Oder machen die Minister aus NRW, Bayern und Schleswig-Holstein nur unnötig Radau, statt konstruktiv mitzuarbeiten? Ein juristisches Gutachten soll das nun klären.
„Krankenhausplanung ist Ländersache!“ – man hört das Mantra der CDU/CSU-Gesundheitsminister förmlich noch durch die Räumlichkeiten der Bundespressekonferenz hallen, da schreit es von der anderen Seite bereits: „Die vom Bund geplanten Strukturveränderungen greifen massiv in die Krankenhausplanung der Länder ein und haben erhebliche Kostenfolgen“, so Kerstin von der Decken (CDU), Gesundheitsministerin von Schleswig-Holstein.
Dabei hatte Lauterbach die Mahnung und Warnung der „verfassungsrechtlich festgelegten Kompetenzverteilung“ (wir berichteten) – der vermeintliche Verstoß gegen dieses Recht ist der Stein des Anstoßes, der den Ministern aus NRW, Bayern und Schleswig-Holstein nun im Schuh drückt – augenscheinlich verstanden und mit der Länderöffnungsklausel vermeintlich ausreichend Spielraum an die Landeshauptstädte vergeben. Doch nun kommt sie doch, die juristische Prüfung, ob denn alles rechtens sei. Das Rechtsgutachten wird derweil vom Rechtswissenschaftler Ferdinand Wollenschläger, Professor für Öffentliches Recht, Europarecht und Öffentliches Wirtschaftsrecht von der Universität Augsburg, durchgeführt.
Dass die Auseinandersetzung zwischen den Ministern und ihrem Bundeschef nun den Schein der zuletzt überraschend bis erfreulich zelebrierten Einigkeit zunichte macht, wissen die Häuser in Düsseldorf, München und Kiel auch – versuchen sie doch sich öffentlich der Sache unterzuordnen und das Gutachten weniger in die Kategorie „Next Level Kompetenzgerangel“ fallen zu lassen.
„Wir sind nach wie vor zur konstruktiven Mitwirkung an einer von Bund und Ländern gemeinsam erarbeiteten Krankenhausreform bereit. Aber das erfordert eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe, bei der die verfassungsrechtlich festgelegte Kompetenzverteilung beachtet wird. In dem Gutachten soll beleuchtet werden, ob der Bund durch zwingende Strukturvoraussetzungen für Versorgungsstufen und Leistungsgruppen noch im Rahmen seiner Kompetenz für die wirtschaftliche Sicherung der Kliniken handelt oder stattdessen in die Krankenhausplanung der Länder hineinregiert“, erklärt Bayerns Minister Holetschek die Intention der nun an die Universität Augsburg vergebene Prüfung der Rechtslage.
„Unsere Hand bleibt ausgestreckt. Wir haben großes Interesse an dem Gelingen der Krankenhausfinanzierungsreform. Aber der Bundesgesundheitsminister muss sich schon entscheiden: Bei den Bund-Länder-Verhandlungen in Berlin hat er versprochen, dass man auf Augenhöhe verhandelt und gemeinsam beschließt. Und wir können keiner Krankenhausreform zustimmen, die den Ländern die Beinfreiheit zum Gestalten nimmt. Das Gutachten soll Klarheit darüber bringen, wo dem Bund Grenzen bei der Umsetzung seiner Krankenhausfinanzierungsreform gesetzt sind“ beschreibt Laumann das Ziel der Rechtsprüfung.
Kritik an der Vergabe des Gutachtens kommt unterdessen aus den Reihen des politischen Gegners. So gibt die SPD-Gesundheitsexpertin Ruth Waldmann zu bedenken, dass Holetschek, Laumann und von der Decken den Beschluss in Berlin mitgetragen hatten. „Außerdem stellt sich die Frage, was so ein Gutachten überhaupt untersuchen soll, denn den Gesetzentwurf gibt es ja noch gar nicht, sondern er wird derzeit bis Ende Juni gemeinsam von Bund und Ländern erarbeitet.“
Im bayrischen Rundfunk rekurriert Holetschek unterdessen auch auf den inhaltlichen Aspekt der ländlichen Versorgung, der seiner Meinung nach zu kurz kommt: „Wir wollen eine Reform, aber wir wollen natürlich auch gewachsene Strukturen erhalten. […] Wir wollen nochmal aufzeigen, dass eine Vergütungsreform das nicht beeinflussen darf. Stellen Sie sich mal vor, Leistungen, die wir für notwendig erachten, gerade im ländlichen Raum, werden nicht mehr vergütet. Dann ist das ja tatsächlich auf dem kalten Weg eine Beeinflussung der Strukturen und da muss man schon aufpassen.“
Doch nicht nur die politische Seite hat noch Bedenken, was den Drei-Stufen-Plan des Ministers betrifft. Während der derzeitige Plan die Einteilung in Grundversorger (mit vorrangig ambulanten Tätigkeiten), gehobene Standardkrankenhäuser sowie spezialisierte Großkliniken vorsieht, sind es vor allem die Hybrid-Varianten auf dem Land, die nun Angst haben, wegrationalisiert zu werden.
Das Problem ist klar: Die Krankenhäuser von kleiner bis mittlerer Größe stehen bei diesem Plan zwischen den Stühlen: Einerseits sind sie zu klein, um sich in einer der gewünschten Großkliniken zu verwandeln. Andererseits bieten sie notwendige medizinische Dienste an, die sie als Krankenhaus der ersten oder zweiten Stufe nicht anbieten – und folglich – aufgeben müssten. Längere Fahrten sowie Wartezeiten für Patienten aus der Region inbegriffen. Schätzungen von Krankenhaus-Chefs gehen davon aus, dass auf diesem Weg rund 600 Krankenhäuser in Deutschland schließen müssten.
Ob oder wie die Länderchefs mit ihrem ganz besonders fürsorglichen Blick für die regionale Versorgung nun aus- und weiterhelfen werden, hängt sicher auch am Ausgang des Rechtsgutachtens, das den Ministern schwarz auf weiß bestätigen kann, was sie dürfen – und wo sie sich Berlin zu beugen haben.
Das soll bereits in diesem Frühjahr fertiggestellt sein und – so die Hoffnung aller Beteiligten – Aufklärung geben.
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