Im Alter steigt das Risiko für Symphysenrupturen. Warum diese aber oft falsch behandelt werden und wie es besser ginge, zeigen jetzt Würzburger Forscher.
Unfallbedingte Beckenverletzungen können Menschen jeden Alters treffen. Die Art der Verletzung unterscheidet sich durch den Unfallmechanismus, aber auch durch das Alter der jeweiligen Person. Der junge Motorradfahrer nach Frontalkollision, die agile Seniorin nach Sturz vom E-Bike oder der Hochbetagte, der beim Gehen gestolpert ist – typische Patienten mit unterschiedlichsten Verletzungsmustern.
Allen gemein ist, dass eine von vorne auf das Becken einwirkende Kraft eine Symphysensprengung verursachen kann. Hierbei zerreißt die nicht-knöcherne Faserknorpelverbindung am vorderen Beckenring und es kommt zur Open-Book-Verletzung des Beckens; es klafft dabei wie ein geöffnetes Buch auf. Chirurgisch muss dieser Spalt geschlossen werden. Der Erfolg der konventionellen Behandlung mit Symphysenplatte und Schrauben hängt jedoch oft vom Alter des Unfallopfers ab. Denn mit steigendem Alter sinkt die Knochenqualität und damit die Stabilität der Schrauben.
Dr. Martin Jordan, geschäftsführender Oberarzt in der Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie am Uniklinikum Würzburg, erklärt die Problematik der Symphysenrupturen. Diese ist eben kein klassischer Knochenbruch, wird jedoch weltweit wie ein solcher behandelt: „Wir stabilisieren die eigentlich flexible Symphyse mit einer rigiden Stahlplatte und Schrauben. Da es in diesem knorpeligen Teil des Beckens jedoch keine knöcherne Heilung gibt, sondern nur eine Vernarbung, sind kontinuierliche Mikrobewegungen nicht zu vermeiden.“
Unfallchirurgen des Uniklinikums Würzburg haben Kabel-Klammer-Implantate zur Behandlung von Verletzungen des vorderen Beckenrings entwickelt. Credit: A. Kellersmann.
Eine unbedenkliche Lockerung der Symphysenplatte sei bei nahezu allen Patienten zu beobachten. Wenn zusätzliche Faktoren für eine schlechte Implantatverankerung hinzukommen, wie zum Beispiel eine reduzierte Knochenqualität, dann könne es aber schnell zu einem Implantatversagen kommen. Und weil die Lebensqualität zunehmend steigt, ältere Menschen also immer aktiver werden, nehme entsprechend die Zahl der Beckenverletzungen mit reduzierter Knochenqualität stetig zu, wodurch das Thema eine zunehmende Relevanz habe.
Die Titan-Klammern mit einer Führungsstruktur für das geflochtene Stahlseil werden fest am Knochen mit zwei Schrauben fixiert. Da sie fest im Implantat fassen und nicht im Knochen, können sie nicht ausbrechen. Credit: A. Kellersmann.
Bei einigen Patienten mit schlechter Knochendichte haben die Chirurgen bereits zur Verstärkung der Platte als Augmentation ein Stahlseil um die Schambeinäste gelegt. Diese Cerclage habe zwar eine gute zusätzliche Stabilität, könne aber unter Umständen in den Knochen einschneiden, wenn dieser ohnehin altersbedingt geschwächt sei.
Was kann hier verbessert werden? Benötigt werden eine feste Verankerung eng am Knochen, eine breite Auflagefläche, eine stabile Führung des Kabels und dennoch wenig Implantatmaterial, um umliegende anatomische Strukturen – wie etwa die Blase – nicht zu irritieren. Entstanden sind zwei Prototypen, die Kabel-Klammer-Implantate. „Die Titan-Klammern mit einer Führungsstruktur für das geflochtene Stahlseil werden fest am Knochen fixiert, mit zwei Schrauben, die nicht ausbrechen können, da sie fest im Implantat fassen. Durch die Kompression der Schambeinäste soll die Symphyse so idealerweise dauerhaft und komplikationsärmer adaptiert werden“, erklärt Jordan.
Die Kabel-Klammer-Implantate wiesen sowohl bei Kunstknochen als auch bei den Knochen von Körperspendern aus der Anatomie eine äquivalente Stabilität zu herkömmlichen Verfahren auf. „Sie sind nicht schlechter und bisher nicht wesentlich besser als die Platten, aber wir haben hier nicht das Risiko des frühzeitigen Implantatversagens“, fasst Jordan zusammen. Ein finaler Rückschluss auf eine klinische Überlegenheit ergibt sich aus den bisher gesammelten Daten zwar noch nicht. Dennoch besteht die Möglichkeit eines klinischen Nutzens. In den nächsten Schritten sollen die Implantate modifiziert werden.
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Universitätskliniums Würzburg. Die Originalpublikation haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Alex Shuper, unsplash