Die Augmentation mit Dermafiller aus Hyaluronsäure (kurz: Hyaluron) ist eine der populärsten nicht-invasiven Methoden zur Verbesserung der ästhetischen Erscheinung des Gesichts. Obwohl es sich um eine relativ sichere Behandlung handelt, können Komplikationen auftreten, insbesondere bei unsachgemäßer Durchführung oder bei Patienten mit bestimmten gesundheitlichen Bedingungen. Eine solche Komplikation ist die arterielle Okklusion, die schwerwiegend sein kann und sofortige medizinische Aufmerksamkeit erfordert.
Was versteht man unter arterieller Okklusion?
Arterielle Okklusion im hier verstandenen Sinne tritt auf, wenn eine Arterie, die Blut in einen bestimmten Bereich des Gesichts transportiert, im Zuge einer Hyaluronbehandlung blockiert wird. Das kann einerseits bedeuten, dass sie tatsächlich punktiert wird und Fillermaterial in die Arterie gelangt; es kann aber andererseits auch „nur“ daran liegen, dass durch das injizierte Hyaluron erhöhter Umgebungsdruck auf die Arterie ausgeübt und der Blutfluss dadurch gehemmt wird. Wenn die Arterie blockiert wird, wird das Gewebe, das durch diese Arterie mit Blut versorgt wird, nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Dies kann zu Gewebeschäden oder sogar zum Absterben des betroffenen Gewebes führen.
In welchen Gesichtsbereichen droht arterielle Okklusion?
Da das ganze Gesicht arteriell gut versorgt wird, können vaskuläre Komplikationen bei jeder Unterspritzung im Gesicht auftreten, in den unterschiedlichsten Zonen. Besonders riskante Areale sind aber die Glabellaregion (der Bereich zwischen den Augenbrauen) und das Nasolabialdreieck (der Bereich von den Nasenflügeln abwärts zu den Mundwinkeln). Denn dort verlaufen wichtige Blutgefäße, die mittelbar an der Versorgung des Auges beteiligt sind. Ihr Verschluss kann zu ernsthaften Schädigungen des Auges führen, bis hin zur irreversiblen Erblindung.
Sofortmaßnahmen bei arterieller Okklusion
Wenn ein Patient Anzeichen einer arteriellen Okklusion nach oder während einer Hyaluronfiller-Behandlung aufweist, ist es wichtig, dass der Arzt sofort handelt. Die erste Maßnahme besteht darin, den Filler sofort aus dem betroffenen Bereich zu entfernen. Dafür injiziert man das Enzym Hyaluronidase, das Hyaluronsäure spalten kann, in hoher Dosierung. Wenn das blockierende Hyaluron nicht sofort durch eine solche Intervention entfernt wird, kann dies zu einer weiteren Blockierung der Arterie führen und den Schaden verschlimmern.
Nachdem der Filler entfernt wurde, ist es wichtig, die Durchblutung des betroffenen Bereichs zu verbessern. Dies kann durch die Verwendung von Wärme oder speziellen Massage-Techniken erreicht werden. Wärme kann dazu beitragen, die Arterien zu erweitern und die Durchblutung zu verbessern, während spezielle Massagetechniken dazu beitragen können, den Blutfluss zu verbessern und die Blockierung zu lösen.
In einigen Fällen kann es notwendig sein, Medikamente zu verabreichen, um die Durchblutung zu verbessern und den Schaden zu minimieren. Solche Medikamente können Nitrate, wie Nitroglyzerin oder Nifedipin, umfassen. Nitrate erweitern die Arterien und erhöhen die Durchblutung. Andere Medikamente wie Aspirin oder Heparin können ebenfalls verabreicht werden, um das Risiko von Blutgerinnseln zu verringern.
Wenn der Schaden bereits fortgeschritten ist, kann eine Operation notwendig sein, um das betroffene Gewebe zu entfernen. In sehr schweren Fällen kann es notwendig sein, eine Hauttransplantation durchzuführen, um das betroffene Gewebe zu ersetzen.
Um das Risiko von arteriellen Okklusionen nach einer Hyaluronfiller-Behandlung zu minimieren, ist es wichtig, dass der Arzt die Anwendung sorgfältig durchführt. Der Arzt sollte die Anatomie des Gesichts genau kennen und die Unterspritzung riskanter Zonen nur in solchen Fällen vornehmen, in denen das Ergebnis das erhöhte Risiko wert ist. Der Aufklärung des Patienten kommt in derartigen Fällen natürlich eine besondere Bedeutung zu. Er muss wissen, worauf er sich einlässt.
