Eine Forschungsgruppe hat eine neue Methode zur Synthese von cis-THC entwickelt. Mit der neuen Methode könne der Stoff in exzellenter Reinheit synthetisiert werden, so die Wissenschaftler.
Bislang gab es keine Möglichkeit zur einheitlichen Synthese der Strukturklasse cis-Tetrahydrocannabinol, so ein Forschungsteam der Universität Leipzig. Nun entwickelte das Team eine simple, an die Natur angelehnten Synthesemethode, um die Stoffklasse erstmals für eine breite Anwendung zugänglich zu machen.
Tetrahydrocannabinol gehört zu den in der Cannabispflanze produzierten Phytocannabinoiden. Diese Verbindungen reichern sich vor allem in den Blütenständen der weiblichen Pflanzen an. Die Forschung an diesem Naturstoff führte zur Aufklärung des zugrundeliegenden Mechanismus seiner psychoaktiven Wirkung – das endocannabinoide System. So bezeichnet man den Signaltransduktionsweg im Körper, auf den Tetrahydrocannabinol Einfluss hat und der die charakteristische Wirkung verursacht, etwa beim Rauchen von Marihuana.
„Das Beeinflussen dieses Signalweges ist von pharmazeutischer Relevanz. Cannabinoide können eine Vielzahl von Effekten im Körper auslösen, zum Beispiel als Schmerzmittel, Antipsychotikum oder Antiepileptikum. Allerdings befinden sich aktuell nur wenige Cannabinoide auf dem pharmazeutischen Markt. Die Verschreibung von natürlichen Cannabisprodukten gilt bisweilen als Ausnahme“, sagt Forscherin Caroline Dorsch.
Der Besitz, Anbau und Vertrieb von narkotischen Cannabis-Produkten ist in Deutschland laut Betäubungsmittelgesetz verboten. Als narkotisch werden die Proben klassifiziert, die trans-konfigurierte Cannabinoide beinhalten. Neueste Studien ergaben, dass sich cis-THC vor allem in Teilen der Cannabis-Pflanze anreichert, in welchen die verwandten trans-Verbindungen fehlen. Dies führte bislang zur Klassifizierung solcher Proben als textiler oder nicht-narkotischer Hanf. Allerdings weist cis-THC eine milde psychotrope Aktivität auf.
THC zählt zu den chiralen Verbindungen. Chiralität beschreibt eine räumliche Anordnung von Atomen in einem Molekül, bei der die Spiegelung nicht zur Selbstabbildung führt. Bild und Spiegelbild solcher Verbindungen werden als Enantiomere bezeichnet und haben im menschlichen Organismus häufig unterschiedliche Wirkungen. Die Natur kann die gezielte Synthese dieser Verbindungen leicht steuern. Unter Laborbedingungen ist das jedoch eine große Herausforderung, die die Forscher nun bewältigten. Das neu entwickelte Verfahren kommt zudem mit sehr geringen Mengen des Katalysators aus, was auch aus ökologischer Sicht im Hinblick auf Energie- und Ressourceneinsparung sowie Nebenproduktminimierung attraktiv ist.
cis-THC hat aufgrund seiner milderen psychotropen Aktivität bisher weniger im Fokus der Forschung gestanden als das potentere trans-THC. Nichtsdestotrotz teilen sich auch andere Naturstoffe, die nicht aus Cannabis stammen, mit cis-THC ein Grundgerüst. Diese stellen wertvolle Verbindungen dar, deren vielversprechendes pharmakologisches Aktivitätsprofil noch nicht vollständig erschlossen ist. Durch die neue Strategie konnten neben dem cis-THC eine Reihe weiterer natürlicher und nicht natürlicher Vertreter dieser Strukturklasse hergestellt werden.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Universität Leipzig. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Drew Taylor, unsplash.