Vorhofflimmern geht immer mit einem erhöhten Risiko für einen Schlaganfall einher. Bisher die beste Behandlung: orale Antikoagulation. Aber welche Alternativen gibt es für Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko?
Zur Vermeidung von einem Insult empfiehlt man Patienten mit Vorhofflimmern die Einnahme gerinnungshemmender Medikamente – in Abhängigkeit von ihrem persönlichen Risikoprofil. Bei einigen Patienten mit erhöhtem Blutungsrisiko kann allerdings keine gerinnungshemmende Therapie verabreicht werden, obwohl ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall besteht. Für Patienten, die keine Blutverdünner einnehmen können, existiert eine Therapiealternative in Form eines Vorhofohr-Verschluss-Systems.
Ein katheterbasierter Vorhofohrverschluss führte in einer aktuellen Studie bei älteren Männern und Frauen mit Vorhofflimmern gleichermaßen zu besseren klinischen Ergebnissen als eine orale Antikoagulation. Im Vorfeld zu dieser Studie hat eine Forschergruppe um Dr. Emily Zeitler vom Dartmouth-Hitchcock Medical Center in Lebanon versucht, auf Basis von Real-World-Daten über den Vergleich gematchter Patientengruppen an Informationen zum relativen Nutzen beider Methoden zu gelangen. Ihre Datenauswertung, die sich auf zwischen 2015 und 2019 erhobene Daten der US-Krankenversicherung Medicare bezieht, kommt zu dem Ergebnis, dass der interventionelle Vorhofohr-Verschluss bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern zu einer deutlichen Reduktion von Todesfällen und Schlaganfällen führt.
Auf längere Sicht war das Vorgehen auch mit einer Reduzierung von Blutungen assoziiert. Dies galt sowohl für Männer als auch für Frauen in gleichem Maße. Vor allem die Ergebnisse bei Frauen, die in klinischen Studien zum Vorhofohr-Verschluss bisher unterrepräsentiert waren, waren vielversprechend.
Eine Registerstudie hatte im Jahr 2021 die Sorge aufkommen lassen, dass interventionelle Vorhofohr-Verschluss-Prozeduren bei Frauen mit mehr Komplikationen einhergehen könnten als bei Männern. Die Rate für jegliche Komplikationen in der In-Hospital-Phase war bei Frauen im Rahmen von Vorhofohrverschlussprozeduren signifikant höher als bei Männern (6,3 % vs. 3,9 %; OR: 1,63; 95 % KI: 1,49–1,77; p < 0,001). Obgleich Todesfälle insgesamt relativ selten beobachtet wurden, waren in der Studie von Darden et al. Frauen bezüglich der Mortalität signifikant im Nachteil (0,3 % vs. 0,1 %; adjustierte OR: 2,01; 95 % KI: 1,31–3,09; p = 0,001) und sie verbrachten im Zusammenhang mit Vorhofohr-Verschluss-Prozeduren zudem häufiger länger als einen Tag in der Klinik. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hatte in einem Info-Brief die medizinische Fachwelt darauf aufmerksam gemacht und angekündigt, selbst eine weitere Klärung anzustreben.
Nach den Ergebnissen der aktuell erschienenen Studie scheint die Sorge, dass interventionelle Vorhofohr-Verschluss-Prozeduren mit einem höheren Risiko, insbesondere für Frauen, einhergehen jedoch nicht begründet zu sein. Um Verzerrungen zu reduzieren und besser vergleichbare Gruppen zu generieren, hat die Forschungsgruppe um Zeitler mittels Propensity-Score-Matching 4.085 Frauen mit Vorhofohrverschluss eine entsprechende Zahl von möglichst merkmalsgleichen Frauen mit oraler Antikoagulation paarweise zugeordnet, mit einem mittleren Alter von 76 Jahren und einem mittleren CHA2DS2-VASc-Score von 5. Bei den Männern wurden auf diese Art 5.378 Vergleichspaare mit einem mittleren Alter von 75 Jahren und einem mittleren CHA2DS2-VASc-Score von 4 gebildet.
Endpunkte waren Mortalität, Schlaganfälle oder systemische Embolien sowie Blutungen. Die Follow-Up-Dauer betrug im Schnitt etwa ein Jahr. Im Falle von einem Vorhofohr-Verschluss war die Mortalität im Vergleich zur oralen Antikoagulation signifikant niedriger, und zwar sowohl bei Frauen (Hazard Ratio, HR: 0,51; 95 % KI: 0,45–0,58) als auch in fast gleichem Maß bei Männern (HR: 0,54; 95 % KI: 0,49–0,60; jeweils p < 0,0001). Bei dem Blutungsrisiko zeigten sich zeitabhängige Schwankungen. In der frühen Phase nach erfolgtem Vorhofohr-Verschluss war das Blutungsrisiko zunächst bei Frauen und Männern mit interventioneller Therapie höher als in den entsprechenden Gruppen mit oraler Antikoagulation. In der Zeit danach war der interventionelle Vorhofohrverschluss dagegen mit einem signifikant niedrigeren Blutungsrisiko vergesellschaftet – und zwar bei Frauen (HR: 0,77; 95 % KI: 0,68–0,88) wie auch bei Männern (HR: 0,88; 95 % KI 0,78–0,99, jeweils p < 0,05).
Eine Limitation der Studie ist allerdings, dass keine Randomisierung stattfand. Somit beinhaltet die Untersuchung die für Beobachtungsstudien geltenden Limitierungen. Ob randomisierte Studien den Vorteil von katheterbasierten Vorhofohrverschlüssen gegenüber einer oralen Antikoagulation bei Vorhofflimmern bestätigen werden, bleibt abzuwarten.
Erwartet werden in diesem Zusammenhang beispielsweise die Ergebnisse der CATALYST-Studie, die im Sommer 2021 begann. In die Studie sollen weltweit mehr als 2.600 Patienten mit Vorhofflimmern aufgenommen werden, die nach Randomisierung entweder einen interventionellen Vorhofohrverschluss oder eine Antikoagulation mit einem kommerziell verfügbaren oralen Antikoagulans erhalten werden. Einschlusskriterium ist unter anderem ein CHA2DS2-VASc-Score von 3 oder höher.
Primäre Endpunkte der für den Nachweis sowohl von Nicht-Unterlegenheit als auch Überlegenheit angelegten Studie sind eine Kombination aus ischämischen Schlaganfällen, systemischen Embolien und kardiovaskulärer Mortalität (Nicht-Unterlegenheit), eine Kombination von schweren oder klinisch relevanten weniger schweren Blutungen (Nicht-Unterlegenheit) sowie eine Kombination von schweren oder klinisch relevanten weniger schweren Blutungen unter Ausschluss von prozedurbezogenen Ereignissen (Überlegenheit). Geplant ist eine Follow-Up-Dauer von bis zu fünf Jahren.
Kirchhof P et al.: 2016 ESC Guidelinesfor themanagementof atrial fibrillation developed in collaboration with EACTS. 2016. EurHeart J37(38):2893–2962.
Zeitler EP et al.: Comparative Effectiveness of Left Atrial Appendage Occlusion Versus Oral Anticoagulation by Sex. Circulation. 2023; 147: 586–596. DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.122.062765.
Darden D. et al.: Sex Differences in Procedural Outcomes Among Patients Undergoing Left Atrial Appendage Occlusion – Insights From the NCDR LAAO Registry. JAMA Cardiol. 2021. DOI: 10.1001/jamacardio.2021.3021.
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