Die EU hat ein neues Medikament zur Behandlung von Lupus-Nephritis zugelassen – die einzige orale Behandlung derzeit. Was ihr beachten müsst, lest ihr hier.
Die Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes zählt mit einer Prävalenz von 1–5 zu 10.000 Einwohner zu den seltenen Erkrankungen. In ihrer systemischen Ausprägung (SLE) sind neben der Haut und dem Bindegewebe der Gefäße auch die Organe durch Vaskulitiden und Ablagerungen von Immunkomplexen betroffen. Eine schwere und häufig auftretende Komplikation davon stellt die sogenannte Lupus-Nephritis dar, an der zwischen 70 und 100 % der SLE-Patienten erkranken. Seit März 2023 ist ein neues Präparat auf dem Markt erhältlich, das Abhilfe schaffen soll: Lupkynis® mit dem Wirkstoff Voclosporin. Es soll das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und die Nierenfunktionen erhalten.
In Deutschland sind von dieser schweren Erkrankung etwa 30.000 Menschen betroffen, meist Frauen in einem Alter zwischen 20 und 40 Jahren. Bislang bestand die medikamentöse Therapie aus einer Basistherapie mit Hydroxychloroquin plus ACE-Hemmer und einem AT1-Antagonisten in Kombination mit einer Induktions- und Erhaltungstherapie. Die Kombination von Cortisonen mit Immunsuppressiva – es werden meist Wirkstoffe wie Azathioprin mit Mycophenolat-Mofetil, Cyclosporin A mit Tacrolimus und Prednisolon eingesetzt – konnte dazu beitragen, die Sterblichkeitsrate erheblich zu reduzieren. Da bislang trotz dieser Behandlung bis zu 30 % der SLE- Betroffenen dialysepflichtig wurden, ist es für viele eine große Erleichterung, dass trotz der vergleichsweise kleinen Gruppe der Erkrankten auf diesem Feld weitergeforscht wird und neue Medikamente auf den Markt kommen. Die neueste Zulassungserweiterung der Europäischen Kommission in diesem Zusammenhang war der monoklonale Antikörper Belimumab (Benlysta®) im Mai 2021, das subkutan injiziert wird.
Voclosporin wirkt als Immunsuppressivum und ist ein Calcineurin-Inhibitor, welcher die Zytokin-Ausschüttung hemmt und auf diese Art entzündungshemmend wirkt. Zusätzlich hat er als semisynthetisches Analogon von Cyclosporin A auch eine hemmende Wirkung auf die Aktivierung von T-Lymphozyten, wobei der Wirkungsmechanismus nicht vollständig aufgeklärt ist. Das neue Medikament liegt als Weichkapseln vor, die oral immer in Kombination mit Mycophenolat-Mofetil angewendet werden. Auch Cyclosporin A und Tacrolimus sind Calcineurin-Inhibitoren, jedoch besitzt Lupkynis® eine höhere Spezifität für Calcineurin und ist zusätzlich noch weniger anfällig für Interaktionen mit anderen Medikamenten.
Ausschlaggebend für die Zulassung in der EU waren für die EMA vor allem eine AURORA-1-Phase-III-Studie und eine Aurora-2-Fortsetzungsstudie. In der ersten Studie wurden 357 erwachsene Patienten mit aktiver Lupus-Nephritis mit Voclosporin oder einem Placebo zusätzlich zu Mycophenonat-Mofetil behandelt. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in The Lancet publiziert. Hier präsentierte sich Lupkynis® bei der Erzielung einer stabilen Nierenfunktion als wirksamer. Nach 52 Wochen hatten 41 % (73 von 179) der Patienten, die Lupkynis® einnahmen, für die Nierenfunktion und für das Protein im Urin akzeptable Indikatoren. In der Placebogruppe waren es dagegen nur 23 % (40 von 178), und das bei vergleichbarem Nebenwirkungsprofil.
Die Entscheidung der EMA gilt für alle 27 Mitgliedstaaten der EU sowie für Island, Norwegen, Liechtenstein und Nordirland. Das Medikament ist die erste und derzeit einzige orale Behandlung, die in Europa für die aktive Lupus-Nephritis bei erwachsenen Patienten zugelassen ist.
Was sollte man nun für die Beratung in der Apotheke berücksichtigen? Einmal ist es sicher sinnvoll, die Patienten darauf hinzuweisen, dass sie auftretende unerwünschte Begleiterscheinungen dokumentieren und ihrem Arzt sowie in der Apotheke mitteilen. Wie bei jedem Arzneimittel sollten auftretende Nebenwirkungen unbedingt dokumentiert werden, gerade bei einem neuen Medikament auf dem Markt, für das noch keine Langzeitstudien existieren. Wechselwirkungen sind zu erwarten mit Ketoconazol, Itraconazol oder Clarithromycin, also mit starken CYP3A4-Inhibitoren, da diese den Voclosporin-Spiegel im Blut beeinflussen können.
Werden moderate CYP3A4-Inhibitoren eingenommen, so ist die Voclosporin-Dosis zu verringern. Die gleichzeitige Anwendung von CYP3A4-Induktoren wie beispielsweise Rifampicin, Dexamethason oder Carbamazepin wird nicht empfohlen. Das bedeutet, hier wäre ein Hinweis an die Patienten sinnvoll, dass auch Johanniskraut-Präparate, die man in jedem Supermarkt ohne Beratung kaufen kann, dazu gehören. Auch sie können die Wirkung des Medikamentes herabsetzen.
Die Kapseln sollten die Patienten im Ganzen schlucken – ob zu einer Mahlzeit oder nüchtern, ist für die Therapie unerheblich. Es wird jedoch empfohlen, Lupkynis® nicht zusammen mit Grapefruit oder Grapefruitsaft einzunehmen. Patienten, die in der Vergangenheit anaphylaktische Reaktionen gegen Soja oder Erdnüsse entwickelt haben, dürfen dieses Arzneimittel nicht einnehmen. Die empfohlene Dosis beträgt zweimal täglich 23,7 mg, also drei 7,9 mg Weichkapseln, die alle 12 Stunden eingenommen werden sollten – mindestens aber mit einem Abstand von 8 Stunden. Sollte eine Einnahme vergessen worden sein, kann diese noch innerhalb von 4 Stunden nach dem Zeitpunkt der verpassten Einnahme eingenommen werden. Lupkynis® muss immer in Kombination mit Mycophenolat-Mofetil angewendet werden.
Die am häufigsten aufgetretenen Nebenwirkungen von Voclosporin sind verringerte eGFR (26,2 %) und Hypertonie (19,1 %). Es ist also sinnvoll, die Patienten darauf hinzuweisen, dass sie regelmäßig ihren Blutdruck überprüfen und bei beginnender Hypertonie unverzüglich ihren Arzt informieren. Außerdem kann der Kaliumspiegel im Blut durch die Einnahme von Voclosporin erhöht werden, was eine Überwachung notwendig macht. Da auch eine QT-Verlängerung möglich ist, sollten die Patienten darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie bei Schwindelgefühlen ebenfalls ihren Arzt darüber informieren sollten.
Ein weiterer beratungsrelevanter Punkt – gerade jetzt vor der warmen Jahreszeit – ist, dass die Patienten auf einen ausreichenden Sonnenschutz aufmerksam gemacht werden sollten, um das Hautkrebsrisiko zu minimieren, das durch die Einnahme erhöht wird. Da auch Infektionen unter der Einnahme häufiger aufgetreten sind, sollte der Patient sich bei Schüttelfrost oder Fieber an seinen behandelnden Arzt wenden.
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