Behandlung zur Heilung mehr als acht bis zwölf Wochen Zeit und bleibt der Zustand der Wunde unverändert oder verschlimmert sich, spricht man von einer chronischen Wunde.
Der Übergang von einer akuten Wunde zur chronischen Wunde kann dabei in jeder Wundheilungsphase erfolgen. Mehrheitlich entwickeln sich Wunden jedoch aus fortschreitenden Gewebezerstörungen infolge von Grunderkrankungen. Dazu zählen beispielsweise venöse oder arterielle Durchblutungsstörungen, Diabetes mellitus, lokale Druck- oder Strahlenschädigungen sowie immunologische oder maligne Erkrankungen. Obwohl das Erscheinungsbild chronischer Ulzerationen sehr heterogen ist, sind die ursächlichen pathophysiologischen Mechanismen ähnlich. Alle zugrundeliegenden Gefäßschädigungen, auch wenn sie unterschiedlicher Genese sind, münden letztlich in Ernährungsstörungen des Hautbindegewebes mit zunehmender Hypoxie und Ischämie – die Folge ist der Zelltod mit der Ausbildung von Nekrosen. Allen chronischen Wunden ist auch gemeinsam, dass sie in hohem Maße infektionsgefährdet sind.
Insgesamt ist die Problematik der Entstehung, Diagnose und Behandlung chronischer Wunden äußerst komplex.
Am Ende unseres Zweiteilers möchten wir Ihnen Hilfestellungen für den Praxisalltag mit auf den Weg geben, um schnellstmöglich Wundheilungsstörungen zu erkennen.
Eine exakte Aufnahme der Anamnese steht am Anfang, um eine ganzheitliche Behandlung zu erreichen. Dabei interessieren in erster Linie Kenntnisse über Sozialstatus, Ernährungsgewohnheiten, Krankheiten, Medikamente, Konsum von Drogen und Alkohol sowie über ein mögliches Artefakt.
Eine regelmäßige medizinische Untersuchung wird Krankheiten entdecken, welche die Wundheilung beeinträchtigen. Hierzu zählen etwa Störungen der Schilddrüsenfunktion, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, chronische Lungenkrankheiten und andere.
Periodische Laboruntersuchungen sind bei minimaler oder fehlender Heilungstendenz angezeigt. Dadurch können ansonsten relativ symptomarme Störfaktoren, wie zum Beispiel Zinkmangel, Hypalbuminämie, Elektrolytstörungen, Anämie, Lymphopenie, Vitamin-B12-Mangel, Hyperhomocysteinämie, Folsäuremangel und viele mehr erfasst werden.
Um Störfaktoren zu erkennen, werden Wundfläche, Wundrand und weitere Wundumgebung genau beobachtet. Dabei fallen zum Beispiel die folgenden Merkmale der gestörten Wundheilung auf:
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