Gyn meets Derma: Bei Hautproblemen suchen Frauen oft Rat in der Gynäkologie. Ein Überblick, wie sich beide Fachgebiete ergänzen können – und für welche Fragen ihr gewappnet sein solltet.
Patientinnen mit Hautproblemen oder Abweichungen in der Körperbehaarung stellen sich in der gynäkologischen Praxis häufig mit einem nicht unerheblichen Leidensdruck vor. Junge Frauen sind geplagt von Gesichtsakne, Schwangere beunruhigt über plötzliche Hauterscheinungen und Patientinnen im Klimakterium unzufrieden mit Haut und Haaren. Außerdem sehen wir Frauenärzte bei der Untersuchung viel Haut aus besonderer Perspektive. Nicht selten fällt da eine ungewöhnliche Irritation im Genitalbereich oder in den Submammärfalten auf.
Auch wenn sich nach über 60 Jahren zunehmend eine Pillenmüdigkeit ausbreitet, ist sie immer noch das beliebteste Verhütungsmittel in den Industrienationen. Niedrig dosierte Kombinationspräparate aus Ethinylestradiol bzw. Estradiol und einem je nach Präparat entsprechenden Gestagen, sind gerade bei der Erstverordnung das gängige Einsteiger-Kontrazeptivum.
Generell sollte zunächst ein Präparat mit Levonorgestrel, einem Gestagen mit vergleichsweise niedrigem Thromboserisiko, verordnet werden. Gerade jüngere Patientinnen leiden an unreiner Haut und Akne des Gesichts, am Rücken und Dekolleté. Kombinierte Kontrazeptiva mit Gestagenen wie z. B. Dienogest und Chlormadinonacetat haben sich hier aufgrund ihrer antiandrogenen Partialwirkung als vorteilhaft erwiesen. Bestehen bei einer Patientin keine Risikofaktoren, die gegen ein kombiniertes Kontrazeptivum sprechen, können hier der Wunsch nach einer sicheren Verhütung mit einem guten Effekt auf die Haut kombiniert bzw. auch ausschließlich der Hauteffekt genutzt werden. Es sollte aber immer auf das etwas höhere Thromboserisiko dieser Präparate im Vergleich zu Levonorgestrel hingewiesen werden.
Bei Frauen, die sich in einer thrombembolischen Risikosituation oder in der Stillzeit befinden, sind Kombinationspräparate kontraindiziert. Hier kommen ausschließlich Gestagenpräparate zum Einsatz. Seit April 2021 gibt es in Deutschland ein Drospirenon-mono-Präparat (Slinda®), das viele Vorteile zu vereinen scheint. Es zeigt ein hohes Sicherheitsprofil in der Kontrazeption und stabilisiert das Blutungsmuster besser als herkömmliche reine Gestagenpräparate. Weiterhin verfügt es über antimineralkortikoide und antiandrogene Effekte und hat sich in Studien auch bei Adoleszentinnen und übergewichtigen Frauen bewährt. Gerade bei Androgenisierungserscheinungen (Akne, Hirsutismus, Alopezie) werden positive Auswirkungen beschrieben.
Andere ausschließlich gestagenhaltige Verhütungsmethoden, wie eine desogestrelhaltige Pille, eine Hormonspirale oder ein Implantat, begünstigen eher die Neigung zu unreiner Haut.
Berichten prämenopausale Patientinnen über verstärkte klimakterische Beschwerden, die Anlass für eine Hormonersatztherapie sind, können bei zusätzlichen Androgenisierungserscheinungen Präparate mit antiandrogener Wirkung von Vorteil sein. Diese beinhalten Gestagene wie etwa Dienogest oder Drospirenon. Durch den physiologischen Hormonmangel in der Postmenopause trocknet die Vaginalhaut zunehmend aus, wird dünn und vulnerabel. Eine regelmäßige lokale Östrogenapplikation in Form von Creme oder Zäpfchen lindert die Symptomatik und beugt Harnwegsinfekten vor.
In der Schwangerschaft kann es aufgrund normaler hormoneller Veränderungen zu typischen Hauterscheinungen kommen:
Andererseits gibt es auch schwangerschaftsspezifische Hauterkrankungen:
Klagt eine Schwangere über quälenden Juckreiz, oft an Hand- und Fußflächen beginnend, später Körperstamm und andere Bereiche einbeziehend, kann es sich um eine Schwangerschafts-Cholestase handeln. Bevorzugtes Auftreten ist das 3. Trimenon, laborchemisch sind die Transaminasen und die Gallensäuren erhöht. Das ätiologisch unklare Krankheitsbild ist selten, kann aber unbehandelt fatale Folgen für den Schwangerschaftsausgang haben. Therapiert man sofort mit Ursodeoxycholsäure, kann die erhöhte Rate an Frühgeburten und intrauterinem Fruchttod maßgeblich gesenkt werden. Die Schwangerschaft ist im Verlauf engmaschig zu überwachen. Das Krankheitsbild verschwindet mit der Entbindung.
