Ein durch Infektion verursachter Hydrozephalus ist in einigen Teilen der Welt ein Todesurteil, weil es keinen Zugang zu sicheren OPs gibt. Ein nun entdeckter Mechanismus könnte den Weg zu nichtinvasiven Therapien ebnen.
Forscher haben einen neuartigen molekularen Mechanismus entdeckt, der für die häufigsten Formen des erworbenen Hydrozephalus verantwortlich ist. Das könnte die Tür für die erste nicht-chirurgische Behandlung einer lebensbedrohlichen Krankheit öffnen. Wie in der Fachzeitschrift Cell berichtet, entdeckte das Team in Tiermodellen den Weg, über den eine Infektion oder Blutung im Gehirn eine massive neuroinflammatorische Reaktion auslöst. Diese führt wiederum zu einer verstärkten Produktion von Liquor durch das als Plexus choroideus bekannte Gewebe, was wiederum eine Schwellung der Hirnkammern zur Folge hat.
„Die Suche nach einer nicht-chirurgischen Behandlung des Hydrozephalus ist angesichts der Tatsache, dass die Neurochirurgie mit enormer Morbidität und Komplikationen behaftet ist, der heilige Gral für unser Fachgebiet“, sagt Dr. Kristopher Kahle, pädiatrischer Neurochirurg am MGH und Hauptautor der Studie. „Wir haben durch einen genomweiten Analyseansatz den Mechanismus identifiziert, der der Schwellung der Ventrikel zugrunde liegt, die nach einer Hirnblutung oder einer Hirninfektion beim erworbenen Hydrozephalus auftritt. Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse den Weg für die Zulassung eines entzündungshemmenden Medikaments zur Behandlung des Hydrozephalus ebnen werden. Das würde für die Bevölkerung in den USA und weltweit, die keinen Zugang zu einer Operation hat, einen entscheidenden Fortschritt bedeuten.“
Ein erworbener Hydrozephalus tritt weltweit bei etwa einer von 500 Geburten auf. Er ist die häufigste Ursache für Gehirnoperationen bei Kindern, kann aber Menschen jeden Alters betreffen. In einigen Teilen der Welt, wo bakterielle Infektionen die häufigste Ursache der Krankheit sind, ist der Hydrozephalus für Kinder oft tödlich, da es keine Möglichkeit für chirurgische Eingriffe gibt. Die einzige bekannte Behandlung ist eine Operation, bei der ein katheterähnlicher Shunt implantiert wird, um Flüssigkeit aus dem Gehirn abzuleiten. Nach Angaben der Hydrocephalus Association versagt jedoch etwa die Hälfte aller Shunts bei pädiatrischen Patienten innerhalb von zwei Jahren nach der Implantation, was wiederholte neurochirurgische Eingriffe und lebenslange OPs erforderlich macht.
„In der Vergangenheit gingen Wissenschaftler davon aus, dass beim Hydrozephalus aufgrund einer Infektion und bei einer Hirnblutung völlig unterschiedliche Mechanismen im Spiel sind“, erklärt Mitautor Dr. Bob Carter, Vorsitzender der Abteilung für Neurochirurgie am MGH. „Das Labor von Dr. Kahle fand heraus, dass derselbe Signalweg bei beiden Arten von Hydrozephalus beteiligt ist und dass er mit Immunmodulatoren wie Rapamycin, […] gezielt angegangen werden kann.“
„Was mich am meisten begeistert, ist, dass diese nichtinvasive Therapie jungen Patienten helfen könnte, die keinen Zugang zu Neurochirurgen oder Shunts haben“, betont Kahle. „Die Diagnose Hydrozephalus wäre für diese Kinder nicht mehr tödlich.“
Dieser Artikel basiert auf einer Pressemitteilung des Massachusetts General Hospital. Die Studie haben wir euch hier und im Text verlinkt.
Bildquelle: Artur Aldyrkhanov, Unsplash