Die Änderungen des Tierarzneimittelgesetzes würden „die immens zeitraubenden Dokumentationspflichten“ ausbauen, statt endlich präventive Maßnahmen zu fördern – so der Vorwurf seitens der Tierärzte zum Thema Antibiotika in der Landwirtschaft.
Die tierärztlichen Verbände Bundestierärztekammer (BTK), Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) und Bundesverband der beamteten Tierärzte (BbT) sind verärgert. Der Grund: Der Gesetzentwurf des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, zur Änderung des Tierarzneimittelgesetzes wurden im Dezember 2022 vom Bundestag verabschiedet. Die Änderungen des Tierarzneimittelgesetzes baue die immens zeitraubenden Dokumentationspflichten als das „beste Mittel“ für die Reduktion des Antibiotikaeinsatzes aus, anstatt endlich präventive Maßnahmen für die Tiergesundheit zu fördern und gesetzlich eindeutig zu verankern, schreiben die Verbände in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
„Die nach EU-Recht erforderliche Erfassung des Antibiotikaeinsatzes ab 2023 wurde dabei als Deckmantel für das Durchpeitschen der überbordenden Bürokratie missbraucht, die trotz fehlender Rechtssicherheit auch noch der Tierärzteschaft übertragen wurde“, schreibt die BTK.
„Wesentlich zielführender wäre gewesen, sich auf die wesentlich ressourcenschonendere Erfassung der von der EU geforderten Daten zu beschränken und gleichzeitig Regelungen zu treffen, um die deutsche Nutztierhaltung im Sinne der Nachhaltigkeit, Ökobilanz von Lebensmitteln, Klimaneutralität, qualitativ hochwertiger Lebensmittelerzeugung und heimischer Ernährungssicherheit zu erhalten bzw. zu stärken.“ Nur damit seien die Hauptziele der „Farm to Fork“-Strategie, nämlich die Gewährleistung einer nachhaltigen Lebensmittelproduktion und der Ernährungssicherheit sowie die Förderung nachhaltiger Lebensmittelverarbeitungspraktiken zu erreichen.
Früher als andere EU-Länder beginnt Deutschland bereits zum 1. Januar mit einer Meldepflicht für den Antibiotikaeinsatz bei allen Rindern, Schweinen und Geflügelarten. Da der Staat aber die dafür notwendige Meldestruktur noch nicht geschaffen hat, die Tierärzte aber rechtlich verpflichtet sind, die Daten zu übertragen, wird ein immenser Aufwand in den Praxen entstehen, um die Daten bis spätestens 30. Juni nachzutragen. Auch der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) bemängelt: „Die mit Blick auf Tiergesundheit und Tierschutz sinnvolle und nach EU-Recht eigentlich schon seit zwei Jahren verpflichtende gesetzliche Regelung der tierärztlichen Bestandsbetreuung wird stattdessen wieder auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Dabei wäre der regelmäßige Bestandsbesuch die einfachste und effektivste Maßnahme, um auch weiterhin den von der Politik gewünschten Beitrag zur Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung realisieren zu können.“
„Werden diese Ziele ernsthaft verfolgt, führt das ganz automatisch zu einer weiteren Reduktion des Antibiotikaeinsatzes – und zwar gezielt direkt und nicht, wie jetzt fortgeschrieben, indirekt über Sanktionen“, steht in der Pressemitteilung der BTK. Leider würden Aussagen der Politik wie „Unser langfristiges Ziel ist ein Um- und Abbau der Tierhaltung, der den massenhaften Einsatz von Antibiotika unnötig macht“ zeigen, dass die Tierärzteschaft trotz einer Minimierung der Antibiotikaabgabemenge von fast 65 Prozent in den letzten 10 Jahren noch immer nicht als erster Ansprechpartner bezüglich Tiergesundheit und gesundheitlichen Verbraucherschutz wahrgenommen werde.
„Die Tierärzteschaft ist systemrelevant und ohne eine ausreichende Anzahl von Nutztierärzt:innen wird eine flächendeckende Versorgung nicht mehr gewährleistet werden und damit auch eine ökologisch-biologische Landwirtschaft nicht überleben können.“
Die Forderung der tierärztlichen Verbände: „Bitte werden Sie endlich aktiv! Stellen Sie Planungs- und Rechtssicherheit für Tierhaltungsanlagen sicher. Schaffen Sie die gesetzlichen Grundlagen für eine präventive Tiergesundheitsstrategie. Beenden Sie die pauschale Verurteilung der Nutztierhaltung.“
Der Beitrag basiert auf einer Pressemitteilung der Bundestierärztekammer.
Bildquelle: Ave Calvar, unsplash