Makulo-papulöses, juckendes Erythem an Abdomen und Extremitäten mit periumbilikaler Aussparung. Zeigt sich meist in den letzten Schwangerschaftswochen oder postpartal (15 %) mit selbstlimitierendem Verlauf. Individuelle Risikofaktoren sind Erst- und Mehrlingsschwangerschaften sowie eine exzessive Gewichtszunahme der Mutter. Es besteht kein fetales Risiko.
Ekzematöse, knötchenförmige und juckende Hautveränderung bei Allergien in der Anamnese, die meist im 2. Trimenon auftritt und keine fetale Gefährdung darstellt.
Nach der 2. Schwangerschaftshälfte oder kurz nach der Geburt mit Juckreiz, Knötchen, Plaques und Blasen periumbilikal und an den Extremitäten. Man vermutet eine immunologische Genese, der Fetus ist meist nicht direkt betroffen. Frühgeburtlichkeit und fetale Retardierung werden diskutiert.
Nach den Rotterdam-Kriterien sollten zwei der drei Symptome definitionsgemäß vorhanden sein:
Von einem PCOS sind 8–13 % aller Frauen im reproduktiven Alter betroffen. Das Krankheitsbild ist sehr heterogen und ist zu 80 % die häufigste Ursache von Zyklusstörungen. 70 % der Patientinnen haben eine Insulinresistenz und 60 % der europäischen PCOS-Patientinnen sind adipös. Das Risiko für Depression, kardiovaskuläre Erkrankungen und Endometriumkarzinom scheint erhöht zu sein. Ätiologie und Pathogenese sind nicht vollständig geklärt, man geht am ehesten von genetischen und Umwelt-bedingten Faktoren aus. Bei kutanen Androgenisierungserscheinungen werden nach erfolgloser topischer Therapie kombinierte orale Kontrazeptiva empfohlen. Kombinationen mit Gestagenen, die eine antiandrogene Partialwirkung haben, sind von Vorteil. Bei einem reinen Gestagenpräparat bietet sich Drospirenon (Slinda®) an. Metabolische Komponenten und Infertilität können mit Metformin und Letrozol im Off-Label-Use therapiert werden.
Die jährliche gynäkologische Krebsvorsorgeuntersuchung beinhaltet die gründliche Inspektion der Haut im Genital- und Brustbereich.
Suspekte Hauterscheinungen der Brust, die verdächtig auf eine maligne Erkrankung wie ein inflammatorisches Mammakarzinom oder einen Morbus Paget sind, bedürfen der weiteren Abklärung. Nach Bestrahlung der Brust ist an das seltene Angiosarkom zu denken.
Im Genitalbereich sieht man häufiger einen gutartigen Lichen sclerosus, der die Vulva mit dünnen, weißlichen Hautpartien überzieht. Biopsie, Lokaltherapie und regelmäßige Kontrollen sind notwendig, um einer hier erhöhter Karzinogenese vorzubeugen. Auflagerungen und ulcusartige Vertiefungen können Vorstufen oder Ausprägungen eines Vulvakarzinoms sein.
Bei suspekten Nävi empfiehlt es sich, die Patientin auf ein regelmäßiges dermatologisches Screening hinzuweisen. Überall, ob Genitalregion, Brustbereich oder andere Hautpartien: Auffällige Hauterscheinungen sollten in der Dermatologie vorgestellt werden.
Gynäkologie und Dermatologie berühren sich auf vielfältige Art. Bei Akne, Alopezie und Hirsutismus sind die androgenen Laborparameter häufig erhöht. Eine antiandrogene Hormontherapie kann hier hilfreich sein. Gestagene mit antiandrogener Partialwirkung werden alleine oder in Kombination mit einem Östrogen verabreicht. Darin eingeschlossen kann eine orale Kontrazeption oder eine Hormonersatztherapie sein.
Wichtig ist, eine Schwangerschafts-Cholestase von anderen, weniger bedrohlichen Hautirritationen in der Schwangerschaft zu differenzieren.
Bei ungewöhnlichen Hauterscheinungen im Genital- und Brustbereich sind Gynäkologen gut beraten, großzügig an die dermatologischen Fachkollegen zu verweisen.
Bildquelle: Austin Distel, Unsplash