Die Ösophagusfistel ist eine seltene, aber gefürchtete Komplikation der Katheterablation. Wie oft sie tatsächlich auftritt und wie sie sich verhindern lässt, haben Forscher jetzt untersucht.
Die Pulmonalvenenisolation ist die weltweit am häufigsten durchgeführte Katheterablation und der Goldstandard in der interventionellen Behandlung von Vorhofflimmern. Eine Ösophagusfistel ist das Ergebnis einer thermischen Schädigung der Speiseröhre oder umgebender Strukturen während der Katheterablation von Vorhofflimmern – eine seltene, aber gefürchtete Komplikation.
Frühere Berichte deuten darauf hin, dass die Inzidenz zwischen 0,016 % und 0,15 % liegt, mit einer Mortalität von 50–83 %, allerdings waren viele dieser früheren Studien klein, sodass Zweifel an der tatsächlichen Inzidenz der Komplikation bestehen. Darüber hinaus ist die Datenlage spärlich, wie die Speiseröhre behandelt wird oder wie es diesen Patienten bei der Behandlung ergeht. Um das Auftreten und die Folgen der Komplikation besser zu verstehen, bedurfte es einer Aufarbeitung der Kenntnislage zu diesem Thema. Mit der aktuellen POTTER-AF-Studie von Prof. Roland Tilz und seinem Team aus dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, soll diese Lücke geschlossen werden.
Das Forscherteam der POTTER-AF-Studie bewertete die Inzidenz postoperativer Ösophagusfisteln in 214 erfahrenen Elektrophysiologiezentren auf fünf Kontinenten. Die Ergebnisse der POTTER-AF-Studie wurden auf dem diesjährigen EHRA-Kongress in Barcelona vorgestellt und parallel dazu erfolgte eine Publikation der Daten im European Heart Journal. Insgesamt wurden zwischen 1996 und 2022 553.279 Patienten wegen Vorhofflimmern oder Vorhoftachykardie einer Ablation unterzogen. Die Mehrheit der Patienten wurde mit Hochfrequenzenergie (62,9 %) abladiert, gefolgt von ballonbasierter Kryoenergie (36,3 %).
Insgesamt betrug die Inzidenz von Ösophagusfisteln 0,025 %, wobei es je nach Energiequelle signifikante Risikounterschiede gab: 0,038 % bei der Radiofrequenzablation gegenüber 0,0015 % bei Pulmonalvenenisolation mit dem Kryoballon (P < 0,0001). Nach der Ablation betrug die mittlere Zeit bis zum Auftreten von Symptomen 18 Tage, wobei dieser Zeitraum zwischen 0 und 60 Tagen schwankte, während die mittlere Zeit vom Eingriff bis zur Diagnose 21 Tage betrug (Range: 2 bis 63 Tage). Das häufigste klinische Erscheinungsbild war Fieber (59,2 %), gefolgt von Brustschmerzen/Schluckbeschwerden (54,2 %) und neurologischen Ausfällen (44,1 %). Auch verzögerte Komplikationen kamen sehr häufig vor, wobei mehr als jeder zweite Patient eine schwere Sepsis oder einen septischen Schock entwickelte.
Darüber hinaus fielen 46,7 % der Patienten mit Ösophagusfistel ins Koma, während 23,4 % einen Schlaganfall oder eine Hirnblutung erlitten. Jeder fünfte Patient erlitt einen Herzstillstand. Zur Diagnosesicherung wurde bei 80,2 % der Patienten ein CT des Thorax durchgeführt. Alle Patienten wurden zunächst mit Antibiotika behandelt. Nach der Diagnose wurden jedoch 47,4 % operiert und ein Drittel konservativ behandelt. Jeder fünfte Patient hatte einen endoskopischen Eingriff und erhielt meist einen Ösophagusstent. Insgesamt starben 65,8 % der Patienten, die nach der Katheterablation eine Ösophagusfistel hatten. Von den konservativ behandelten Personen verstarben 89,5 % während der Nachuntersuchung. Im Gegensatz dazu verstarben 51,9 % bzw. 56,5 % der chirurgisch bzw. endoskopisch behandelten Personen in der Nachuntersuchung.
