Kleiner Mensch = kleine Partikel? Nicht wirklich: Kinder atmen weniger kleine und damit potenziell infektiöse Partikel aus als Erwachsene – so das Ergebnis einer Studie. Sie soll helfen, Schutzmaßnahmen zu optimieren.
Infektionskrankheiten werden häufig über Partikel übertragen, die von infizierten Personen ausgeatmet werden. Die Größe solcher Aerosolpartikel variiert jedoch stark, je nachdem, aus welchem Bereich der Atemwege sie stammen. In der Lunge werden vor allem kleine Partikel mit einer Größe von weniger als fünf Mikrometern produziert – auch bekannt als PM5. In den oberen Atemwegen entstehen hingegen größere Partikel.
Wie Messungen nun zeigten, atmen Kinder weit weniger kleinere Partikel aus als Erwachsene. „Wir haben festgestellt, dass die Konzentration kleiner Partikel unter fünf Mikrometern mit dem Alter zunimmt und bei Kindern besonders niedrig ist. Daher tragen Erwachsenen mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Infektionsgeschehen bei, wenn die Infektion in den unteren Atemwegen lokalisiert ist“, sagt Forschungsgruppenleiter Mohsen Bagheri vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation. Größere Partikel – die im Rachenbereich entstehen – verbreiten Kinder und Erwachsene der Studie zufolge jedoch in gleichem Maße. Einen Zusammenhang zwischen der Konzentration der ausgeatmeten Partikel und dem Geschlecht, dem Gewicht, der Fitness oder den Rauchgewohnheiten der Person haben die Forscher nicht festgestellt.
In der Studie erhoben die Wissenschaftler Daten von 132 gesunden Freiwilligen. Die Studie erfasste auch Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 18 Jahren, zu denen bislang nur sehr wenige Daten verfügbar waren. Die Forscherer verwendeten verschiedene Instrumente, um in einem Reinraum das gesamte Spektrum der ausgeatmeten Partikelgrößen von einem Zehntel Mikrometer bis zu einem Viertel Millimeter Durchmesser zu messen. Die Teilnehmer absolvierten dabei für insgesamt 20 Minuten verschiedene stimmliche Aktivitäten wie Singen, Sprechen oder Schreien. „Vokalisation und Alter erwiesen sich als unabhängige Risikofaktoren für die Partikelproduktion“, berichtet Infektiologin Prof. Simone Scheithauer.
Obwohl menschliche Tropfen und Aerosole meist kleine Partikel enthalten, machen größere Partikel den größten Teil des Gesamtvolumens aus, das Krankheitserreger enthalten kann. „Wenn sich der Erreger hauptsächlich in den oberen Atemwegen aufhält, sind die großen Partikel daher mit Abstand der Hauptüberträger der Krankheit“, erklärt Physiker Eberhard Bodenschatz. „Es ist deshalb wichtig, den Ort der Infektion im Atemtrakt zu berücksichtigen, um geeignete Schutzmaßnahmen treffen zu können“, so Bodenschatz weiter. „Zum Beispiel scheint die aktuelle Omikron-Variante des Coronavirus eher in den oberen Atemwegen lokalisiert zu sein, weshalb auch bereits einfache filternde Gesichtsmasken einen guten Schutz bieten.“
Im Gegensatz dazu werden Infektionskrankheiten, die sich hauptsächlich in der Lunge ansiedeln, hauptsächlich über kleine Partikel übertragen. Da deren Produktion mit dem Alter zunimmt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder solche Krankheiten übertragen, geringer als bei Erwachsenen, heißt es in der Studie. Um die Übertragung von Lungenkrankheiten über die Luft zu verhindern, ist das Tragen von gutsitzenden Gesichtsmasken daher eine wirksame Maßnahme, um die Übertragung von Krankheiten insbesondere bei Erwachsenen zu vermeiden.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Kelly Sikkema, unsplash.