Selten, aber katastrophal: Irreversible Erblindung als Worst Case
Der „Worst Case“ einer arteriellen Okklusion als Komplikation einer Hyaluronbehandlung liegt vor, wenn, wie oben angesprochen, die Blutversorgung der Augen unterbrochen wird. Eine drohende Erblindung erfordert in einem solchen Fall eine sofortige Behandlung, die Literatur nennt dafür Zeitfenster von maximal 60 Minuten.
Da dieser Fall aber selten vorkommt (die Literatur nennt um die 200 dokumentierte Fälle weltweit), ist es keineswegs sicher, dass ausführende Ärzte und selbst die Mitarbeiter von Augennotfallambulanzen aus dem Stand wissen, was zu tun ist. Und das führt unter Umständen dazu, dass bei der Abklärung der richtigen Vorgehensweise wertvolle Zeit verloren wird.
Die einzige, von der Literatur als aussichtsreich beschriebene Gegenmaßnahme bei drohender Erblindung ist die retrobulbäre Injektion von hoch dosierter Hyaluronidase. Dabei wird eine stumpfe Kanüle die Augenhöhle entlang am Auge vorbeigeführt und das hyaluronspaltende Enzym in den retrobulbären Raum injiziert. Im günstigen Fall wird das okkludierende Hyaluron aufgelöst, der Blutfluss setzt wieder ein und das Auge wird wieder ausreichend versorgt. Im Erfolgsfall setzt die Sehkraft sukzessive nach einigen Tagen wieder ein, im Best Case wird sie vollständig wiederhergestellt. Allerdings ist ein günstiger Ausgang keineswegs sicher, die Literatur nennt zahlreiche Fälle, in denen die Sehkraft einseitig oder sogar beidseitig verloren wurde.
Fazit
Vaskuläre Komplikationen sind eine seltene, aber potenziell gefährliche Komplikation von ästhetischen Fillerbehandlungen. Es ist wichtig, schnell und angemessen auf sie zu reagieren. Dazu gehört, aus dem Stand zu wissen, was zu tun ist und auch qualifiziert dafür zu sein, es zu tun. Jede ästhetisch-medizinische Praxis, die auf sich hält, sollte in die Lage sein, vaskulären Komplikationen sowohl von der Ausstattung als auch der ärztlichen Qualifikation her kompetent zu begegnen. Und die Branche tut einiges dafür, um in einschlägigen Trainings und anatomischen Workshops für ein hohes Niveau an Kompetenz zu sorgen.
Ebenso wichtig ist die ehrliche und umfassende Aufklärung von Patienten hinsichtlich dieser seltenen, aber nicht auszuschließenden Komplikation. Fillerbehandlungen in Gefahrenzonen sollten überhaupt nur dann erwogen werden, wenn das erwartbare Ergebnis das erhöhte Risiko rechtfertigt. Um diese Entscheidung korrekt treffen zu können, muss der Patient aber umfassend über die Risiken informiert sein, den Erfolg der Behandlung realistisch einschätzen können und etwaige alternative Behandlungsoptionen kennen und verstehen. Der Kompetenz und Verantwortung des Arztes kommt auch in diesem Kontext eine zentrale Rolle zu.
Umso unverständlicher ist es mir allerdings, wie es in Deutschland aktuell möglich sein kann, dass nicht-ärztliche Behandler gesetzlich dazu befugt sind, Unterspritzungen mit Hyaluronsäure vorzunehmen. Dem Gesetzgeber scheint die vorstehend geschilderte Problematik, die auch gut ausgebildete Ärzte vor Herausforderungen stellen kann, gänzlich unbekannt zu sein. Wie kann man sie nicht-akademisch ausgebildeten Praktikern überlassen? Wie auch immer zukünftige Weichenstellungen im Medizinrecht aussehen mögen, die Festlegung eines Arztvorbehalts für Behandlungen mit Dermafiller sollte unter den obersten Prioritäten rangieren.
Literatur:
Rohrich, R., Stuzin, J., Dayan, E., Ross, V., Facial Danger Zones: Staying safe with surgery, fillers, and non-invasive devices, Thieme 2019
Seo, K., Facial Volumization with Fillers, Springer 2021
Illustration:
Shutterstock, Kateryna Kon