Ab 45 Jahren schnarcht jeder Zweite. Doch wann muss man als Arzt ran und welche Möglichkeiten gibt es? Ein Leitfaden im Schnelldurchlauf.
Viele Männer und Frauen leiden unter Schnarchen – 62 % der Männer sowie 45 % der Frauen zwischen 45 und 54 Jahren. Aufgrund der Häufigkeit und der Belastung der Betroffenen bzw. ihrer Partner sollte eine ausführliche Beratung, Diagnostik und ggf. Therapie erfolgen. Wichtig ist, zu unterscheiden, ob ein eigenständiges Schnarchen vorliegt oder das Schnarchen das Leitsymptom einer obstruktiven Schlafapnoe (OSA) darstellt. Letztere muss behandelt werden, während ein reines Schnarchen (Rhonchopathie) für den Betroffenen kein Gesundheitsrisiko ist und daher nicht notwendigerweise behandelt werden muss.
Nach der International Classification of Sleep Disorders kann die Diagnose Schnarchen gestellt werden, wenn der Betroffene bzw. der Partner über atmungsabhängige (i.d.R. inspiratorische) akustische Phänomene während des Schlafens berichtet. Gleichzeitig darf der Betroffene nicht über auf das Schnarchen zurückzuführende Schlafstörungen klagen und mittels schlafmedizinischer Diagnostik muss eine andere schlafbezogene Atemstörung ausgeschlossen worden sein.
Durch Weichteilvibrationen (Oszillationen) im Bereich der oberen Atemwege (v.a. Weichgaumen mit Uvula, seitlicher Pharynx, Zungengrund, selten im Larynx) entsteht aus einer laminaren eine turbulente Strömung, oft bedingt durch Schleimhautüberschuss an diesen Strukturen. Anhand der Frequenz der Schnarchgeräusche können Rückschlüsse auf den Ort der Entstehung gezogen werden. Niederfrequente Schnarchgeräusche (100 bis 300 Hz) deuten auf den Weichgaumen hin, mittelfrequente (500Hz) auf die Epiglottis und hochfrequente (über 1000 Hz) auf den Zungengrund. Wichtig für die Therapie ist, dass Schnarchgeräusche üblicherweise nicht in der Nase entstehen!
Als erstes sollte eine genaue Anamnese erfolgen, ggf. unter Einbeziehung von Fragebögen. Das Auftreten im Zeitverlauf sowie während der Nacht sollte ebenso erfragt werden, wie auslösende Faktoren/Risikofaktoren (Alkohol, Nikotin, Nasenatmungsbehinderung, Allergien) und die Art des Schnarchens. Weiterhin sollten – insbesondere zur Abgrenzung von einer OSA – schlafbezogene Atmungspausen, Tagesschläfrigkeit, Leistungs- und Konzentrationsminderung und natürlich relevante Komorbiditäten (kardiale und vaskuläre Erkrankungen, Übergewicht, Diabetes mellitus u.a.) erfasst werden.
Die klinische, HNO-ärztliche Untersuchung sollte gezielt nach Veränderungen der oberen Atemwege suchen, die für die Entstehung der Schnarchgeräusche verantwortlich gemacht werden können. Dazu gehört die Beurteilung von Nase und Nasopharynx (insbesondere, wenn der Patient zusätzlich eine Nasenatmungsbehinderung angibt) und des Oropharynx. Dieser kollabiert leicht und ist somit eine Prädilektionsstelle für die Entstehung von Schnarchgeräuschen. Zudem sollte eine Beurteilung des Hypopharynx und Larynx sowie der Zunge und des Zungengrundes erfolgen. Auch eine Einschätzung der Morphologie des Gesichtsschädels gehört dazu. Technische Untersuchungen wie Rhinomanometrie und Allergiediagnostik können im Einzelfall bei entsprechenden Beschwerden sinnvoll sein. Bei der medikamenteninduzierten Schlafendoskopie können die oberen Atemwege in einem schlafähnlichen Zustand beobachtet werden. Eine solche Topodiagnostik wird insbesondere zur Planung einer chirurgischen Therapie durchgeführt.
