Ein etabliertes und günstiges Medikament könnte die orale Akne-Therapie aufmischen: Bühne frei für Spironolacton! Doch halt – wie gut wirkt’s wirklich und was ist eigentlich mit Nebenwirkungen?
Acne vulgaris plagt nicht nur Teenager – besonders Frauen sind teilweise noch im Erwachsenenalter von der Hauterkrankung betroffen. Neben topischen Therapieoptionen wie Retinoiden, Benzoylperoxid, Fruchtsäuren und Antibiotika stehen auch Wirkstoffe zur oralen Gabe zur Verfügung. Klassiker sind hier Isotretinoin oder Tetrazykline wie Lymecyclin und Doxycyclin. Eigentlich eine Menge Optionen, aber so ganz zufriedenstellend ist die Therapiesituation trotzdem nicht: Antibiotikaresistenzen sind ein Stichwort, Teratogenität ein zweites und auch in Sachen Wirksamkeit bleiben noch Wünsche offen.
Mit einer aktuellen UK-Studie bringt sich jetzt eine (nicht mehr ganz so) neue Option (wieder) ins Spiel, nämlich Spironolacton. Der Wirkstoff gehört zu den steroidalen Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten. Er wird in der Therapie von Herzinsuffizienz und Leberzirrhose sowie Bluthochdruck, außerdem bei primärem und sekundärem Hyperaldosteronismus eingesetzt. Im dermatologischen Bereich findet er bereits seit einigen Jahren unter anderem bei Akne, Haarausfall, Hidradenitis suppurativa und Hirsutismus Verwendung – allerdings off-label. Ob sich das mit den neuen Daten nun ändern wird, ist fraglich. „Meine persönliche Meinung: Das Medikament greift aktiv in den Hormonhaushalt ein und kann zu vielen starken Nebenwirkungen führen. Daher sollte weiterhin die in-label topische Therapie bevorzugt werden“, so Dr. Alice Martin, Hautärztin in Weiterbildung, auf Anfrage der DocCheck News.
Aber eins nach dem anderen: Die multizentrische, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie schloss 410 Probandinnen ein, die randomisiert der Spironolacton- (50 mg/Tag, n = 201) oder Placebo-Gruppe (n = 209) zugeordnet wurden. Die Spironolacton-/Placebo-Dosis wurde in der sechsten Studienwoche auf 100 mg/Tag bis zum Studienende nach 24 Wochen erhöht; topische Behandlungen der Akne durften über den Studienzeitraum beibehalten werden. Es fanden drei klinische Kontrolltermine (zu Studienbeginn, nach 6 und 12 Wochen, auch virtuell) statt. Nach Abschluss der Studie füllten die Teilnehmerinnen einen Fragebogen aus, in dem sie die Symptomatik ihrer Akne und ihre Zufriedenheit mit dem Medikament bewerteten. Ein Follow-up-Fragebogen wurde nach 6 Monaten angeschlossen. Primärer Endpunkt war der Score auf der Acne-Specific Quality of Life (Acne-QoL)-Skala in Studienwoche 12, wobei höhere Werte eine verbesserte Lebensqualität bedeuten (Score von 0–30). Sekundäre Endpunkte waren die Acne-QoL in Studienwoche 24, die selbstberichtete Verbesserung der Symptomatik, der Score auf der Investigator’s Global Assessment-Skala (IGA) zum Erfolg der Therapie und unerwünschte Nebenwirkungen.
Das Durchschnittsalter zu Studienbeginn lag bei 29,2 Jahren. Die Werte der Acne-QoL-Skala verbesserten sich in beiden Gruppen, bei Spironolacton aber stärker. Die durchschnittlichen Acne-QoL-Symptomwerte lagen zu Studienbeginn bei 13,2 (Standardabweichung 4,9) und nach 12 Wochen bei 19,2 (6,1) für Spironolacton und bei 12,9 (4,5) und 17,8 (5,6) für Placebo (Unterschied zugunsten von Spironolacton: 1,27 (95 % KI 0,07–2,46), bereinigt um die Variablen bei Studienbeginn). In Woche 24 betrugen die Werte 21,2 (5,9) für Spironolacton und 17,4 (5,8) für Placebo (Differenz 3,45 (95 % KI 2,16–4,75), bereinigt).
