Eine Präeklampsie ist für 10–15 % aller maternalen Todesfälle verantwortlich. Frühzeitige Diagnostik rettet Leben und adäquate Therapie vermeidet Komplikationen. Dabei spielt ein Biomarker eine große Rolle.
Eine Präeklampsie tritt bei 3–5 % der Schwangerschaften auf und ist weltweit eine der Hauptursachen für mütterliche und kindliche Morbidität und Mortalität. Deshalb ist es enorm wichtig, die Anzeichen für eine drohende Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen. Neben den klinischen Symptomen kann ein Biomarker (sFlt-1/PIGF-Quotient) aus dem mütterlichen Blut richtungsweisend sein. Mit einem negativen Vorhersagewert von 99,3 % schließt er eine Präeklampsie für die nächsten vier Wochen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Seit dem 01.10.2019 wird von den gesetzlichen Krankenkassen auch im ambulanten Sektor erstattet. Neben der klinischen Einschätzung trägt er entscheidend dazu bei, eine beginnende Gefahrensituation für Mutter und Kind rechtzeitig zu erkennen bzw. eine unnötige Hospitalisierung zu vermeiden.
Werden in der Schwangerschaft erhöhte Blutdruckwerte (≥ 140/90 mm Hg) und mindestens eine neuaufgetretene Organmanifestation diagnostiziert, die keiner anderen Ursache zugeordnet werden können, spricht man von einer Präeklampsie. Typische Organmanifestationen sind:
Der sFlt-1/PIGF-Quotient kann bei klinischem Verdacht auf eine Präeklampsie ab 24+0 SSW im Blut der Schwangeren bestimmt werden. Bei Patientinnen, die eine Präeklampsie entwickeln, ist die plazentare Expression von sFlt-1 (soluble fms-like tyrosine kinase 1) erhöht, der Serumspiegel des PIGF (placental growth factor) ist dagegen erniedrigt. Diese Veränderungen sind bereits vor dem fulminanten Ausbruch einer Präeklampsie messbar.
Das Risiko für eine Präeklampsie ist deutlich erhöht, wenn in einer vorausgegangenen Schwangerschaft bereits eine Präeklampsie vorlag. Hier würde man ab 11+0 SSW bis 35+0 SSW zu 150 mg ASS im off-label-use raten. Auch ein erhöhter BMI oder Diabetes erhöhen das Risiko.
Diagnose und Therapie der Präeklampsie sind aufgrund der unterschiedlichen klinischen Manifestationen nicht immer leicht. In der S2k-Leitlinie Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen: Diagnostik und Therapie (2019) werden als Einweisungskriterium die klinisch gesicherte Präeklampsie mit Blutdruckwerten ≥ 140/90 mm Hg und einer Proteinurie aufgeführt. Weiterhin gelten alleinige Blutdruckwerte ≥ 160 mm Hg systolisch oder ≥ 110 mm Hg diastolisch als Einweisungskriterium. Erhöhte Blutdruckwerte und andere Risikofaktoren wertet die Leitlinie ebenfalls als Einweisungsgrund.
Nicht selten besteht eine diagnostische Unsicherheit. Einerseits möchte niemand ein solch schwerwiegendes Krankheitsbild wie die Präeklampsie verzögert diagnostizieren, andererseits kommt es auch unnötigerweise zu Hospitalisierungen. Dadurch werden Frauen und deren Familien psychisch, sozial und wirtschaftlich belastet. Die Kosten für die Allgemeinheit kann durch den adäquaten Einsatz des Biomarkers gesenkt werden. Zum einen werden beginnende Präeklampsien rechtzeitig erkannt und damit hauptsächlich Leid verhindert, aber als Nebeneffekt auch kostspielige Komplikationen verhindert. Andererseits können überflüssige Klinikaufenthalte reduziert werden.
Es gibt neuere Daten, die darauf hinweisen, dass der sFlt-1/PlGF-Quotient im dritten Schwangerschaftstrimester auch zur Prognose einer fetalen Wachstumsrestriktion geeignet sein könnte. Diese kann auch unabhängig von einer Präeklampsie auftreten und ist mit perinataler Morbidität und Mortalität assoziiert. Durch eine bessere Früherkennung von Risikoschwangerschaften können perinatale Komplikationen reduziert werden.
Die Präeklampsie ist eine der schwersten Schwangerschaftskomplikationen mit entsprechend hoher Morbidität und Mortalität für Mutter und Kind. Es gilt sie rechtzeitig zu erkennen und folgerichtig zu therapieren. Da das klinische Erscheinungsbild uneinheitlich ist, sind Fehleinschätzungen nicht ausgeschlossen. Eine Untertherapie hätte fatale Folgen, unnötige Hospitalisierungen belasten Betroffene und Gemeinwohl. Bei uneindeutigem klinischen Verdacht kann der sFlt-1/PlGF-Quotient aus mütterlichem Blut Klarheit schaffen.
Ein sogenanntes Ampelschema fasst die Handlungsoptionen zusammen:
Für den ambulanten Sektor ist insbesondere der grüne Bereich von Bedeutung. Hier lassen sich Blutdruckabweichungen, wie etwa bei einer reinen Gestationshypertonie oder einem chronischen Hypertonus, von einer Präeklampsie differenzieren.
Vielleicht bringt der gerade ganz aktuell im Gespräch befindliche Troponin-Test eine ganz neue Perspektive für die Einschätzung des individuellen Präeklampsierisikos, was für die Schwangerenbetreuung zu wünschen wäre.
Bildquelle: Carlos Alberto Gómez Iñiguez, Unsplash