Die regelmäßige Verwendung von Laxantien kann das Risiko für Demenz erhöhen, so das Ergebnis einer Studie. Was dahintersteckt, lest ihr hier.
Rund 40 % der Demenzerkrankungen könnten durch Lebensstiländerung und Vermeidung bestimmter Risikofaktoren verhindert werden. Darunter fallen zum Beispiel Hypertonie, Schwerhörigkeit, Übergewicht und wenig Sozialkontakt. Forscher könnten jetzt einen weiteren Risikofaktor ausfindig gemacht haben: Den regelmäßigen Gebrauch von Abführmitteln.
Die Wissenschaftler analysierten dafür die Daten von knapp 500.000 Teilnehmern aus der UK Biobank. Die Probanden waren zwischen 40 und 69 Jahre alt und hatten keine Vorgeschichte von Demenz. Als regelmäßige Einnahme von Abführmitteln galt die Verwendung von Laxantien an den meisten Tagen der Woche in den letzten 4 Wochen, die von den Probanden selbst berichtet wurde.
In der Kohorte nahmen 3,6 % der Teilnehmer regelmäßig Abführmittel ein. Die Wissenschaftler verfolgten die Teilnehmer knapp 10 Jahre lang und identifizierten diejenigen, die während dieser Zeit Demenz entwickelten, basierend auf Krankenhauseinweisungen oder Sterberegistern. In dieser Zeit erhielten 1,3 % der Probanden, die regelmäßig Laxantien eingenommen hatten, eine Demenzdiagnose – aber nur 0,4 % der Teilnehmer, die das nicht taten. Statistisch ergibt sich aus der chronischen Laxantien-Einnahme ein signifikant erhöhtes Demenz-Risiko von 50 % (HR 1,51). Daher war der Gebrauch vor allem mit der Entstehung von vaskulärer Demenz (HR 1,65) assoziiert; das Risiko für Alzheimer-Demenz war dadurch hingegen nicht beeinflusst (HR 1,05).
Auch die Sorte des Abführmittels spielte beim Demenzrisiko eine Rolle: Diejenigen, die nur osmotische Abführmittel verwendeten, hatten ein höheres Risiko für Demenz im Allgemeinen (HR 1,64) und vaskuläre Demenz (HR 1,97) verglichen mit denen, die andere Laxantien oder gar keine verwendeten. Aber wie können solche Laxantien das Demenzrisiko beeinflussen?
Osmotische Abführmittel bewirken eine Verdünnung des Stuhls, indem sie Wasser in das Darmlumen ziehen. Doch sie können auch das Darmmikrobiom verändern, wie eine Studie bereits 2018 zeigen konnte. Eine gestörte Darmflora, auch als Dysbiose bezeichnet, kann wiederum die Signalübertragung an der sogenannten Darm-Hirn-Achse beeinträchtigen und die Produktion von Neurotransmittern beeinflussen. Darüber hinaus können Abführmittel auch die Epithelbarrieren des Darms stören und somit den Übergang von neurotoxischen Stoffwechselprodukten, die aus dem Darmmikrobiom stammen, in das zentrale Nervensystem erleichtern. Das kann Entzündungsprozesse begünstigen.
„Die Studie ist keine randomisierte-kontrollierte Studie, daher nicht beweisgebend, dass Abführmittel das Demenz-Risiko tatsächlich erhöhen. Weitere Untersuchungen sind notwendig. Dennoch raten wir angesichts des Ergebnisses zur Vorsicht im Umgang mit Laxanzien, gerade vor dem Hintergrund, dass Demenzerkrankungen immer weiter zunehmen“, erklärt DGN-Generalsekretär und -Pressesprecher Prof. Peter Berlit.
Vor allem in Pflegeheimen ist der Gebrauch von Laxantien Standard: Laut Untersuchungen greifen bis zu 70 % der Bewohner regelmäßig zu Abführmitteln. Nach Ansicht des Experten könnten viele Menschen auf die regelmäßige Einnahme von Abführmitteln verzichten, wenn sie ihre Ernährung umstellten und mehr Ballaststoffe – enthalten in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten – und vor allem auch ausreichend Flüssigkeit in Form von Wasser oder ungesüßten Tee zu sich nehmen würden.
Prof. Berlit: „Eine solche Ernährungsumstellung hat womöglich gleich eine doppelte Schutzwirkung gegen Demenz: Zum einen lässt sich in vielen Fällen auf Abführmittel verzichten, die einen potenziell schädigenden Einfluss auf die Hirngesundheit haben. Zum anderen gilt eine gesunde Ernährung per se als wichtige Säule der Demenzprävention. Für den Erhalt der geistigen Funktion bis ins hohe Alter lohnt es sich in jedem Fall, seine Ernährung umzustellen!“
Bildquelle: Denys Nevozhai, Unsplash