Frühling bis Herbst ist Zecken-Saison – oder? Eine Studie zeigt nun, dass Haustiere auch in Deutschland ganzjährig gegen Zecken geschützt sein sollten.
Früher konnte man sich noch darauf verlassen: Von etwa April bis Oktober ist Zeckenzeit. Denn bei Temperaturen von mindestens sechs bis sieben Grad über mehrere Tage werden die blutsaugenden Ektoparasiten aktiv. Allerdings trifft das nicht auf alle Zeckenarten in Deutschland zu – manche kommen auch mit niedrigeren Temperaturen gut zurecht.
Das und die mittlerweile oft milden Winter in Deutschland haben dazu geführt, dass Zecken hierzulande ganzjährig aktiv sind. In einer aktuellen Studie untersuchte ein Team der Tierärztlichen Hochschule Hannover, welche Zeckenarten wann in Deutschland anzutreffen sind und in welchen Gebieten sie hauptsächlich vorkommen.
Über eineinhalb Jahre erfassten die Forscher Zecken, die von ca. 6.300 Hunden und etwa 4.200 Katzen eingesammelt und von kooperierenden Tierarztpraxen eingeschickt wurden. Dokumentiert wurde unter anderem, wann die Parasiten auf den Tieren gefunden wurden, in welcher Region die Hunde und Katzen lebten und um welche Zeckenarten es sich handelte.
Insgesamt wurden zwischen März 2020 und Oktober 2021 19.514 Zecken aus Deutschland und Österreich eingesendet. Hiervon stammten 10.287 Exemplare (53 %) von Hunden, 8.005 von Katzen (41 %) und 1.222 von anderen Arten (6 %). Die in Deutschland am häufigsten von Hunden gesammelten Zeckenarten waren Ixodes (I.) ricinus (79 %) und Dermacentor (D.) reticulatus (18 %), während auf Katzen hauptsächlich I. ricinus (92 %) und I. hexagonus (5 %) gefunden wurden.
Die drei am häufigsten gefundenen Zeckenarten in Deutschland bei Hunden und Katzen.
Durchschnittlich wurden pro Hund 1,62 Zecken und pro Katze 1,88 Zecken gefunden. Katzen waren signifikant häufiger von Mehrfachbefall betroffen, wobei der Rekordhalter aber ein Hund mit 96 Zecken war. Die durchschnittliche Verweildauer der weiblichen I. ricinus-Exemplare betrug 78,8 Stunden bei Hunden und 82,7 Stunden bei Katzen. Darüber hinaus wurde eine ganzjährige Zeckenexposition bestätigt, wobei zwischen Dezember 2020 und Februar 2021 im Durchschnitt 108 D. reticulatus und 70 I. ricinus pro Monat eingesendet wurden.
Die Studie zeigt ein ganzjähriges Zeckenbefallsrisiko auf, wobei insbesondere D. reticulatus und I. ricinus im Winter aktiv sind. Auch bestätigte sich das weit verbreitete Vorkommen von D. reticulatus in Deutschland. Diese Zeckenart – auch als Auwaldzecke bekannt – ist Überträger der für Hunde tödlichen Infektionskrankheit Babesiose. Früher kam D. reticulatus in Deutschland nur in einigen Regionen im Osten und Südwesten vor, aber seit einiger Zeit breitet sie sich zunehmend aus. Diese Zeckenart ist außerdem schon bei Temperaturen um null Grad aktiv; ihre zunehmende Ausbreitung könnte also dazu führen, dass die Zeckenaktivität in der kühlen Jahreszeit noch weiter ansteigt. Die Autoren schreiben: „Eine angemessene Zeckenbekämpfung ist in Anbetracht der kürzeren Wirkungsdauer verschiedener Akarizide gegen D. reticulatus unerlässlich und kann die weitere Ausbreitung der in Deutschland bereits zunehmenden Hundebabesiose eindämmen.“
Darüber hinaus würden der hohe Mehrfachbefall und die lange durchschnittliche Verweildauer von mehr als drei Tagen auf ein erhebliches Übertragungsrisiko Zecken-übertragbarer Erkrankungen hindeuten. Hierzu gehören die für Hunde und Katzen gefährliche Anaplasmose und die Lyme-Borreliose, die von I. ricinus übertragen werden, sowie die Frühsommer-Meningoenzephalitis.
Aufgrund der komplementären und sich ausbreitenden Aktivitätsmuster der beiden Zeckenarten D. reticulatus und I. ricinus könne keine Jahreszeit mehr als Zeitraum mit vernachlässigbarem Zeckenbefallsrisiko angesehen werden. Die Autoren empfehlen deshalb eine ganzjährige Anwendung zugelassener Akarizide bei Hunden und Katzen.
Grafik erstellt mit biorender.com
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