Viele Hautärzte verordnen erythromycinhaltige Rezepturen zur Behandlung von Akne oder Rosazea. Aber wenn wir in der Apotheke euren Rezepten folgen würden, wär der Ärger oft groß. So geht’s richtig.
Erythromycinhaltige Rezepturen kommen in der Verordnung vieler Hautärzte häufig zur Behandlung von Akne oder Rosazea vor. Daher sind Cremes mit diesem Makrolidantibiotikum auch immer wieder Gegenstand der Prüfung vom Zentrallaboratorium deutscher Apotheker – und auch bei stichprobenartigen Überprüfungen von Apothekerkammern äußerst beliebt. Bei der Verarbeitung dieses Wirkstoffes sind viele Punkte zu beachten, damit die Anwendung weder gefährlich für den Patienten, noch unwirksam wird.
Topische Monotherapien mit Antibiotika werden nach der Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft bei der Diagnose Akne nicht in jedem Fall empfohlen, sondern nur „bei leichter bis mittelschwerer umschriebener Akne zusammen mit bzw. in fixen oder sequentiellen Kombinationen mit topischen Retinoiden, Benzoylperoxid oder Azelainsäure bzw. bei mittelschweren Formen bei Frauen zusätzlich in Kombination mit systemischen hormonellen Antiandrogenen.“
Auch bei Rosazea ist die Therapie mittels topischer Erythromycin-Anwendungen umstritten, da es zur Behandlung auch systemisch angewendet wird und man hier Schwierigkeiten in Form von Resistenzentwicklungen und Sensibilisierungen sieht. Nur in Kombination mit Benzoylperoxid sieht man einen eingeschränkten Nutzen der antientzündlich und antibakteriell wirksamen Substanz.
Wenn man eine Erythromycin-Rezeptur in der Apotheke so herstellen würde, wie sie von Arztpraxen häufig verordnet wird – nämlich beispielsweise „Erythromycin 1 % in Basiscreme ad 50,0g“ – würden sich viele verschiedene Probleme auftun. Daher können die meisten Patienten froh sein, dass sich die PTA hier besser auskennt. Die korrekte Herstellung von Individualrezepturen, die nicht der standardisierten Herstellung einer NRF-Rezeptur entsprechen, verlangt immer einiges an Vorwissen und Zeit zur Herstellung.
Das beginnt schon damit, dass Erythromycin im Normalfall nicht als 100%ige Reinsubstanz vorliegt und man zuerst einen Einwaagekorrekturfaktor errechnen muss, der mit der Einwaagemenge multipliziert wird, um einen Mindergehalt des Wirkstoffs zu vermeiden. Tendenziell werden eher Unter- als Überdosierungen vorgefunden. Der Faktor findet sich bei manchen Herstellern auf dem Analysezertifikat und er kann mit dem Online-Tool des DAC/NRF errechnet werden.
Vor der Verarbeitung in eine Basiscreme wird Erythromycin in der offiziellen Variante des NRF (11.77) zudem mit mittelkettigen Triglyceriden angerieben, denn es ist extrem zersetzungsempfindlich und neigt zur Verklumpung. Man könnte also auf die Idee kommen, auf ähnliche Weise wie bei der im Beispiel genannten freien Creme-Komposition mit Basiscreme eine Vorverreibung anzufertigen und diese dann portionsweise aufzustocken. Davon rät das DAC/NRF jedoch ab, denn bei dieser Technik ist ein suspendierter Anteil mikroskopisch erkennbar und es kann auf diese Weise sogar zu deutlich sichtbaren und spürbaren Klümpchen kommen, besonders wenn die Wirkstoffkonzentration hoch liegt. Hier hat es sich bewährt, die Grundlage in größeren Portionen als üblich hinzuzugeben und nicht langsam portionsweise den Anteil zu steigern.
Erythromycin benötigt einen pH-Wert von etwa 8–9 in Cremerezepturen und kann in gelöster Form die pH-Werte einer Creme so stark ins Basische treiben – bis ca. 10,5 –, dass die Anwendung besonders auf bereits vorgeschädigter Haut problematisch wird. Hat man eine freie Rezeptur vor sich, bei der der Zusatz von Citronensäure-Lösung, um annähernd im physiologischen Bereich zu bleiben, noch nicht experimentell ermittelt wurde, muss eine Kontrolle des pH-Wertes mittels Potentiometer, pH-Papier oder -Stäbchen erfolgen.
Ist dies aufgrund einer halbfesten Zubereitung nicht problemlos möglich, sollte die herstellende Person auf die Zugabe eines geeigneten Puffers zurückgreifen. Wird der pH-Wert angepasst, ist zudem darauf zu achten, dass das Konservierungsmittel nicht darunter leidet. Häufig eingesetzte Grundlagen, wie beispielsweise die anionische hydrophile Creme DAB, wurden mit Sorbinsäure konserviert, die im basischen Bereich unwirksam ist. Eine zu starke Ansäuerung verträgt hingegen Erythromycin nicht. Hier ist es möglich, auf eine anionische hydrophile Creme mit Propylenglycol auszuweichen, die dann pH-Wert korrigiert etwa 2 Monate lang im Kühlschrank lagernd aufgebraucht werden muss. Eine Absprache mit dem verordnenden Arzt ist nicht grundsätzlich nötig, nur wenn das Konservierungsmittel geändert werden muss. Ist es nur die Grundlage und man bleibt im verordneten System – also W/O- oder O/W-Grundlage –, so kann das der aufsichtführende Approbierte selbst entscheiden.
Die Pufferlösungen und auch die 0,5%ige Citronensäurelösung müssen vor der Verarbeitung erst einmal frisch hergestellt werden, da man sie nicht lange lagern kann. Saure Komponenten sollte man erst am Schluss zugeben, damit sie nicht unmittelbar auf den Wirkstoff treffen, damit er sich nicht zersetzt (Oxydation, Hydrolyse).
Ein zusätzlicher therapeutischer Nutzen von Erythromycin in Kombination mit einem Externsteroid konnte außer bei deutlich sekundär infizierten Ekzemarealen, die nicht separat ausgewertet wurden, bei topischer Behandlung der Neurodermitis/atopischen Dermatitis nicht gezeigt werden. Dennoch trifft man diese Zusammensetzung in der Praxis bei selbst zusammengestellten Rezepturen durch den Arzt häufiger an. Hier kommt es wieder zu pH-Wert-Problemen, da Glucocorticoide eher im schwach sauren Milieu stabil sind. Ist der pH-Wert auf Erythromycin-freundliche Verhältnisse angepasst, so kann laut DAC/NRF eine Kombination mit vergleichsweise stabilem
erwogen werden. Der Aufbrauchszeitraum wird dann auf 4 Wochen eingegrenzt.
Hier gibt es bereits viele auf ihre Stabilität geprüften Kombinationen, die man auch auf vielen Herstellerseiten findet. Häufig werden das Anreiben des Wirkstoffs mit einer 10%igen, wässrigen Tween-20-Lösung oder das Stabilisieren des pH-Wertes mit einem 0,2 % Trometamol-Zusatz vorgeschlagen.
Wie man hier erkennen kann, ist es gut, dass die Apotheke für viele Arztpraxen häufig als Backup für eigentlich unplausibel zusammengesetzte Rezepturen fungiert. Es ist wichtig, fähige PTA im Rezepturenbereich arbeiten zu lassen, die sich stetig fortbilden und auf dem Laufenden bleiben. Eine wirksame und sichere Rezeptur ist ganz besonders im dermalen Bereich nicht immer nur Sache der verordnenden Ärzte oder aufsichtführenden Approbierten.
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