Eine Studie zeigt das große Potential der Kernspinresonanz-Analyse für die Erforschung von Tumorerkrankungen: Wissenschaftler konnten durch die Methode Veränderungen im Stoffwechsel nachweisen, die das Krebswachstum anzeigen.
Die Heilungschancen für Patienten mit Tumoren des oberen Verdauungstrakts – wie Magen- und Speiseröhrenkrebs – haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Dennoch zählt die Erkrankung weiterhin zu den weltweit führenden krebsbedingten Todesursachen. Neue Ansätze für ein verbessertes Verständnis der Krankheit sind daher nötig, um Diagnostik und Therapieverläufe weiter zu verbessern. Ein Dresdner Forscherteam hat nun in einer Studie gezeigt, dass die Methode der Kernspinresonanz-Analyse (NMR) dafür ein wichtiger Baustein werden könnte.
Mithilfe der NMR-Methode maßen die Forscher im Blutserum von Patienten mit Magen- oder Speiseröhrenkrebs eine spezifische Zusammensetzung an Stoffwechselprodukten. Durch vergleichende Blut-Analysen vor und nach der operativen Entfernung des Tumors konnten sie erstmals zeigen, dass sich auffällige Stoffwechselveränderungen in dieser Patientengruppe nach der Operation normalisierten. Dies liefert starke Anhaltspunkte dafür, dass die charakteristische Stoffwechsel-Signatur unmittelbar auf das Tumorwachstum zurückzuführen ist.
„Die potentiellen Einsatzmöglichkeiten der Methode für die Erforschung von Tumorerkrankungen sind groß. Künftige Studien könnten beispielsweise untersuchen, ob die NMR-Analyse eine sinnvolle Ergänzung zu bildgebenden Methoden ist, um das mögliche Wiederauftreten eines Tumors nach einer Operation zu überwachen“, erklärt Co-Studienleiter Dr. Peter Mirtschink. Im Rahmen der Studie untersuchten die Forscher in insgesamt 283 Blutserums-Proben 42 verschiedene Metaboliten, die bei Krebserkrankungen typischerweise Veränderungen aufweisen können. Die Abbauprodukte des bei Kreberkrankungen erhöhten Stoffwechsels, lassen sich im Blut nachweisen. Mittels NMR wurden die Proben der Betroffenen mit Magen- oder Speiseröhrenkrebs vergleichend mit Proben von gesunden Kontrollpersonen und 39 Patienten mit Pankreaskrebs analysiert. Dabei wurden 15 signifikant veränderte Metaboliten für Tumoren des oberen Verdauungstrakts gefunden. Am deutlichsten erhöht war die Stoffwechselgruppe der Ketonkörper, den Zwischenprodukten des Fettstoffwechsels.
Anschließend wurden Blutseren von Betroffenen mit Magen- oder Speiseröhrenkrebs, die unmittelbar vor der chirurgischen Entfernung des Tumors entnommen wurden, mit Proben vom ersten, dritten und siebten Tag nach der Operation verglichen. Dabei zeigte sich, dass die erhöhten Konzentrationen bestimmter Metaboliten bereits in den ersten 24 Stunden nach der Operation stark zurückgingen, in denen die Patienten noch keine Nahrung zu sich nahmen. Sieben Tage nach der Operation hatte sich die Zusammensetzung der Stoffwechselprodukte weitgehend normalisiert und denen der gesunden Kontrollgruppe angeglichen.
„Die Untersuchung im Zeitverlauf zeigt deutlich, dass die gemessenen charakteristischen Veränderungen bei den Metabolit-Konzentrationen auf die Aktivität des Tumors zurückzuführen sind. Weitere mögliche Einflussfaktoren wie Entzündungen oder den Ernährungszustand der Betroffenen konnten wir hingegen weitgehend ausschließen. Der ermittelte metabolische Fingerabdruck ist somit ein geeigneter Marker für eine spezifische Gruppe an Tumoren“, betont Dr. Janusz von Renesse, Erstautor der Studie.
Deutschlandweit gibt es nur wenige NMR-Geräte, die für die Untersuchung von Flüssigproben wie Urin oder Blut zu Forschungszwecken genutzt werden. Mithilfe einer zwanzigminütigen vollautomatischen Messung können dabei zahlreiche gängige Metaboliten in ihrer jeweiligen Konzentration nachgewiesen werden. Auch die Untersuchung von Gewebe, Zellkulturen und Organoiden ist möglich. Zurzeit laufen bereits eine Vielzahl weiterer Studien mit dem hochmodernen Gerät, um Tumor-bedingte Stoffwechselveränderungen zu entschlüsseln.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC). Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: George Prentzas, unsplash.