COVID-19 geht bei manchen Patienten mit anhaltendem Geruchsverlust einher. Wie es dazu kommt, ist nicht geklärt. Forscher könnten nun den richtigen Riecher haben.
Eine SARS-CoV-2-Infektion geht häufig mit Anosmie einher, die häufig auch noch nach Genesung bei vielen Patienten anhält. Experten vermuten, dass das Virus Anosmie verursacht, indem es das olfaktorische Epithel beeinflusst, also unser peripheres Geruchsorgan, dass die Nasenhöhle auskleidet. Das Geruchsepithel selbst beherbergt die primären Geruchssinnesneuronen, die für die Geruchswahrnehmung verantwortlich sind, eine Barriere aus Stützzellen sowie basaler Stamm- oder Vorläuferzellen, die das Riechepithel kontinuierlich erneuern. Es wird angenommen, dass die normalen epithelialen Reparaturprozesse bei der Genesung und Beseitigung der Viruslast eigentlich die Funktionalität des Geruchsepithels wiederherstellen. Unklar bleibt also, was den anhaltenden Geruchsverlust bei Personen mit COVID-19 auslöst.
Forscher untersuchten deshalb nun erstmals olfaktorische Epithelbiopsien von 24 Personen, darunter neun Patienten mit Post-Covid-bedingtem Geruchsverlust. Ihre Studie veröffentlichten sie im Fachmagazin Science Transitional Medicine. Um den Riechverlust eindeutig zu definieren, führten die Forscher zuvor olfaktorische Tests durch und verwendeten immunhistochemische Tests sowie scRNA-Sequenzierung. Dadurch konnten sie zelluläre und transkriptionelle Veränderungen ausmachen, die im Zusammenhang mit der Geruchsstörung standen. Die Ergebnisse der Untersuchung deuten auf eine veränderte Wechselwirkung zwischen Immunzellen und olfaktorischen Epithel. Diese wiederum verursacht funktionelle Veränderungen in den Stützzellen und Geruchsinnesneuronen.
Überraschenderweise fanden die Forscher in keiner der neun Proben mit Post-Covid-bedingtem Geruchsverlust Reste von persistierendem Virus. Sie konnten auch keine laufende Infektion in der Schleimhaut feststellen. Die Untersuchung zeigte aber, dass weiterhin Entzündungssignale ausgelöst wurden. So lagen vermehrt T-Zellen vor, die Interferon-γ als Entzündungsbotenstoff ausschütten. In den beiden Kontrollgruppen – gesunde Menschen und Post-Covid-Patienten ohne Hyposmie – war das nicht der Fall. Die T-Zellen tummelten sich insbesondere in den oberen Schichten des Epithels, anders als in den beiden Kontrollgruppen, bei denen die Immunzellen nur im tieferen Stroma nachgewiesen werden konnten.
Das Besondere bei der T-Zellinfiltration war außerdem, dass die Forscher ein breites Spektrum an Subtypen erfassen konnten; vor allem ein einzigartiges γδ-T-Zell-Cluster, das insbesondere für die Expression inflammatorischer Cytokine wie Interferon-γ wichtig ist und darüber immunmodulatorische Antworten und adaptive Immunität vermittelt. Insgesamt war auch die Zusammensetzung weiterer myeloischer Zellen verschoben: So waren CD207+ dendritische Zellen, die ebenfalls eine Rolle bei Entzündungen spielen, angereichert, während entzündungshemmende M2-Makrophagen nur verringert vorlagen.
Im Vergleich zeigte sich auch, dass Personen mit anhaltender Anosmie eine geringere Anzahl an olfaktorischen sensorischen Neuronen im Riechepithel vorwiesen. Die Forscher vermuten, dass das auf eine anhaltende Entzündungsreaktion zurückgeht.
„Man geht davon aus, dass bei den meisten Patienten mit COVID-19-assoziiertem Geruchsverlust nach Beseitigung der Viren die normalen epithelialen Reparaturprozesse die sustentakuläre Zellpopulation – und alle zufällig geschädigten Neuronen – und die Funktion wiederherstellen“, schreibt das Forscherteam.
Das scheint eben bei einem anhaltenden Post-Covid-bedingtem Geruchsverlust auch nach Genesung nicht der Fall zu sein. Die Ergebnisse deuten auf eine anhaltende Entzündung sowie Verlust von Riechneuronen in der Nasenhöhle, der Auslöser für die Anosmie sein könnte. Aus Sicht der Forscher könnte das auch eine Rolle bei weiteren Long-Covid-Symptomen, wie etwa Müdigkeit oder Konzentrationsprobleme, spielen. Ob dem tatsächlich so ist, können nur weitere und gut aufgebaute Studien zeigen.
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