Schnarchst du noch oder apnoest du schon? Ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom behandeln ist nicht leicht: Wann muss therapiert werden und ist CPAP wirklich das Nonplusultra?
Das obstruktive Schlafapnoesyndrom (OSA) ist keine Seltenheit: Schätzungsweise leiden etwa 4 % der erwachsenen Bevölkerung daran. Dabei geht es um weitaus mehr als nur Schnarchen – OSA kann je nach Ausprägung schwerwiegende gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Die Patienten haben ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, Herzinsuffizienz und Bluthochdruck, sowie für Typ-2-Diabetes, Übergewicht und Depressionen. Aus dem gestörten Schlaf resultieren auch kognitive Einschränkungen, die sich gerade im Straßenverkehr in einem größeren Risiko für Verkehrsunfälle äußern. „Man weiß anhand von Studien, dass Menschen mit einer mittel- bis schwer ausgeprägten Schlafapnoe ungefähr das Reaktionsvermögen eines Menschen mit 0,8 Promille haben“, stellt Somnologe Dr. Lennart Knaack in der DocCheck-CME-Veranstaltung „Zielgruppengerechte Therapien bei Schlafapnoe“ fest.
Grundsätzlich ist es normal, dass sich die oberen Atemwege im Schlaf verengen. Das retroglossale und retropalatale Volumen nehmen ab und die Pharynxwände verdicken sich, wodurch der Atemwegswiderstand erhöht ist. Der inspiratorische Atemfluss verringert sich dadurch auf natürliche Art und Weise. Dementsprechend sind kleinere Atemstörungen beim Einschlafen normal, erklärt Knaack: „Ein Apnoe-Hypopnoe-Index ist selten bei null, wir haben in den Schlaf-Wach-Übergängen immer ein paar regulierende Apnoen.“ Der Körper stellt sich dabei auf den veränderten Atemfluss ein und geht in ein relativ normales Atemmuster über.
Bei Patienten mit OSA ist diese Regulierung allerdings gestört. Durch den Kollaps des Weichteilgewebes unterhalb des harten Gaumens – Zungenmuskel, Gaumensegel und Uvula – werden die Atemwege obstruiert. Die Folge sind chronische, intermittierende Sauerstoffabfälle. Der Körper reagiert mit zellulären und sympathischen Stressreaktionen, die wiederum kardiovaskuläre Erkrankungen und andere gesundheitliche Probleme begünstigen können.
Wann muss ein Patient behandelt werden? Als grober Maßstab für das Ausmaß einer schlafbezogenen Atmungsstörung kann der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) herangezogen werden, der sich per Polysomnografie ermitteln lässt und die Atemstörungen pro Stunde angibt. Als alleiniger Faktor reicht das aber nicht – die Symptomatik spielt eine wichtige Rolle, wie Knaack betont. Mögliche Symptome sind:
So kann sich bereits ab einem AHI von > 5/h eine Therapie empfehlen, wenn Symptome nicht erholsamen Schlafes auftreten. Sind keine Symptome feststellbar, sollte ab einem AHI von 15/h trotzdem eine Behandlung in Betracht gezogen werden. An diesem Index allein lässt sich der Schweregrad des OSA aber nicht festmachen, weitere Faktoren wie O2-Desaturationen, die Länge der Apnoen und das Ausmaß der Schlaffragmentation haben ebenfalls einen Einfluss. Auch Tiefschlafmangel, Tagesmüdigkeit und der Einfluss von und auf Komorbiditäten sollten beachtet werden.
Als weiteren wichtigen Aspekt der Anamnese betont Knaack auch das Geschlecht der Patienten: Männer seien zwar deutlich häufiger betroffen, aber auch Frauen können betroffen sein – insbesondere nach der Menopause nehmen schlafbezogene Atmungsstörungen zu. Das klinische Bild unterscheidet sich zwischen den Geschlechtern: Oft zeigen sich Frauen weniger schläfrig und weisen auch geringere AHIs auf als Männer. Die Atmungsstörungen treten dafür häufiger im REM-Schlaf auf und sie leiden häufiger unter Insomnie.
