Der Markt für Blutzuckermessstreifen ist umkämpft – jährlich werden schätzungsweise 600 Millionen Euro umgesetzt. Jetzt haben Kollegen den Kürzeren gezogen. Laut Bundeskartellamt sind Absprachen mit Kassen, um den Vertrieb auf öffentliche Apotheken zu lenken, nicht legitim.
Ein Dämpfer für den Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL): Standesvertreter hatten sich mit mehreren Kassen verständigt, Patienten bevorzugt über öffentliche Apotheken im Kammerbezirk mit Blutzuckermessstreifen zu versorgen. Strategisch setzten sie auf Steuerungs- und Beeinflussungsverbote. Das heißt im Klartext, Kostenträger informierten weder Ärzte in Schwerpunktpraxen noch Patienten über alternative Bezugsquellen. Sanitätshäuser oder Direktversender hatten das Nachsehen. Prompt legte ein Konkurrent Beschwerde beim Bundeskartellamt ein.
Beim Kartellverwaltungsverfahren unterlag der AVWL (Aktenzeichen B3 – 123/11). „Es gibt in diesem Bereich keine Rechtfertigung für eine Exklusivität der Apotheken“, erklärt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. „Indem alternative Anbieter eine Chance bekommen, wird der Wettbewerb zugunsten der Krankenkassen und der gesetzlich versicherten Patienten belebt.“ Gleichzeitig fordert Mundt andere Krankenkassen und Leistungsträger-Verbände auf, zu prüfen, ob deren Verträge ähnliche Klauseln enthielten. Auf Beratungsleistungen öffentlicher Apotheken ging er jedoch nicht ein.
Am Dilemma ist der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nicht ganz unschuldig: Seit Ende 2011 dürfen Ärzte nicht insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern nur noch in Ausnahmefällen Teststreifen zu Lasten der GKV verordnen. „Diese Patientengruppe kann von einer Blutzuckerselbstmessung nicht profitieren, weil sich daraus keinerlei direkte Konsequenzen für die Therapie ergeben“, heißt es in einer Stellungnahme des G-BA. „Änderungen der Medikamentendosis werden regelmäßig und ausschließlich von der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt durchgeführt, nachdem neben dem Blutzucker der entscheidende HbA1c-Wert gemessen wurde.“ Grund genug für Selbstzahler, immer wieder preisgünstige Bezugsquellen zu suchen.