„Wir sehen beim Lungenkarzinom auch im Stadium der Metastasierung die Möglichkeit, aus einer bedrohlichen Krankheit eine chronische Erkrankung zu machen – durch gutes und langes Therapieansprechen bei guter Lebensqualität“, bewertet Prof. Christian Schulz, Leiter des Lungenkrebszentrums und Oberarzt der Inneren Medizin II des Universitätsklinikums Regensburg, die aktuelle Lage für Lungenkrebspatient:innen in Deutschland. Zweifellos steigen die Überlebenschancen, je früher die Krankheit entdeckt wird. Die Früherkennung bleibt jedoch eine Herausforderung: Bei 35 bis 40 % der Patient:innen hat der Tumor in der Lunge zum Zeitpunkt der Diagnose bereits Metastasen gebildet.1 Auch für diese Patient:innen ist die Prognose heute deutlich besser als noch vor 10 Jahren.
In den letzten Jahren haben sich für Patient:innen mit fortgeschrittenem oder bereits metastasiertem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) die therapeutischen Möglichkeiten durch die Einführung neuer Medikamente wie Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI), Angiogenesehemmern und Krebsimmuntherapien (KIT) deutlich erweitert. Um das Potenzial dieser personalisierten Behandlungsverfahren voll auszuschöpfen, ist es unerlässlich, die Biomarker-Testung in die Diagnostik einzubeziehen. Doch wie ist der Stand bei den diagnostischen und therapeutischen Optionen beim metastasierten NSCLC?
Lungenkrebs ist in Deutschland bei Männern die zweithäufigste und bei Frauen die dritthäufigste Krebserkrankung. Grundsätzlich ist das therapeutische Vorgehen in der Behandlung des NSCLC abhängig vom Krankheitsstadium und von der Frage, ob eine molekulargenetische Treibermutation, zum Beispiel in den Genen EGFR, ROS, ALK oder RET, existiert.1,2
Ist das NSCLC im Stadium III nicht operabel, so ist eine Radiochemotherapie, in manchen Fällen in Kombination mit einer immunonkologischen Therapie, das Mittel der Wahl. Eine Alternative ist die sequenzielle Behandlung durch Chemotherapie und Strahlentherapie.1,2
Das metastasierte NSCLC (Stadium IV) gilt in der Regel als inoperabel. Eine Heilung ist daher praktisch ausgeschlossen. Die Behandlung zielt dann darauf ab, Beschwerden zu lindern, die durch die Metastasen verursacht werden, und den Krankheitsverlauf bei möglichst guter Lebensqualität zu verzögern oder zu verbessern und z. B. eine Remission zu erreichen.1,2
Je nach molekularen Eigenschaften des Tumors, besteht die primäre Behandlung beim metastasierten NSCLC aus zielgerichteter, immunonkologischer oder Chemotherapie. Auch Angiogenesehemmer können eingesetzt werden. Nicht selten kommen Kombinationstherapien in Frage.1
Die Wahl einer geeigneten Therapie hängt beim metastasierten NSCLC maßgeblich davon ab, ob sich über eine immunhistochemische und molekulare Testung gewisse Veränderungen in den Tumorzellen nachweisen lassen. Der Nachweis des Oberflächenproteins PD-L1 auf Tumorzellen oder tumorinfiltrierenden Immunzellen ist beispielsweise für den Einsatz einer(Mono-)Immuntherapie entscheidend.1 Gegen einige Treibermutationen, wie EGFR, ROS, NTRK, ALK oder RET, sind inzwischen zielgerichtete Therapien verfügbar.1,2 Etwa 45 % der NSCLC-Patient:innen weisen eine therapierbare onkogene Alteration auf.3
Seit einigen Jahren gibt es die Möglichkeit einer Krebsimmuntherapie in der Erstlinie, beispielsweise mit einem PD-L1-Inhibitor, welcher die Erstlinien-Chemotherapie bei bestimmten Patient:innen ergänzen oder gar ersetzen kann.1,2,4-6 Beim Outcome sieht Prof. Schulz eine positive Entwicklung: „Wir erleben auch unter einer Immuntherapie eine Chronifizierung der Erkrankung mit langer Ansprechdauer und langanhaltenden Remissionen.“
Ein PD-L1-Inhibitor blockiert immuninhibitorische Signalwege, den PD-L1-/ PD-1- und den PD-L1-/ B7.1-Signalweg.7,8 Dadurch können zum einen T-Zellen im Tumor dauerhaft reaktiviert, zum anderen die Bildung zytotoxischer T-Zellen im Lymphknoten (via PD-L1-B7.1-Entkopplung) verstärkt werden.8,9
Nach Ausschluss einer therapierbaren Alteration, steht die Krebsimmuntherapie entweder als Chemotherapie-freie Monotherapie oder als Kombinationstherapie zur Verfügung.1,2 Ob die Patient:innen für eine PD-L1-Inhibition in Form einer gut verträglichen Monotherapie in Frage kommen, wird anhand der PD-L1-Expression auf Tumorzellen oder Tumor-infiltrierenden Immunzellen entschieden. Daher rät Prof. Schulz:
„Jeder, der optimierte Therapieentscheidungen treffen möchte, ist aufgefordert, diese Informationen einzuholen: Das bedeutet, den Kontakt zu seinem Pathologen zu suchen und die Informationen zum PD-L1-Satus einzufordern – sowohl auf den Tumor- als auch auf den tumorinfiltrierenden Immunzellen.“
Unabhängig vom PD-L1-Status können Krebsimmuntherapien in Kombination mit Chemotherapien allein oder aber zusätzlich mit einem Angiogenesehemmer oder einer anderen Krebsimmuntherapie verabreicht werden.1,2 Mit diesen unterschiedlichen Therapieregimen wird den NSCLC-Patient:innen entsprechend den vielfältigen Grundvoraussetzungen, die sie mitbringen, eine nahezu maßgeschneiderte Behandlung ermöglicht.
→ Mehr zur Wirksamkeit der Krebsimmuntherapie lesen Sie hier.
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