Inhalative Steroide sind in den COPD-Leitlinien nach hinten gerückt – doch viele wünschen sich bessere Daten. Eine neue Registerstudie stützt die LAMA-LABA-Kombo.
Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) ist die Kombination aus langwirksamen Beta-2-Mimetika (LABA) und langwirksamen Anticholinergika (LAMA) für die meisten Patienten mit mehr als nur leichter Symptomatik gesetzt. Die Nationale VersorgungsLeitlinie COPD sieht die LAMA-LABA-Kombination ab mittelgradiger Symptomatik bzw. generell, wenn Exazerbationen im Vordergrund stehen, als indiziert an. Inhalative Steroide (ICS) kamen bisher erst als Kombinationspartner ins Spiel, wenn die LAMA-LABA-Kombination nicht ausreicht, insbesondere bei höheren Eosinophilen-Werten.
Immer wieder wird allerdings darauf hingewiesen, dass es insbesondere hinsichtlich ICS-haltiger Kombinationen noch Datenlücken bzw. teilweise widersprüchliche Studiendaten gebe. Das hat vor allem mit den Triple-Therapie-Studien der letzten Jahre zu tun, die hinsichtlich Exazerbationen Vorteile gegenüber Zweifachkombinationen gezeigt hatten. Vor diesem komplexen Studienhintergrund ist eine große, Propensity-Score-gematchte Analyse von US-Abrechnungsdaten von Interesse, die jetzt von Dr. William Feldman von der Pharmakoepidemiologie am Brigham and Women’s Hospital der Harvard Universität in Boston in JAMA Internal Medicine publiziert wurde. Die Frage war, ob LAMA-LABA- oder LABA-ICS-Kombinationen günstiger im Hinblick auf den klinischen Verlauf der Erkrankung sind.
Eine solche Analyse steht und fällt mit der Vergleichbarkeit der Gruppen, daher wurde beim Matching relativ viel Aufwand betrieben. Grundgesamtheit war die Abrechnungsdatenbank Optum Clinformatics Data Mart. Primärer Suchparameter waren Patienten mit diagnostizierter COPD, bei denen zwischen 2014 und 2019 entweder eine LAMA-LABA- oder eine LABA-ICS-Kombination neu begonnen worden war. Das war bei knapp 140.000 Patienten der Fall, aus denen dann etwas über 30.000 gematchte Patientenpaare gebildet wurden. Das Propensity-Score-Matching berücksichtigte unter anderem Geschlecht, Zahl der moderaten und der schweren Exazerbationen, GOLD-Stadium, Umfang der Begleittherapie mit kurzwirksamen inhalativen Präparaten, Sauerstoffbedarf, Krankenhauseinweisungen, Antibiotikaverordnungen, Verordnungen von Steroiden aller Art und anderes mehr.
Primärer Effektivitätsendpunkt waren moderate oder schwere COPD-Exazerbationen, primärer Sicherheitsendpunkt Krankenhauseinweisungen wegen Pneumonie. In beiden Dimensionen schnitt die LAMA-LABA-Kombination klar besser ab als die LABA-ICS-Kombination. Konkret war die LAMA-LABA-Kombination mit 8 % weniger moderaten oder schweren, ersten COPD-Exazerbationen vergesellschaftet (HR 0,92; 95 % CI 0,89–0,96). Deutlicher fiel der Vorteil beim Sicherheitsendpunkt aus. Die Rate erster Krankenhauseinweisungen wegen Pneumonie war um ein Fünftel geringer, wenn auf das ICS verzichtet wurde (HR 0,80; 95 % CI 0,75–0,86). Um die Ergebnisse weiter zu erhärten, wurden noch diverse Subgruppen untersucht und Sensitivitätsanalysen durchgeführt, die alle dafür sprächen, dass die Ergebnisse sehr robust seien, so die Wissenschaftler um Feldman.
Insgesamt bestätigt diese Real-World-Studie damit die derzeitigen Leitlinienempfehlungen, wonach ICS-haltige Kombinationstherapien nicht primär verordnet werden sollten. Die Ergebnisse sind auch grob im Einklang mit der randomisierten FLAME-Studie, die 2016 den Schwenk weg von den ICS-haltigen Kombinationen mit ausgelöst hatte. Allerdings war der Unterschied in der Effektivität zugunsten der ICS-freien Kombinationen in der FLAME-Studie größer als jetzt in den Real-World-Daten. Das wiederum passt eher zu den 2018 bzw. 2020 publizierten, randomisierten Triple-Therapie-Studien IMPACT und ETHOS, die hinsichtlich Exazerbationen Vorteile der zusätzlichen Gabe von ICS gefunden hatten.
Zumindest indirekt untermauert die Analyse mit ihrem doch deutlich erhöhten Pneumonie-Risiko auch die Leitlinienempfehlung, bei bestehender ICS-Therapie einen Absetzversuch zu unternehmen. Tatsächlich waren Pneumonien mit Krankenhauseinweisungen in dieser Analyse in beiden Kohorten mehr als doppelt so häufig wie schwere Exazerbationen. In der ICS-LABA-Kohorte kam es zu 104 Krankenhauseinweisungen wegen Pneumonie pro 100 Patientenjahre, aber „nur“ zu 47 schweren Exazerbationen. In der LAMA-LABA-Kohorte waren es 82 Pneumonie-Einweisungen und 40 schwere Exazerbationen.
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