Das in der Melanomtherapie eingesetzte Medikament Vemurafenib kann Leukämie begünstigen, wie Patienten- und Labordaten belegen. Unter Laborbedingungen gelang es jedoch, den Ausbruch mit einem zweiten Medikament zu blockieren.
Geleitet wurde die Studie von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Freiburg sowie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Potenziell betroffen sind nach Aussagen der Ärzte alle mit Vemurafenib behandelten Patienten. Die Forscher empfehlen daher eine zukünftig engmaschigere Kontrolle bestimmter Blutwerte bei Vemurafenib-Gabe.
Das Melanom zählt zu den gefährlichsten Krebsarten. Mit zwei seit 2011 zugelassenen Medikamenten (Vemurafenib und Dabrafenib) können knapp die Hälfte der Patienten erfolgreich behandelt werden. Doch nun zeigen Freiburger Wissenschaftler erstmals, dass das Medikament den Ausbruch einer Chronisch Lymphatischen Leukämie begünstigen kann. Dabei kommt es zur übermäßigen Vermehrung weißer Blutkörperchen. Vermutlich war die Leukämie bei dem untersuchten Patienten bereits zuvor latent vorhanden, wurde durch die Behandlung jedoch aktiv. „Die neu entdeckte Nebenwirkung kann potentiell bei jedem Patienten auftreten, der mit einem solchen Medikament behandelt wird“, erklärt Prof. Dr. Robert Zeiser und empfiehlt: „In Zukunft sollte das Blutbild während einer solchen Therapie regelmäßig auf derartige Veränderungen hin untersucht werden.“
Im untersuchten Fall normalisierte sich die Zahl der Blutzellen nach Absetzen des Medikaments wieder. Dies ist nach Aussage der Ärzte aber nicht zwangsläufig. Im Labor konnte die Erst-Autorin der Studie, Niuscha Yaktapour, durch Gabe eines zweiten Wirkstoffs die Leukämie-Zellen hemmen. Dass ein Krebsmedikament die Vermehrung eigentlich gesunder Zellen anregt, wird als ‚paradoxe Aktivierung‘ bezeichnet. Die aktuelle Studie beschreibt erstmals den genauen Mechanismus in den entsprechenden CLL- Zellen und erlaubt damit auch die zielgerichtete Suche nach weiteren Medikamenten. Möglich geworden war die Identifizierung der neuen Nebenwirkung durch die enge Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachdisziplinen und der klinischen und Grundlagenforschung. „Die Studie ist ein gutes Beispiel für interdisziplinäre Zusammenarbeit“, sagt Dr. Tilman Brummer. „Besonders erfreulich ist, dass wir auf allen Ebenen davon profitieren können: in der Grundlagenforschung, der Diagnostik und der Therapie.“ Originalpublikation: BRAF inhibitor–associated ERK activation drives development of chronic lymphocytic leukemia Tilman Brummer et al.; The Journal of Clinical Investigation, doi: 10.1172/JCI76539; 2014