Wie bereits oben erwähnt, ist die Abgrenzung zur OSA entscheidend. Daher empfiehlt die Leitlinie, dass eine objektive schlafmedizinische Untersuchung (Polygraphie) bei V.a. schlafbezogene Atemstörungen oder relevanten Komorbiditäten erfolgen sollte. Zudem auch, wenn ein Therapiewunsch bzgl. des Schnarchens besteht.
Reines Schnarchen wird aktuell nicht als Erkrankung angesehen, daher gibt es keine medizinische Notwendigkeit zur Therapie. Der Therapiewunsch der Betroffenen ist entscheidend.
Unterschiedliche konservative Verfahren können Schnarchern angeraten werden, bevor invasive Verfahren in Erwägung gezogen werden. Die Schlafhygiene ist hier ein wichtiger Punkt: Nikotinverzicht, regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus und kein abendlicher Alkoholkonsum. Übergewichtigen Patienten sollte eine Gewichtsreduktion empfohlen werden. Auch Kissen zur Verhinderung der Rückenlage können bei Schnarchen, das mit der Rückenlage assoziiert ist, versucht werden. Bei einer Nasenatmungsbehinderung aufgrund von Allergien kann eine Therapie mit topischen Steroiden Erleichterung bringen; bei einer Engstelle im Bereich der Nasenklappe können nasale Dilatatoren versucht werden.
Eine Therapie mit Unterkieferprotrusionsschienen (UPS) kann zu einer deutlichen Reduktion des Schnarchens führen. Allerdings sollten die Patienten genau ausgewählt werden; die Überprüfung des maximalen Unterkiefervorschubs und der individuelle Zahnstatus sind entscheidend. Eine zahnärztliche und schlafmedizinische Anpassung und Kontrolle der UPS werden empfohlen.
Da zu den verschiedenen operativen Verfahren wenig bis keine Langzeitergebnisse vorliegen, werden in der Leitlinie zur Therapie des reinen Schnarchens minimal-invasive Verfahren empfohlen.
Bei Schnarchern, die zusätzlich unter einer Nasenatmungsbehinderung leiden, können rhinochirurgische Eingriffe (Septumplastik, Verkleinerung der Nasenmuscheln) zu einer Verbesserung der subjektiven Schnarchintensität führen. Da die Nase aber in den allermeisten Fällen nicht am Schnarchen beteiligt ist, ist eine alleinige Nasenoperation bei Schnarchern nicht erfolgsversprechend. Daher sollte eine Nasenoperation nur Schnarchern, die zusätzlich eine Nasenatmungsbehinderung angeben, angeboten werden. Lediglich eine auffällige Anatomie ohne Beschwerden reicht nicht für eine OP-Indikation.
Je nach anatomischem Befund sind verschiedene operative Eingriffe möglich, die möglichst schonend und funktionserhaltend sein sollen. Die Radiofrequenztherapie am Weichgaumen führt über Narbeninduktion zu einer Versteifung des Gewebes und hat eine Erfolgsquote von 86 %. Die Uvulapalatoplastik (UPP, Resektion von überschüssiger Weichgaumenschleimhaut) wird oft in Kombination mit der Radiofrequenztherapie durchgeführt und wird ebenfalls in der Leitlinie empfohlen. Die Kombination mit der Tonsillektomie (UPPP, Uvulapalatopharyngoplastik) sollte nur bei strenger Indikationsstellung durchgeführt werden, da die Komplikationsraten deutlich höher sind, als bei der alleinigen UPP. Stellt der Weichgaumen die vermutete Ursache des Schnarchens dar, sollten o.g. Verfahren bei Behandlungswunsch empfohlen werden.
In Einzelfällen können geringinvasive Verfahren am Zungengrund (Reduktion der Zungengrundtonsille, Radiofrequenzchirurgie) sinnvoll sein.
Bei allen Verfahren sollte eine Nachuntersuchung nach mehreren Monaten und einem Jahr durchgeführt werden.
Bildquelle: Braydon Anderson, Unsplash