Mittlerer Wert der Acne-QoL nach Zeitpunkten für jede Behandlungsgruppe. Credit: Santer et al.
In der Spironolacton-Gruppe berichteten mehr Teilnehmer über eine Verbesserung der Akne als in der Placebo-Gruppe: In Woche 12 wurde kein signifikanter Unterschied festgestellt (72 % vs. 68 %, OR 1,16 (95 % KI 0,70–1,91)), in Woche 24 hingegen schon (82 % vs. 63 %, 2,72 (1,50–4,93)). Die Autoren errechneten eine Number-Needed-To-Treat von 5 (95 % KI 3–12) nach 24 Wochen. Unerwünschte Wirkungen traten in der Spironolacton-Gruppe etwas häufiger auf, vor allem Kopfschmerzen wurden vermerkt (20 % gegenüber 12 %; p = 0,02). Es gab keine schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen. Die Autoren fassen zusammen, dass Spironolacton damit eine brauchbare Alternative zur Gabe oraler Antibiotika bei Frauen mit Akne sei.
Warum nur Frauen eingeschlossen wurden? „Dieses Medikament ist nicht für die Behandlung von Akne bei Männern geeignet, da es die Produktion der männlichen Hormone unterdrückt. Spironolacton hemmt das Enzym Cytochrom P450, blockiert die 5-Alpha-Reduktase und stimuliert die Produktion von SHBG“, erklärt Martin. Die Autoren untersuchten auch einige Untergruppen der Studie und stellten fest, dass das Alter der Probandinnen eine Rolle spielt. Spironolacton scheint besonders ab 25 Jahren anzuschlagen; allerdings waren nur 44 Frauen unter 25 Jahren eingeschlossen und das Fazit sei somit nicht definitiv. Auch Probandinnen mit polyzystischem Ovar-Syndrom, eine weitere Subgruppe der Studie, profitierten von der Behandlung mit Spironolacton. Die Wirkung war außerdem unabhängig vom Ausgangsschweregrad der Akne, vom Body-Mass-Index, von der ethnischen Gruppe sowie von topischen Behandlungen oder Hormontherapien.
Die Autoren halten fest, dass ein kombinierter Ansatz aus oralem Spironolacton und topischen Wirkstoffen die langfristige Verschreibung oraler Antibiotika reduzieren könne – und so bakterielle Resistenzen verringere. Eine längere Behandlung mit Spironolacton scheint hier von größerem Nutzen zu sein als eine kürzere Therapie. Essenziell sei die Verhütung, wie auch Martin betont: „Eine alleinige Verschreibung von Spironolacton für Akne-Patientinnen im gebärfähigen Alter ist aufgrund möglicher feminisierender Effekte auf den Fetus während einer Schwangerschaft nicht zugelassen.“
Die Teilnehmerinnen der Studie wurden bei jedem Kontrolltermin zu diesem Thema beraten, zum Studienbeginn wurde ein Schwangerschaftstest durchgeführt. Die Autoren relativieren das Risiko: Spironolacton sei in der Schwangerschaft wahrscheinlich weniger problematisch als orale Tetrazykline. Unabhängig vom Thema Schwangerschaft sollten vor Beginn einer Spironolacton-Therapie Nierenfunktion und Kaliumspiegel überprüft werden, eine weitere Überwachung sei dann (bei normaler Nierenfunktion) aber nicht nötig. Zwei weitere Spironolacton-Studien mit einer höheren Startdosis (100 mg und 150 mg) laufen derzeit; das könnte demnächst eine Meta-Analyse mit größerer Aussagekraft ermöglichen, um die Auswirkungen innerhalb bestimmter Untergruppen wie Alter, BMI und ethnische Zugehörigkeit, weiter zu untersuchen, hoffen die Autoren.
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