Der Fahrplan steht und überraschenderweise sind alle zufrieden. Die Rede ist von Lauterbachs Plänen, Deutschlands Kliniken auf Vordermann zu bringen – und das große Krankenhaussterben zu verhindern.
Der Trommelwirbel war laut vor der gestrigen Bund-Länder-Konferenz bzw. der anschließenden Pressekonferenz. Nicht weniger als die Zukunft der deutschen Kliniklandschaft – besser gesagt dessen grundlegende Reform – sollte Konturen bekommen. Herausgekommen ist letzten Endes eine ebenso seltene wie erfreuliche Einigkeit zwischen Berlin, Düsseldorf, Hannover und Co.
Eben diese Einigkeit galt dabei in erster Linie dem Fahrplan der nächsten Wochen und Monate sowie der Zielvorgaben für die Struktur- und Finanzierungsreform, waren die konkreten Details und Ideen der Reform doch bereits Anfang Dezember von und mit der eingesetzten Regierungskommission vorgestellt worden (wir berichteten).
Vernimmt man Lauterbachs Verkündung, dass man sich am „Vorabend einer Revolution“ befinde und das „Ende der Durchökonomisierung“ anstehe, fühlt man sich schnell an die vorweihnachtlichen Pläne und die große bevorstehende Zeitenwende erinnert. Es scheint ihm also durchaus wichtig zu sein, dass „die medizinischen Aspekte wieder voll im Mittelpunkt stehen“.
Mehr Neuigkeitswert hatte folglich der beschriebene Fahrplan, auf den Bund und Länder sich geeinigt haben. So soll ein entsprechendes Gesetz bis zum Sommer 2023 auf den Weg gebracht sein. Bedenkt man, dass es sich um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, dürfte man zunächst durchaus skeptisch sein – sind die langwierigen bürokratischen Prozesse doch von Bundesvorschlag, Diskussion im Bundesrat, Überarbeitung, Neuauflage usw. doch bekannt.
Dass Lauterbach sich der zeitlichen Dringlichkeit bewusst ist und ebenso die Länderinteressen bzw. deren landeshoheitliches Recht zur Krankenhausplanung respektiert, macht er mit dem Prozess der Gesetzesausarbeitung klar. So sollen die Länder im weiteren Ausarbeitungsprozess bereits im Vorfeld mit einbezogen und regionale Aspekte einbringen können.
Im weiteren Verlauf gelte es nun aber erst einmal die „Probleme voneinander abzuschichten“ und einzelne Aspekte nach und nach zu beleuchten. Dabei sollen Fragen nach den Leveln der Krankenhäuser, einer einheitlichen Vergleichbarkeit, dem Anteil der Vorhaltepauschale beantwortet und in einem Referentenentwurf niedergeschrieben werden. Dass dabei eine Länderöffnungsklausel in einzelnen Punkten inbegriffen ist – also es Ausnahmen für bestimmte Regionen und Länder geben kann, darf als weiterer Grund für eine schnelle Zustimmung des Bundesrats angesehen werden.
Was eine Einschätzung des Status Quo und der aktuellen Pläne angeht, gibt es jedoch auch noch Skepsis. Klare Kritik kommt dabei beispielsweise aus Brandenburg. Die dortige Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) dazu: „Ich befürchte, dass diese Krankenhausfinanzierungsreform eigentlich eine Strukturreform ist, die zur Zentralisierung und zum Abbau von Krankenhäusern in Deutschland führen soll.“
Den Konter dazu gab ihr Kollege aus NRW Karl-Josef Laumann: „Es handelt sich nicht um einen Krankenhausschließungsplan, sondern um einen Leistungsplan. Man muss sehen, was wo Sinn macht und wie man die Qualität erhöht.“ Dass der Minister sehr genau im Blick hat wie eine solche bundesweite Reform aussehen kann, beweist er in seinem Bundesland, das als Vorreiter einer solchen Umstrukturierung gilt.
Dass auch Laumann entsprechend einen sehr genauen Blick darauf hat, dass die Krankenhausplanung – wie verfassungsrechtlich festgeschrieben – Ländersache bleibt, dürfte nicht nur seiner parteioppositionellen Position geschuldet sein, als vielmehr, dass man in NRW bereits 3 Schritte weiter ist als im Bundesdurchschnitt. In das gleiche Horn bläst auch der CSU-Amtskollege Klaus Holetschek aus Bayern. „Ohne zusätzliche Mittel für die Kliniken ist Lauterbachs Krankenhausreform zum Scheitern verurteilt", so Holetschek.
Auch auf ärztlicher Seite überwiegt ein positives Gefühl – insbesondere mit Blick auf die Einigkeit und damit zu erwartende Geschwindigkeit in der Gesetzgebung. „Wir begrüßen sehr, dass es eine Einigung gibt und dass der besondere Weg des gemeinsamen Gesetzentwurfes von Bund und Ländern gegangen wird. Wir brauchen ein einheitliches Verständnis, wie Versorgung aussehen soll und es ist sehr positiv, dass dies schon bis zur Sommerpause erfolgen soll, denn wir brauchen dringend Planungssicherheit für die Kliniken“, erklärte der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß.
„Die Vorschläge der Regierungskommission bilden für die weiteren Beratungen eine sehr gute Grundlage. Die gemeinsame Erarbeitung eines Gesetzentwurfes durch Bund und Länder ist ein bemerkenswertes Ziel, dessen Bedeutung gar nicht hoch genug gewürdigt werden kann“, kommentiert Prof. Jens Scholz, 1. Vorsitzender des Verbandes der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) die Beratungen zwischen Bund und Ländern.
Auch die Kassen haben derweil die Sacharbeit im Blick, schauen aber auch hier positiv nach vorn. „Die Statements nach dem heutigen Gespräch über die Krankenhausreform zeigen, dass die eigentliche Arbeit jetzt erst beginnt. Viele Fragen sind noch offen. Aber es ist gut, dass sich Bund und Länder darüber einig sind, dass eine bessere Qualität der Versorgung das zentrale Ziel der Reform sein muss. Für eine zügige Umsetzung der Reform sollte bei der Reform auf den innovativen Vorarbeiten einzelner Bundesländer aufgebaut werden – zum Beispiel auf den 64 Leistungsbereichen und -gruppen, die in Nordrhein-Westfalen bereits definiert worden sind“, erklärt Dr. Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes.
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