Ein Dekubitus ist eine lokal begrenzte Schädigung der Haut und/oder des darunterliegenden Gewebes, in der Regel über knöchernen Vorsprüngen, infolge von Druck oder von Druck in Kombination mit Scherkräften. Eine Vielzahl äußerer Einflüsse und individueller Risikofaktoren beim Patienten ergeben oft eine unübersichtliche Situation. Dieser Beitrag konzentriert sich deshalb darauf, die Komplexität des Dekubitusgeschehens aufzuzeigen und darzustellen, welche Faktoren von entscheidender Bedeutung für einen Behandlungserfolg sein können.
Dekubitus kann in jedem Alter auftreten! Die größte Risikogruppe für die Entwicklung eines Dekubitus stellen aufgrund fehlender Mobilisierung sowie einer begleitender Malnutrition ältere, multimorbide Menschen sowie Paraplegiker dar – bei Paraplegikern kommt der Sensibilitätsverlust hinzu. Aber auch die im Alter gegen Druck wenig widerstandsfähige und oft durch Inkontinenz vorgeschädigte Haut stellt einen bedeutenden Risikofaktor dar.
Eine hohe Dekubitus-Inzidenz ist medizinisch und pflegerisch, aber auch ökonomisch eine große Herausforderung, die nur durch gemeinsame Anstrengungen bewältigt werden kann. Dazu gehört insbesondere ein guter Informationsfluss zwischen Ärzt:innen, Pflegekräften, Angehörigen und Kostenträgern sowie Homecare-Unternehmen. Mit Hilfe der ABCDE-Regeln kann die interdisziplinäre Zusammenarbeit verbessert werden. Nur so können zum Wohle der Patient:innen effiziente Prophylaxe und Behandlungsmaßnahmen sichergestellt, aber auch Kosten eingespart werden, die ansonsten durch intransparente Prozesse und veraltete Methoden entstehen können.
Langwierige Dekubitusbehandlungen ergeben sich zumeist in der institutionellen und häuslichen Kranken- und Altenpflege. Insbesondere in der häuslichen Pflege stellt ein Dekubitus Mitarbeiter:innen von ambulanten Pflegediensten vor große Herausforderungen:
„Man kann auf einen Dekubitus alles legen – nur nicht den Patienten“. Diese „Pflegeweisheit“ beschreibt anschaulich den Stellenwert der Druckentlastung als kausale Therapiemaßnahme. Ist die Druckentlastung gesichert, können neben dem Sauerstoff auch alle anderen für den Reparationsprozess notwendigen Zellen sowie die biologisch wichtigen Stoffe wie Hormone, Enzyme, Vitamine und Wachstumsfaktoren in das Wundgebiet gelangen.
Druckentlastung will gelernt sein:
Die Lagerung sollte nicht isoliert der Druckentlastung dienen. Im ungünstigsten Fall kann es durch eine falsche Lagerung schnell zu weiteren Beeinträchtigungen kommen, wie z. B. zu Atem- oder Kreislaufproblemen, Gelenkversteifungen oder Kontrakturen. Statische sowie dynamische Hilfsmittel können hierbei helfen!Statische Hilfsmittel, wie z. B. Lagerungskissen, sind so auszuwählen, dass ihre Elastizität auch unter Dauerbelastung erhalten bleibt. Klumpen die Materialien zusammen, entstehen neue Druckstellen. Bei Lagerungsprodukten zum Freilagern, wie z. B. Sitzringen, muss eine flächige Druckverteilung sichergestellt sein. Es hat keinen Sinn, einzelne Körperstellen freizulagern und dafür andere mit Druck zu belasten. Gummiringe sind z. B. aus diesem Grund absolut verboten! Des Weiteren muss die/der Patient:in auf den Lagerungshilfen sicher und rutschfest liegen. Bei nicht sachgerechter Lagerung treten durch die ungünstige Gewichtsverteilung riskante Scherkräfte auf. Dynamische Systeme, wie z. B. Antidekubitusmatratzen und Wechseldruckmatratzen in verschiedensten technischen Ausführungen, werden vorrangig bei großen Dekubitalulzera, bei Patient:innen mit multiplen Dekubitusrisikofaktoren und postoperativ nach einer Dekubituschirurgie eingesetzt, um eine absolut sichere Druckentlastung zu erreichen. Hinweis: Sie können zu einer verminderten Körperwahrnehmung führen!
Die pflegerischen Maßnahmen, einen Dekubitus zu verhindern, sind nahezu deckungsgleich mit den Behandlungsmaßnahmen.
Einschätzung Dekubitusgefährdung: Als Hilfe hierzu stehen einige Bewertungsskalen wie die Norton-Skala, die Waterlow-Skala oder die Braden-Skala zur Verfügung. Als einfache Regel kann gelten: Je bewegungsunfähiger ein Mensch ist, desto größer ist die Dekubitusgefahr.
Haut beobachten:Die Haut des Patienten ist täglich auf Anzeichen für eine beginnende Druckbelastung zu inspizieren. Erste Anzeichen für eine Dekubitusgefährdung sind weiße bzw. rote, scharf begrenzte Hautstellen. Besonders sorgfältig sind die klassischen Dekubituslokalisationen wie Sakralbereich, Trochanter und Fersen zu kontrollieren. Bei ersten Anzeichen sofort mit der Druckentlastung beginnen!!!
Patienten mobilisieren:Mobilität ist das A und O. Daher gilt: Patient:innen so schnell wie möglich zu mobilisieren und die eventuell vorhandene Restmobilität zu erhalten, so z. B. durch Aufsetzen, passive und aktive Bewegungsübungen im Bett. Bei Schwerkranken bzw. absolut bewegungsunfähigen Patient:innen stellt das Umlagern zur Druckentlastung eine Form der Mobilisation dar.
Hautpflege intensivieren:Eine gesunde Haut ist gegen Druckbelastungen widerstandsfähiger als eine vorgeschädigte, weshalb sie insbesondere an den klassischen Dekubitusstellen intensiv zu pflegen ist.
Weitere Informationen rund um das Thema "Behandlung eines Dekubitus" sind in der neuesten Ausgabe des HARTMANN WUNDFORUM Magazins zu finden.