Sie ist für viele ein beliebtes Ritual – die heiße Dusche am Morgen oder nach einem langen Tag. Blöd nur, wenn auf das Wasser ein Kopfschmerz folgt, der sich gewaschen hat. Was passiert hier?
Für viele Menschen ist kaum etwas so entspannend wie eine heiße Dusche. Umso tragischer, wenn sich das beliebte Ritual als fieser Trigger für Kopfschmerz entpuppt – so geschehen bei einer 60-Jährigen aus Sri Lanka. Was war passiert? Kurz nach einer heißen Dusche entwickelte die Frau einen bilateralen, pulsierenden Kopfschmerz, der nach etwa einer halben Stunde zurückging. Am Tag darauf das gleiche Spiel, allerdings hielt der Kopfschmerz diesmal an und schränkte sie zunehmend ein, sie wurde ins Krankenhaus eingewiesen. Die Schmerzen gingen weder mit Übelkeit und Erbrechen noch Licht- oder Geräuschempfindlichkeit einher.
Die Frau berichtet, dass sie vor zwei Jahren einen ähnlichen Kopfschmerz erlebt hatte, ebenfalls nach einer heißen Dusche. Zu der Zeit lebte sie in einer Region mit kühlerem Klima und die Schmerzen besserten sich nach Analgetikagabe, der damals erstellte CT-Scan war unauffällig. Der Kopfschmerz hatte sie danach verschont, sie hatte allerdings auch nicht mehr heiß geduscht – bis ein Warmwasserbereiter in ihrer Wohnung installiert wurde. In ihrer medizinischen Vorgeschichte ist keine Migräne oder eine andere Form von Kopfschmerzsyndrom bekannt, ihre allgemeine und neurologische Untersuchung ist unauffällig. Hämatologische und biochemische Werte, einschließlich Entzündungsmarker, lagen im Normbereich. Die MRT-Bilder des Gehirns, inklusive MRT-Angiographie, waren normal.
Die betreuenden Ärzte behandelten die Frau mit intramuskulärem Pethidin und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), doch die Intensität des Kopfschmerzes ließ erst nach einer Behandlung mit Nimodipin 60 mg/4 Stunden nach, die über drei Wochen fortgesetzt wurde. Die Kopfschmerzen hielten noch drei Tage nach Beginn der Therapie als dumpfe Schmerzen an, es wurden keine Langzeitmedikamente verschrieben. Während des Follow-ups über zwei Jahre berichtete die Patientin nicht über weitere Kopfschmerzen und hat, spannenderweise, auch keine heißen Duschen mehr genommen.
Die Autoren dieses Case Reports versuchen, den Ursachen dieses Bath-Related Headache (BRH) auf die Spur zu kommen. Sie präzisieren, dass in den meisten der insgesamt seltenen Fälle eher ein Temperaturunterschied, als primär das heiße Wasser verantwortlich zu sein scheinen; es sollte also eher von einem „thermischen Wasserkontakt-Kopfschmerz“ die Rede sein. Das Phänomen tritt bei direktem Kontakt von Haut und Wasser auf, wobei offenbar ein Temperaturgefälle zwischen Raum- und Wassertemperatur bestehen muss. Trigger reichen von Duschen und Baden über das Eintauchen in Pools, bis hin zum Kontakt mit Wasserdampf sowie Zähneputzen und Mundausspülen. Der verursachte Schmerz lasse sich als Vernichtungskopfschmerz beschreiben und sei vergleichbar mit dem einer Subarachnoidalblutung. Er trete abrupt auf und erreiche binnen Minuten seinen Höhepunkt als quälender, explosiver oder pulsierender holozephaler Kopfschmerz, so die Berichte.
Bei etwa einem Drittel der Patienten sei der BRH mit anderen Kopfschmerzarten verbunden, wie Spannungskopfschmerz oder Migräne. Warum vor allem Frauen und hier vor allem Asiatinnen betroffen sind, sei unklar. Bisherige Hypothesen bringen Schwankungen der Sexualhormone und genetische Prädispositionen ins Spiel. BRH trete üblicherweise im fünften bis siebten Lebensjahrzehnt auf. Bei vielen Patienten fiel eine multisegmentale Vasokonstriktion, insbesondere der mittleren und hinteren Hirnarterien, auf. Das lasse darauf schließen, dass einige der Fälle auf ein reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom zurückzuführen sind. Der Kalziumkanalblocker Nimodipin, der auch im erwähnten Fall zum Einsatz kam, habe sich bei BRH ohne nachweisbare intrakranielle Gefäßspasmen als wirksam erwiesen. Vereinzelten Berichten zufolge haben sich NSAR und Triptane als Akuttherapie sowie Amitriptylin, Gabapentin, Natriumvalproat und Topiramat als präventive Therapie dagegen nicht als zuverlässig erwiesen. Die Beurteilung der Wirksamkeit werde außerdem durch die hohe Rate an Spontanremissionen der BRH erschwert.
Bislang bleibe also nur: Trigger wie heiße Duschen vermeiden. Das sei für die Patientin, die in einem tropischen Klima lebt, leichter umzusetzen als für Betroffene in kälteren Regionen, räumen die Autoren ein. Möglicherweise könne die Art des Wasserkontakts eine Rolle spielen und statt der Dusche ein langsames Abtauchen in eine Wanne helfen. Es gebe sogar Berichte, in denen sich die Neigung zu BRH spontan zurückbilde. Insgesamt nehme die Zahl an Fällen dieser Art von Kopfschmerz aber zu – was ihre Aufnahme in die International Classification of Headache Disorders (ICHD) rechtfertigen würde, so die Autoren abschließend. Denn die schreibt vor, dass ein Kopfschmerz nach seinem Trigger codiert werden soll, sofern vorhanden und bekannt. Bisher sucht man die BRH dort allerdings vergeblich.
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