COPD-Patienten leiden oft an verschleimten Atemwegen, doch Leitlinien empfehlen mukolytische Therapien nicht. Warum Patienten trotzdem davon profitieren könnten.
Bei der Therapie der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) gab es ist in den letzten Jahrzehnten wenig Fortschritt. Als Basistherapie kommen Bronchodilatatoren und, je nach Schweregrad, auch inhalative Glukokortikoide zum Einsatz. Gegen den Schleim, der die Atemwege von vielen COPD-Patienten verstopft, haben Mediziner aber wenig in der Hand. Die Datenlage bezüglich Mukolytika bei COPD ist ziemlich durchwachsen und ihr Einsatz wird in den Leitlinien nicht empfohlen. Der Grund ist, dass sich die Symptome unter Schleimlösern oft nur geringfügig bessern und sie keine positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität haben. Doch wie Forscher in einer neuen Studie jetzt zeigen, könnte es sich trotzdem lohnen, dem Schleim den Kampf anzusagen.
In ihrer retrospektiven Beobachtungsanalyse haben die Forscher vom Brigham and Women’s Hospital untersucht, wie sich das Vorkommen von Schleimpfropfen bei COPD-Patienten auf die Sterblichkeit auswirkt. Dazu analysierten sie die Daten der COPDGene-Studie – einer groß angelegten klinischen Studie, die darauf abzielte, die zugrundeliegenden genetischen Risikofaktoren von COPD zu untersuchen. In ihre Analyse, deren Ergebnisse im JAMA erschienen sind, schlossen sie Daten von über 4.000 dieser Patienten in verschiedenen Stadien von mild bis schwer ein.
Um festzustellen, welche Patienten Schleimpfropfen hatten, analysierten die Forscher CT-Scans der Brust der Patienten, die bei ihrem ersten Besuch in der Klinik durchgeführt wurden. Durch die Durchführung von CT-Scans bei allen Patienten unabhängig von ihren selbstberichteten Symptomen konnten die Forscher auch bei Patienten, die sich nicht krank fühlten, Schleimpfropfen finden. Die Forscher teilten die Schleimpfropfen, die in mittelgroßen bis großen Atemwegen gefunden wurden, in verschiedene Kategorien von null, ein bis zwei, oder drei oder mehr ein – je nachdem wie viele Lungensegmente durch den Schleim verstopft waren.
Die Forscher stellten fest, dass im Verlauf der Studie die Sterblichkeitsrate für COPD-Patienten ohne nachweisbare Schleimpfropfen bei 34 Prozent lag (95 % KI, 32,2 %–35,8 %). Bei Patienten mit Schleimpfropfen in bis zu zwei Lungenabschnitten stieg die Sterblichkeitsrate hingegen auf 46,7 Prozent (95% CI, 43,5%–49,9%). Bei Patienten mit Pfropfen in drei oder mehr Lungenabschnitten betrug die Sterblichkeitsrate 54,1 Prozent (95% CI, 50,7%–57,4%).
Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, kann man natürlich nicht direkt schlussfolgern, dass Schleimpfropfen bei COPD zum Tod führen. Hauptautor der Studie Alejandro A. Diaz, leitender Wissenschaftler in der Abteilung für Lungen- und Intensivmedizin am Brigham, findet die Ergebnisse aber dennoch wichtig: „Als chronische Krankheit kann COPD nicht geheilt werden, aber unsere Ergebnisse legen nahe, dass der Einsatz von Therapien zur Auflösung dieser Schleimpfropfen die Ergebnisse für COPD-Patienten verbessern könnte, was die nächstbeste Option ist.“
Schleim sei etwas, über das bereits viel aus der Grundlagenforschung bekannt sei, und es gäbe auch viele Therapien, die sich gegen Schleim richten und entweder bereits existieren oder für andere Krankheiten in der Entwicklung seien. „Daher handelt es sich um ein äußerst vielversprechendes Ziel“, so Diaz. Interessant sei zudem, dass Aspekte des COPD-Verlaufs mittels einer CT-Untersuchung erfasst werden können, auch wenn der Patient keine Symptome verspürt.
Die Forscher planen als nächstes, bestehende mukolytische Therapien an Menschen mit COPD zu testen, um festzustellen, ob diese Behandlung positive Auswirkungen auf die Patienten haben könnte.
Quellen
Diaz A et al., Airway-Occluding Mucus Plugs and Mortality in Patients With Chronic Obstructive Pulmonary Disease. JAMA, 2023. doi:10.1001/jama.2023.2065
Poole P et al., Mucolytic agents versus placebo for chronic bronchitis or chronic obstructive pulmonary disease. Cochrane Database of Systematic Reviews, 2019. https://doi.org/10.1002/14651858.CD001287.pub6
S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie COPD
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