Bei Analfisteln gehört die Drainage mit einer Fadeneinlage (Seton-Drainage) zu den Standard-Behandlungsmethoden. Nicht nur bei perianalen Fisteln bei Morbus Crohn, auch bei anderen Fistelarten wie kryptoglandulären Analfisteln kommt diese Technik zum Einsatz. Die Fadendrainage wird meist mit dem Ziel eingesetzt, einen stabilen Fistelkanal zu schaffen, einen frühzeitigen Verschluss der äußeren Fistelöffnung zu verhindern und die Fistel zu drainieren. Bei perianalen Crohn-Fisteln kommen außerdem antibiotische, immunmodulatorische, gegen Tumornekrosekfaktor alpha gerichtete (Anti-TNF) Behandlungen und chirurgische Verschlusstechniken zum Einsatz, oft im Anschluss an die Drainage oder zeitgleich mit der Drainage.1-3
Strittig ist, über welchen Zeitraum die Seton-Einlage in der Fistel verbleiben sollte – etwa für mehrere Wochen, Monate oder sogar auf Dauer? In der PISA-Studie wurde dieser Frage nachgegangen.1,4 In einem innovativen Studiendesign wurden dazu erstmalig drei sehr unterschiedliche Interventionen bei perianalen Fisteln bei Morbus Crohn miteinander verglichen: Langzeit-Seton-Drainage, Anti-TNF-Behandlung und chirurgischer Fistelverschluss nach Anti-TNF-Induktion.4 Als chirurgische Verschlusstechniken kamen Ligatur des intersphinktären Fisteltrakts (LIFT) oder Advancement Flap zum Einsatz.4 Outcomes – u. a. Anzahl und Zeitpunkte der erforderlichen Re-Interventionen und die Lebensqualität – wurden jeweils für bis zu 18 Monate untersucht.4
In die prospektive, multizentrische, offene, randomisierte PISA-Studie im Parallelgruppendesign wurden erwachsene Patient*innen mit neu diagnostizierter oder wiederkehrender perianaler Crohn-Fistel eingeschlossen. Die Fistel musste als hoch klassifiziert worden, in den oberen zwei Dritteln des Sphinkters lokalisiert sein und durfte lediglich eine interne Öffnung aufweisen. Die Teilnehmer*innen wurden im Verhältnis 1:1:1 auf die drei Studienarme randomisiert.4
Wenn die Randomisierung der Patient:innen nicht den persönlichen Therapievorstellungen entsprach, wurden sie mit der von ihnen bevorzugten Behandlungsmethode therapiert und stattdessen in eine Registerstudie aufgenommen. 44 Patient*innen wurden in der randomisierten klinischen Studie (RCT) und 50 im Rahmen der Registerstudie behandelt (Seton: n = 20; Anti-TNF: n = 21; chirurgischer Verschluss nach TNF-Induktion: n = 9). Die Baseline-Charakteristika der RCT- und der Registerstudienteilnehmer*innen waren grundsätzlich vergleichbar.4
Die Auswertung zeigte: In der RCT war die Zahl der Re-Interventionen in der Seton-Gruppe signifikant höher (Log-Rank-Test, p = 0,02), siehe Tabelle 1. Außerdem wurden Re-Interventionen in der Seton-Gruppe am frühesten durchgeführt. Nach median vier Monaten (Interquartilsabstand [IQR] 1-9 Monate) waren Re-Interventionen in der Seton-Gruppe, nach 6 Monaten (IQR 3-8) in der Anti-TNF-Gruppe und nach 11 Monaten (IQR 10-11) in der Gruppe mit chirurgischem Verschluss nach Anti-TNF-Induktion erforderlich. Als Re-Interventionen galten mit der Fistel assoziierte, neue chirurgische Eingriffe und/oder eine erforderliche Wiederaufnahme der Anti-TNF-Therapie innerhalb eines Jahres. In der parallelen Registerstudie hingegen ging die Dauer-Seton-Drainage nicht mit signifikant mehr Re-Interventionen einher (p = 0,78).4
Tabelle 1: Erforderliche Re-Interventionen in der randomisierten klinischen Studie (RCT) und in der Registerstudie bis zum Studienende (Kaplan-Meier-Analyse). TNF, Tumornekrosefaktor. Mod. nach 4.
Re-Interventionen
Seton n (%)
Anti-TNF n (%)
Chirurgischer Verschluss n (%)
RCT
10 (74 %)
6 (42 %)
3 (23 %)
Register
8 (42 %)
9 (48 %)
2 (44 %)
Sowohl die krankheitsbezogene Lebensqualität als auch die allgemeine Lebensqualität (vgl. Abb. 1) waren in RCT und Registerstudie in den drei Behandlungsarmen vergleichbar. In der RCT war die krankheitsbezogene Lebensqualität in der Anti-TNF-Gruppe am höchsten. Für die Analyse konnten die Daten von 39 (RCT) bzw. 34 (Register) Patient*innen ausgewertet werden.4
Abbildung 1: Allgemeine Lebensqualität in der randomisierten klinischen Studie (RCT) und in der Registerstudie nach EQ-VAS-Skala zu verschiedenen Zeitpunkten (Mittel und Konfidenzintervalle). Höhere Werte zeigen eine bessere Lebensqualität an. EQ-VAS, EuroQol Visual Analogue Scale; TNF, Tumornekrosefaktor. Mod. nach 4.
Die Auswertung der Studie ist nicht ganz einfach: Sowohl die Patient*innenzahlen als auch die Anzahl der Re-Interventionen sind insgesamt relativ gering, da die RCT wegen unerwünschter Ereignisse und der hohen Zahl erforderlicher Re-Interventionen in der Seton-Gruppe frühzeitig beendet wurde. Außerdem sind Ergebnisse der RCT und der Registerstudie nicht direkt vergleichbar, auch wenn sich die Studienkollektive stark ähneln. Darüber hinaus sind die Interventionen in ihrer Art sehr verschieden, was die Ergebnisse verzerren könnte. Diese Faktoren sollten bei der Interpretation berücksichtigt werden.4
Fazit
Zusammengefasst zeigt PISA, dass eine dauerhafte Seton-Behandlung als einzelne Maßnahme bei perianalen Crohn-Fisteln anderen Maßnahmen nicht überlegen ist. Sie kann eine valide Therapieoption sein, wenn sich Patient*innen bewusst dafür entscheiden. Hinsichtlich der Lebensqualität war die dauerhafte Seton-Drainage mit den anderen getesteten Interventionen vergleichbar. Gleichzeitig war sie einer Anti-TNF-Behandlung und LIFT/Advancement Flap nach Anti-TNF-Induktion in Bezug auf erforderliche Re-Interventionen und Fistelheilung im randomisierten Setting unterlegen.4
Referenzen: