Die Berührung einer anderen Person kann den Oxytocinspiegel erhöhen – aber die Beziehung zueinander und der Kontext sind entscheidend. Forscher fanden heraus, dass nicht nur wichtig ist, mit wem man kuschelt, sondern auch wann.
Die Umarmung eines Elternteils, eine warme Hand auf der Schulter oder die Liebkosung eines Liebespartners sind Beispiele dafür, wie Berührungen soziale Bindungen zwischen Menschen stärken und Gefühle beeinflussen können. Studien an Tieren zeigten bereits, dass das Hormon Oxytocin mit Berührung und sozialer Bindung in Verbindung steht. Welche Rolle Oxytocin in sozialen Interaktionen beim Menschen spielt und wie dieses Hormon das Gehirn beeinflussen kann bzw. von ihm beeinflusst wird, ist jedoch nicht abschließend geklärt.
Um dies näher zu beleuchten, haben Forscher untersucht, was im menschlichen Körper passiert, wenn wir eine sanfte Berührung spüren. Dazu nahmen 42 Frauen an einer Studie teil: Das Experiment bestand darin, dass der männliche Partner der Frau ihren Arm mit seiner Hand streichelte, während ihre Gehirnaktivität durch eine funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI) gemessen wurde. Außerdem wurden wiederholt Blutproben entnommen, um festzustellen, ob sich der Oxytocinspiegel im Blut der Frau im Laufe der Zeit veränderte. Durch die Kombination der verschiedenen Messungen konnten die Forscher untersuchen, ob der Hormonspiegel mit der Gehirnaktivität zusammenhängt.
Bei der Hälfte der Experimente war es ihr Partner, der ihren Arm streichelte, bei der anderen Hälfte war es ein unbekannter, nicht bedrohlicher Mann, der ihren Arm auf dieselbe Weise berührte. Die teilnehmenden Frauen wurden darüber informiert, wer sie streichelte. Die Messwerte aus der sozialen Interaktion zwischen der Frau und ihrem Partner wurden dann mit der Interaktion mit dem Fremden verglichen.
„Unsere Grundfrage war, ob der Oxytocinspiegel höher ist, wenn der Partner der Frau ihren Arm berührt, als wenn es ein Fremder tut. Die Antwort war ja – aber nur, wenn ihr Partner als erster ihren Arm streichelte“, sagt Studienautorin Prof. India Morrison. „Wir haben also gesehen, dass die Oxytocin-Reaktion des Körpers auf eine Berührung von der Situation beeinflusst wird: Von dem, was ein paar Augenblicke zuvor passiert ist und mit wem die Interaktion stattfindet. Das Hormon funktioniert nicht wie ein An/Aus-Knopf, sondern eher wie ein Dimmschalter“, so Morrison.
Die Forscher fanden heraus, dass der Oxytocinspiegel der Frauen während der sozialen Interaktion zunächst anstieg, dann abfiel und erst wieder anstieg, als der Fremde das Gleiche tat, wenn ihr Partner der Erste war. Wenn jedoch der Fremde sie zuerst berührte, änderte sich der Oxytocinspiegel nicht. Und als ihr Partner dann ihren Arm streichelte, kam es nur zu einem leichten Anstieg. Die Veränderungen des Oxytocinspiegels waren mit der Aktivität in den Hirnregionen verbunden, die für die Kontextualisierung von Ereignissen wichtig sind.
„Man sollte bedenken, dass es auf den Kontext ankommt, zum Beispiel bei der Verabreichung von synthetischem Oxytocin in Form eines Nasensprays als Teil der Behandlung von stimmungsbeeinflussenden Erkrankungen“, resümiert Prof. Morrison.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung des Schwedischen Forschungsrast – The Swedish Research Council. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Pablo Merchán Montes, unsplash