Forscher konnten die Ursache der Staggering-Disease bei Katzen identifizieren. Die Entdeckung des neuartigen Erregers zeigt zudem, wie sich das Röteln-Virus auch beim Menschen ausbreiten konnte.
Für Freigängerkatzen ist die Staggering-Disease (Feline Meningoencephalomyelitis) eine lebensbedrohliche Krankheit. Die Gehirn- und Rückenmarksentzündung von Europäischen Hauskatzen wurde erstmals in den 1970er Jahren in Schweden beschrieben. Ein internationales Forschungsteam konnte nun mit dem Rustrela-Virus die Ursache der Erkrankung identifizieren.
Lange Zeit galt das beim Menschen Röteln verursachende Rubellavirus als einziger Vertreter der Gattung der Rubiviren. Erst kürzlich wurden bei Tieren zwei weitere Rubiviren entdeckt, was vermuten lässt, dass das Rubellavirus – wie SARS-CoV-2 – als Zoonose zum Menschen fand. Eines dieser zwei Rubiviren konnte nun ein internationales Forschungsteam in Katzen nachweisen und damit ein rund 50 Jahre altes wissenschaftliches Rätsel lösen: Die Wissenschaftler aus Deutschland, Schweden und Österreich klärten mit dieser Entdeckung die Ursache der in diesen Ländern vorkommenden Gehirn- und Rückenmarksentzündung von Katzen.
Als Erreger wurde das Rustrela-Virus identifiziert, ein Verwandter des menschlichen Röteln-Virus. Dieses bis vor kurzem völlig unbekannte Virus erwies sich schon zuvor als Verursacher von Enzephalitisfällen bei Zootieren in Norddeutschland.
„Mittels Next-Generation-Sequencing gelang es uns, virale Signaturen in Gewebeproben von erkrankten Katzen zu finden und anschließend die viralen Genome vollständig zu entschlüsseln. Außerdem konnten wir mit speziellen Nachweismethoden zeigen, dass sich die Viren in Nervenzellen der betroffenen Tiere vermehrten und dadurch die krankheitsursächliche Entzündungsreaktion auslösten“, beschreibt Studienautor Herbert Weissenböck von der Vetmeduni Wien, wie die Forscher dem Virus auf die Schliche kamen.
Laut anderen Studien scheinen Rustrela-Viren ihr natürliches Reservoir in Gelbhalsmäusen und Waldmäusen zu haben. Dadurch können sich Freigängerkatzen leicht infizieren. Zur dadurch verursachten Staggering Disease veröffentlichten die Studienautoren bereits die erste Beschreibung in Österreich. „Aufgrund der pathologischen Veränderungen war uns bereits damals klar, dass es sich um eine Virusinfektion handeln muss. Allerdings waren die wissenschaftlichen Methoden damals noch nicht ausreichend, um diese Vermutung zu bestätigen“, so Studien-Co-Autor Norbert Nowotny vom Institut für Virologie der Vetmeduni.
Als eigenständige Krankheit wurde die Staggering-Disease das erste Mal in Schweden beschrieben, wo sie bis heute vorkommt. Die betroffenen Katzen zeigen Verhaltensänderungen und Bewegungsstörungen, die sich vor allem in Ataxien und in weiterer Folge Paresen und Paralysen der hinteren Extremitäten manifestieren. In Österreich wurde die Krankheit ausschließlich in Niederösterreich mit einer auffällig hohen Inzidenz in den 1990er Jahren festgestellt. Danach ist die Krankheit immer seltener geworden und seit gut zehn Jahren wurden keine weiteren Fälle festgestellt. Die Gründe dafür sind unklar.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Veterinärmedizinische Universität Wien. Die Originalpublikation findet ihr hier.
Bildquelle: Andriyko Podilnyk, unsplash