Eine Multivariablenanalyse stellte prognostische Zusammenhänge her. Demnach waren eine Temperaturmessung während der Ablation, eine bewusste Sedierung während der Ablation und die Behandlung der Ösophagusfistel mittels Ösophaguschirurgie mit einer signifikant besseren Überlebenschance verknüpft. Vor allem bei Verwendung des Kryoballons für die Ablation würden häufig Sonden zur Ermittlung der Temperatur im Ösophagus eingesetzt, so die Forschergruppe um Tilz. Dabei werde empfohlen, eine Temperatur von -60 °C nicht zu unterschreiten. In der Studie seien jedoch auch Werte von -69 °C dokumentiert worden. Bei Eingriffen per Laser wiederum könne die maximale Laserenergie eine Bedeutung haben. Diese sei in POTTER-AF jedoch nicht über 10 Watt hinausgegangen, was den Empfehlungen entspreche.
Nach Tilz et al. können durch den Einsatz von Temperatursonden möglicherweise Verletzungen des Ösophagus durch Überhitzung oder Unterkühlung verhindert werden. Während solche Messgeräte bei der Ablation via Kryoballon relativ häufig angewendet würden, seien sie bei der Radiofrequenz-Ablation weniger oft im Gebrauch. In der POTTER-AF-Studie seien thermische Sonden insgesamt nur bei jeder vierten Ablation zum Einsatz gekommen. Tilz zufolge sei es zudem ein wenig überraschend, dass die Inzidenz von Ösophagusfisteln im Vergleich zu früheren Studien unverändert sei, insbesondere angesichts der Verbesserungen des Verfahrens, einschließlich der Verwendung der Kraftkontakttechnologie, die Echtzeitinformationen über den Katheter-Gewebe-Kontakt liefert.
In der Zusammenschau der Ergebnisse der POTTER-AF-Studie muss allerdings berücksichtigt werden, dass sie auf der Grundlage einer retrospektiven Datenanalyse beruht. Zusätzlich werden mehrere Limitationen erhoben, die eine Selektionsverzerrung bezüglich der kritischen Erkrankung und der verschiedenen Behandlungsstrategien von Patienten mit Ösophagusfistel zeigen. Dennoch stellen die multizentrisch gewonnenen Daten die bislang größte Datenbank zu dieser Thematik dar.
Bei einer Ösophagusfistel nach Katheterablation handelt es sich um eine seltene, aber sehr schwerwiegende Komplikation mit einer hohen Sterblichkeit. Die chirurgische bzw. endoskopische Therapie zeigte in dieser Studie eine höhere Überlebenschance als ein konservatives Vorgehen. Da die Symptome oft unspezifisch sind und erst im Mittel nach 18 Tagen auftreten ist die Diagnosestellung erschwert. Zudem sind die Patienten zu diesem Zeitpunkt in der Regel aus dem Krankenhaus entlassen worden. Tilz betont: „Das Wichtigste ist es, daran zu denken!“
Quellen:
Ghia K. K, et al., A nationwide survey on the prevalence of atrioesophageal fistula after left atrial radiofrequency catheter ablation. J. Interv. Card Electrophysiol, 2008. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18836822/
Gandjbakhch E. et al., Incidence, epidemiology, diagnosis and prognosis of atrio-oesophageal fistula following percutaneous catheter ablation: a French nationwide survey. Europace, 2021. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33221901/
Cappato R. et al., Updated worldwide survey on the methods, efficacy, and safety of catheter ablation for human atrial fibrillation. Circ. Arrhythm. Electrophysiol., 2009. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19995881/
Chavez P. et al., Atrioesophageal fistula following ablation procedures for atrial fibrillation: systematic review of case reports. Open Heart, 2015. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26380098/
Tilz R. R. et al., A worldwide survey on incidence, management and prognosis of oesophageal fistula formation following atrial fibrillation catheter ablation: The POTTER-AF study. Eur. Heart J., 2023. doi: 10.1093/eurheartj/ehad250.
Bildquelle: Matthew Osborn, unsplash