Die Psoriasis ist nicht heilbar, doch dank neuer Arzneimittel lässt sich die multifaktorielle Erkrankung gut kontrollieren. Lest hier, welche Medikamente ihr für eure Patienten auf dem Schirm haben solltet.
„Psora“ ist griechisch und bedeutet „Krätze“ oder „Schorf“. Daraus leitet sich die Krankheitsbezeichnung Psoriasis ab, an der in Deutschland zwei bis drei Prozent der Bevölkerung leiden. Viele Menschen denken dabei vor allem an kutane Symptome. Der deutsche Begriff „Schuppenflechte“ ist entsprechend irreführend, da die Krankheit mehr ist als eine reine Dermatose.
Die Psoriasis zählt zu den „immune-mediated inflammatory diseases“ (IMID). Es handelt sich um eine Fehlleitung des Immunsystems, an der unter anderem spezifische T-Zellen beteiligt sind. Diese setzen entzündungsfördernde Zytokine frei. In einer Kaskade werden weitere Botenstoffe mit proentzündlichen Eigenschaften wie TNF-α, IL-17 und IL-22 sezerniert. Die Hyperaktivierung löst autoinflammatorische Verhornungsstörungen (AiKD) der Haut aus. Der Körper kann die verhornten Zellen nicht schnell genug abstoßen, so dass die Haut an den betroffenen Stellen verdickt. Entzündliche Prozesse finden auch systemisch statt. Viele Patienten leiden an Komorbiditäten wie Arthritis oder Inflammationen der Gefäße, die zu kardiovaskulären Komplikationen führen können. Die psychische Belastung kann Angststörungen oder Depressionen auslösen.
Die Krankheit hat eine genetische Komponente. Eine starke Assoziation ist für das Allel HLA-CW*0602 nachgewiesen, das auf dem kurzen Arm von Chromosom 6 liegt. Heterozygote hatten in einer Studie ein bis auf das neunfache erhöhte Risiko für Psoriasis, Homozygote sogar ein bis zu 23-fach höheres Risiko. Homozygote Patienten hatten auch einen früheren Krankheitsbeginn.
Abhängig von der klinischen Schwere der Läsionen, dem Prozentsatz der betroffenen Körperoberfläche und der Lebensqualität der Patienten lässt sich der klinische Schweregrad der Erkrankung feststellen. Die verschiedenen Scores berücksichtigen zudem das Ansprechen auf die Behandlung. Im Zusammenhang mit Biologika wird häufig der PASI (Psoriasis Area and Severity Index) verwendet. In diesen Wert gehen die Rötung der Haut, die Dicke der Plaques, das Ausmaß der Schuppung und der Anteil der betroffenen Körperoberfläche ein.
Als chronisch-rezidivierende Erkrankung erfordert die Psoriasis häufig eine Langzeittherapie. Die Wahl der Behandlung hängt von der Schwere der Erkrankung, Begleiterkrankungen wie Psoriasis-Arthritis und der persönlichen Situation des Patienten ab, wie in der S3-Leitlinie „Therapie der Psoriasis vulgaris“ von 2021 erklärt wird. Grundlage der Therapie ist bei allen Schweregraden eine Basistherapie. Dazu sind Präparate mit keratolytischen Wirkstoffe wie Urea oder Salicylsäure geeignet.
Bei einer leichten Psoriasis erfolgt die Therapie topisch. Es kommen gemäß Leitlinie Calcineurin-Inhibitoren (Off-Label), Dithranol, Glukokortikoide, Tazaroten, Teer und Vitamin-D-Analoga zum Einsatz. Eine weitere Option ist eine Lasertherapie.
Die mittelschwere und die schwere Psoriasis werden mit Phototherapie und systemischer Pharmakotherapie behandelt. Eine topische Therapie kann begleitend erwogen werden. Bei der Phototherapie wird die Haut mit Licht verschiedener Spektren aus den UVB- und UVA-Wellenlängenbereichen bestrahlt. Initial wird die Haut oft mit einem topischen Photosensibilisator wie Methoxypsoralen behandelt (PUVA-Therapie). Glukokortikoide, Methotrexat (MTX), Cyclosporin A und Retinoide sind traditionelle systemische Behandlungsoptionen. Neuere Alterativen sind Dimethylfumarat und der Phosphodiesterase-4-Hemmer (PDE-4-Hemmer) Apremilast.
In den letzten Jahren wurden die pharmakotherapeutischen Möglichkeiten kontinuierlich durch zielgerichtete biologische Medikamente wie monoklonale Antikörper (Adalimumab, Brodalumab, Infliximab, Secukinumab, Guselkumab, Ustekinumab, Risankizumab, Tildrakizumab), und Fusionsproteine (z. B. Etanercept) erweitert.
