Ein 13-jähriges Mädchen kommt in die Ambulanz und präsentiert Frostbeulen an Händen und Füßen – ohne ursächliche Kälteexposition. Das Ärzteteam steht vor einem Rätsel. Was steckt dahinter?
Obgleich bis zur finalen Diagnose einer rheumatologischen Erkrankung in vielen Fällen mehrere Jahre ins Land gehen, stellt der Chilblain-Lupus mit einer Prävalenz von unter 1:1.000.000 in der Primärversorgung eine große diagnostische Herausforderung dar. So können die behandelnden Ärzte mit dem Beschwerdebild des jungen Mädchens aus einer Kasuistik von Bansal et al. zunächst wenig mit den Symptomen anfangen. Die rötlichen, erhabenen und asymptomatischen Läsionen an Händen, Füßen und in den Ohrmuscheln entwickelten sich über 5 Monate und waren auf den ersten Blick kaum von typischen Frostbeulen zu unterscheiden.
Die Hautschäden traten dabei jeweils spontan auf und verschmolzen allmählich zu größeren Plaques an den Fingern und Fußsohlen. Typische rheumatologische Begleiterscheinungen wie Gelenkschmerzen, Lichtempfindlichkeit oder Bauchschmerzen konnten die Kollegen nicht feststellen. Nachdem auch umfangreiche hämatologische Untersuchungen mit Ausnahme einer leichten Anämie und erhöhten Blutsenkungsgeschwindigkeit keine Auffälligkeiten ergaben, führte eine histopathologische Untersuchung der Hautläsionen schließlich zur Diagnose Chilblain-Lupus.
Chilblain-Lupus beschreibt einen seltenen Subtyp des chronischen kutanen Lupus erythematodes, der klinisch vor allem durch rotbläuliche und im Verlauf schmerzende Papeln und Plaques an akralen Stellen ins Auge fällt. Obgleich sich diese besonders bei Kälte und hoher Luftfeuchtigkeit verschlimmern können, werden Betroffene auch bei milderen Temperaturen nicht verschont. Da sich im klassischen Rheumalabor mit Ausnahme antinukleärer Antikörper meist keine spezifischen Befunde finden lassen, führt in den meisten Fällen die histopathologische Untersuchung mit direkter Immunfluoreszenz zur erlösenden Diagnose. Dort finden sich dann unspezifische, Lupus-typische, entzündliche Veränderungen, wie beispielsweise Ablagerungen von IgM und C3 entlang der Basalmembran.
Dass es sich nicht nur um eine seltene, sondern auch in Ärztekreisen noch weitestgehend unbekannte Erkrankung handelt, zeigt eine einfache Schlagwortsuche in der Publikationsdatenbank PubMed: So gab es seit 1946 gerade einmal 181 Publikationen, von denen etwa die Hälfte erst in den letzten 10 Jahren erschien. Da sich glücklicherweise aber immer mehr Forschungsteams mit dieser offiziell als Orphan Disease anerkannten Lupusform befassen, entsteht immer mehr Wissen über die spezifischen Charakteristika und möglichen Behandlungsoptionen.
Wurde das 13-jährige Mädchen aus der Kasuistik vor knapp 10 Jahren noch mit starken topischen Steroiden und dem Warmhalten der Hände und Füße behandelt, gab es in 2022 bereits eine Therapiestudie mit dem JAK-Inhibitor Tofacitinib. Eine weitere Therapiealternative zur klassischen Immunsuppression, die in Deutschland aktuell als Off-Label-Use zum Einsatz kommt, ist der aus der Malariaprophylaxe und -therapie bekannte Wirkstoff Hydroxychloroquin. Dieser ist in der Rheumatologie schon länger zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis und von Kollagenose bekannt und kann die Entstehung neuer Frostbeulen verhindern. Und sollten sämtliche Maßnahmen erfolglos verbleiben, kann eine dermatochirurgische Entfernung der schmerzhaften Knoten eine Alternative sein.
Wenige Treffer auf PubMed und viele Fragezeichen in Fachkreisen sprechen eine deutliche Sprache: Chilblain-Lupus bleibt eine rätselhafte Diagnose, die trotz ihrer Seltenheit und vermeintlichen Begrenzung auf die Haut deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient. Aus Sicht der Betroffenen kann man sich daher nur wünschen, das neue Studien die Wissenslücken zu möglichen Risikofaktoren und Behandlungsoptionen in Zukunft schließen können.
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