Jeder, der sich auch nur grob mit der Pandemie beschäftigt hat, wird wohl den Eindruck haben, dass Impfgegner immer mehr Fuß fassen. Aber hassen die Deutschen Impfungen wirklich so sehr?
Es gibt sie noch, die Wunder der Medizin. Denn auch wenn die allgemeine öffentliche Wahrnehmung es nicht vermuten lassen würde: Die Akzeptanz gegenüber Impfungen hat während der Pandemie laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA) tatsächlich zugenommen. Demnach haben immer mehr Deutsche eine positive Einstellung gegenüber Impfungen – und zwar allgemein, nicht nur auf die Corona-Impfungen bezogen. Damit hat sich die stetige Entwicklung der letzten Jahre auch während der Pandemie fortgesetzt, obwohl die Diskussionen um Impfungen und deren Nutzen deutlich stärker im Mittelpunkt standen als in den Jahren vor der Pandemie.
Diese Ergebnisse sind erfreulich und überraschend. Denn wer in den letzten Jahren auch nur ein halbes Auge auf medizinische Diskussionen geworfen hat – vollkommen egal, ob in populären oder fachlichen Medien – hätte den Eindruck bekommen können, dass die Bevölkerung gegenüber Impfungen immer skeptischer würde. War das, wie so oft, einfach eine sehr laute Minderheit? Eine Repräsentativbefragung der BZgA zum Thema „Einstellungen, Wissen und Verhalten von Erwachsenen und Eltern gegenüber Impfungen“ bringt jetzt neue Einblicke.
Befragt wurden 5.000 Personen im Alter von 16–85 Jahren. Davon gaben 83 % an, eine befürwortende oder eher befürwortende Einstellung gegenüber Impfungen zu haben. 14 % stehen Impfungen teilweise mit Vorbehalten gegenüber und nur 3 % stehen Impfungen eher ablehnend oder ablehnend gegenüber. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 standen nur 61 % Impfungen positiv gegenüber.
Verlauf der Einstellung gegenüber Impfungen in den Jahren 2012–2022. Credit: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
„Die neuen Studiendaten zeigen eine allgemein hohe Impfakzeptanz und -bereitschaft in Deutschland. Der Langzeit-Trend der allgemeinen Impfbefürwortung hat sich auch über die Zeit der Corona-Pandemie hinweg fortgesetzt. Dies kann im Ergebnis auch der Gesundheitskommunikation zum Thema Impfen zugeschrieben werden“, ordnet Prof. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der BZgA, die Ergebnisse ein.
Wenn man differenzierte Fragestellungen gegenüber dem Vertrauen in Impfungen vergleicht, so geben 73 % der Befragten an, sich sorgfältig über Nutzen und Risiken zu informieren, bevor sie sich impfen lassen. Außerdem haben 65 % vollstes Vertrauen in die Sicherheit von Impfungen – das entspricht einem minimalen Rückgang zum Vorjahr. Da waren es 66 %. Das Ergebnis entspricht aber auch einem deutlichen Anstieg gegenüber den Zahlen von 2016 (56 %). Andererseits: 5 % der Befragten denken, Impfungen seien überflüssig. Der Grund: Angeblich würden die Krankheiten, vor denen sie schützen sollten, kaum noch auftreten.
Meinungen zu unterschiedlichen Aussagen über Impfungen. Credit: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Eine überraschende Wendung gibt es noch: Erstmals sind Befragte in Ostdeutschland skeptischer gegenüber Impfungen als Befragte in Westdeutschland. Während in den Jahren 2012–2020 deutlich mehr Ostdeutsche Impfbefürworter waren, sind es im Jahr 2022 nur noch 51 % gegenüber 57 % in Westdeutschland.
Impfbefürworter Ost- und Westdeutschland 2012–2022. Credit: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Während die Akzeptanz gegenüber Impfungen im Allgemeinen weiter leicht steigt, nimmt die Wahrnehmung der Wichtigkeit der Corona-Impfung allerdings ab. Das könnte laut BZgA etwa daran liegen, dass die Impfstoffe besser verfügbar sind und ein großer Teil der Bevölkerung bereits geimpft ist. Außerdem sind schwere Krankheitsverläufe seltener geworden. „Im Vergleich zum Jahr 2021 ist der Anteil derjenigen gestiegen, die die Impfung gegen COVID-19 nicht so wichtig finden (2021: 12 %; 2022: 16 %) beziehungsweise ist der Anteil derjenigen gesunken, die die Corona-Schutzimpfung als besonders wichtig einschätzen (2021: 55 %, 2022: 45 %)“, schreibt die BZgA.
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