Der Antikörper Spesolimab hat im Dezember 2022 die EU-Zulassung erhalten. Er wird bei der der generalisierten pustulösen Psoriasis (GPP) eingesetzt. Bei dieser Form sammeln sich neutrophile Granulozyten in der Haut. Es entwickeln sich schmerzhafte Pusteln am Körper sowie Allgemeinsymptome. Schwere Verläufe sind bei der potenziell lebensbedrohlichen Erkrankung möglich. Zur Behandlung der GPP gibt es weltweit bislang kaum zugelassene Arzneimittel.
Biologika unterscheiden sich von den oben beschriebenen systemischen Therapien dadurch, dass sie spezifisch bestimmte Entzündungswege beeinflussen und subkutan oder intravenös nach unterschiedlichen Wochenplänen verabreicht werden. Sie zielen derzeit vor allem auf zwei Signalwege ab, die für die Entwicklung und Chronifizierung der Psoriasis-Plaques entscheidend sind: die IL-23/Th17-Achse und die TNF-α-Signalübertragung.
So gut Biologika bei wenig Nebenwirkungen auch wirken, sie bringen doch Probleme mit sich. Zum einen müssen sie injiziert werden. Zum anderen verlieren einige nach einer gewissen Zeit ihre Wirkung. Patienten müssen dann auf ein anderes Mittel umgestellt werden. Daher ist es gut, dass die Forschung weitergeht und die Pipeline mit verschiedenen Arzneistoffen gefüllt ist.
Als Oralia sind der Adenosin-A3-Rezeptor-Inhibitor Piclidenoson, der Neurokinin-1-Rezeptorantagonist Serlopitant und RORγt-Inhibitoren in der Prüfung. 2020 veröffentlichten Pariser et al. beispielweise die Ergebnisse aus einer Phase-II-Studie mit Serlopitant, das einmal täglich einzunehmen ist. In der kleinen Studienpopulation konnte Serlopitant den Juckreiz im Zusammenhang mit leichter bis mittelschwerer Psoriasis signifikant reduzieren.
Auch an weiteren Topika wird geforscht. Der PDE-4-Hemmer Roflumilast war jüngst in einer Studie Placebo überlegen. Die Roflumilast-Creme wurde einmal täglich auf die betroffenen Psoriasisherde aufgetragen. Ein neues Wirkprinzip für die Lokalbehandlung wurde 2022 in den USA zugelassen: Tapinarof ist ein Agonist am Aryl-Hydrocarbon-Rezeptor (AhR) und wirkt entzündungshemmend und immunmodulierend.
Es wird auch an Möglichkeiten zur Prävention geforscht. Wissenschaftler der Universität Manchester in England wiesen mit Informationen aus Genomdatenbanken nach, dass die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) in die Pathogenese der Psoriasis involviert ist. Eine genetisch bedingte PCSK9-Inhibition war mit einem reduzierten Risiko für Psoriasis assoziiert. Das Team um Erstautor Sizheng Steven Zhao schlussfolgerte, dass bei einer medikamentösen Hemmung von PCSK9 das Psoriasis-Risiko sinken könnte.
Eine weitere Option könnten zukünftig Januskinase(JAK)-Inhibitoren sein. Tofacitinib ist bereits zur Behandlung von rheumatoider Arthritis (RA), Psoriasis-Arthritis und Colitis ulcerosa zugelassen. Upadacitinib wird derzeit geprüft.
In den beiden Phase-III-Studien POETYK PSO-1 und POETYK PSO-2 bestätigte sich die Wirksamkeit und Sicherheit von Deucravacitinib, einem oralen, selektiven, allosterischen Tyrosinkinase-2-Inhibitor bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis. Der JAK-Inhibitor war Placebo und Apremilast in mehreren Wirksamkeitsendpunkten überlegen und wurde gut vertragen. Als häufigste Nebenwirkungen wurden Infektionen der oberen Atemwege wie Nasopharyngitis gemeldet. Im Januar 2023 empfahl der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) das Arzneimittel SotyktuTM mit dem Wirkstoff Deucravacitinib zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis bei Erwachsenen. Deucravacitinib ist damit der jüngste Neuzugang in der Produktpalette zur Behandlung der Psoriasis.
Der kleine Einblick in die laufenden Forschungen und Innovationen im Bereich der Psoriasis-Behandlung kann Patienten Hoffnung machen: Die Psoriasis ist zwar weiterhin nicht heilbar, aber immer besser therapiebar.
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