Der Goldstandard der OSA-Therapie ist nach wie vor die Positivdrucktherapie (PAP-Therapie), bei der durch einen leichten Luftdruck die oberen Atemwege offengehalten werden. Am bekanntesten ist sicherlich der kontinuierliche Positive Atemwegsdruck – kurz CPAP. Daneben gibt es aber auch andere Systeme wie APAP (automatischer positiver Atemwegsdruck), wo der Druck kontinuierlich angepasst wird, je nach Bedarf des Patienten.
Die PAP-Therapie ist bewährt: Im Vergleich zu nicht behandelten Gruppen zeigte sich Knaack zufolge in verschiedenen Studien eine Verbesserung der kardiovaskulären Mortalität – das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte lässt sich so senken. Weiterhin hat die PAP-Therapie auch positive Einflüsse auf die Tagesfunktion, d. h. verringerte Tagesschläfrigkeit, erhöhte Lebensqualität und eine verbesserte neurokognitive Leistung.
Hierbei rät Knaack übrigens dazu, es erst mit einer Nasenmaske zu probieren, und die Patienten nicht direkt auf eine Mund-Nase-Maske einzustellen. Der Grund dafür ist, dass sich bei einer Mund-Nase-Maske Ansaugeffekte ergeben und der Druck leichter zu hoch wird als bei einer reinen Nasenmaske.
Die wohl am nächstbesten untersuchte Therapieform stellen Unterkiefer-Protrusionsschienen dar, die den Unterkiefer und die Zunge nach vorne positionieren. So wird das Pharynxlumen geöffnet und die Atemwege mechanisch offengehalten. Die Schienen eignen sich eher für leichtere Formen der Schlafapnoe mit einem AHI < 30/h und Patienten, die nicht übergewichtig sind. Die Schienen sollten verstellbar sein und durch einen schlafmedizinisch qualifizierten Zahnmediziner an den Patienten angepasst werden. Der Erfolg der Therapie muss im Verlauf durch einen geschulten Arzt kontrolliert werden.
Eine weitere Option ist die elektrische Stimulation des Nervus hypoglossus – gemeinhin bekannt als „Zungenschrittmacher“. Dieser kommt auch nicht für jeden Patienten infrage, sondern nur für Patienten, die eine CPAP-Therapie und andere Therapien wie die Protrusionsschiene nicht akzeptieren. Nicht jede Klinik ist in der Lage, diese Geräte zu implantieren, und Kontraindikationen wie bspw. neuromuskuläre Erkrankungen oder ein BMI von > 35 kg/m2 müssen beachtet werden. Auch wie die Atemwege im Schlaf kollabieren, spielt eine Rolle: Sinn macht die Behandlung nur, wenn auch tatsächlich der Zungenmuskel kollabiert. Feststellen lässt sich dies durch eine Schlafendoskopie.
Noch eine Möglichkeit bietet die Negativdruck-Therapie. Hier wird über ein „Schnullersystem“ das Gaumensegel angesaugt und auf diese Weise die Atemwege geöffnet. Es handelt sich dabei um eine neuere Therapieform, die bislang nicht von den Krankenkassen übernommen wird. Bei leichten Fällen zeigt die Therapie eine gute Response.
Bei Patienten, denen die Seitenlage eine Verbesserung bringt, kann auch eine Lagerungstherapie helfen – diese ist als dauerhafte Therapie aber nicht immer wirksam, um Patienten von der Rückenlage abzuhalten. Bei bestimmten Patientenprofilen – wenn andere Therapien strikt abgelehnt oder nicht toleriert werden – bleiben zuletzt auch chirurgische Interventionen. Diese zeigen eine hohe Antwortrate, sind aber aufgrund ihrer Invasivität nicht als primäre Therapieform empfohlen. Knaack fasst zusammen: „Die Maske ist nach wie vor die beste und sicherste Therapieform, aber wir haben mittlerweile doch eine ganze Reihe an Alternativen zur Verfügung.“
Abschließend sei noch gesagt: Wie bei vielen Krankheitsbildern ist auch beim OSA für so ziemlich jeden Patienten eine Gewichtsreduktion sinnvoll. Eine 10–15%ige Gewichtsreduktion führt etwa zur Halbierung des AHI. Knaack erläutert allerdings, dass sich dadurch hauptsächlich der Schweregrad reduzieren lässt – komplett beseitigen lässt sich das OSA dadurch nicht. Denn außer in Ausnahmefällen ist das Gewicht nicht der alleinige Auslöser.
Bildquelle: Mert Kahveci, unsplash