Wundheilungsstörungen sind ein zunehmendes Problem: In einer neuen Studie testeten Forscher die Behandlung mit modifizierten Milchsäurebakterien – mit Erfolg. Das Potenzial scheint riesig.
In mehreren präklinischen Modellen konnte ein Forscherteam der Universität Uppsala eine beschleunigte Wundheilung nach topischer Behandlung mit Milchsäurebakterien nachweisen: Dazu veränderten die Wissenschaftler die Gene des Limosilactobacillus reuteri, sodass das Chemokin CXCL12 (ILP100-Topical) produziert wurde. In einer ersten klinischen Studie am Menschen prüfte das Team nun die Sicherheit und Verträglichkeit sowie den Einfluss des neuen Arzneimittelkandidaten auf die Wundheilung.
Für die Studie wurden 36 gesunde Freiwillige mit insgesamt 240 induzierten Wunden untersucht. Das Ergebnis: Die Behandlung mit ILP100-Topical war bei allen Personen und Dosierungen sicher und gut verträglich. Nach 32 Tagen konnte nach einer mehrmaligen Behandlung mit ILP100-Topical ein signifikant höherer Anteil an abgeheilten Wunden beobachtet werden als nach einer Behandlung mit Kochsalzlösung und einem Placebo.
Darüber hinaus verkürzte sich die Zeit bis zur ersten festgestellten Heilung um durchschnittlich 6 Tage – bei der höchsten Dosis sogar um 10 Tage. Der Wirkmechanismus von ILP100-Topical wurde auch dadurch bestätigt, dass die Behandlung zu einem Anstieg der CXCL12-positiven Zellen in den Wunden sowie zu einem erhöhten Blutfluss um die Wunden herum während der Heilungsphase führte. Außerhalb der Wunden konnte weder ILP100 noch CXCL12 nachgewiesen werden.
„Unsere Studie zeigt, dass Bakterien, die so modifiziert werden, dass sie ein menschliches Protein produzieren und lokal abgeben, als Arzneimittel zur Beschleunigung der Wundheilung eingesetzt werden können. Dies ist das erste Mal, dass dies in kontrollierten Humanstudien gezeigt wurde. Wir vermuten, dass der Effekt bei Patienten mit Krankheiten, die die Wundheilung negativ beeinflussen, noch größer ist“, erklärt Zellbiologin Prof. Mia Phillipson.
Die positiven Auswirkungen auf die Wundheilung unterstützen die klinische Weiterentwicklung von ILP100-Topical für die Behandlung komplexer und schwer heilender Wunden bei Patienten. Viele immunaktive Proteine sind von Natur aus instabil und werden schnell abgebaut – Durch die Milchsäurebakterien, die die Proteine direkt an den gewünschten Ort befördern, könnten sie jedoch in Zukunft als Arzneimittel genutzt werden.
„Das Potenzial ist endlos, wenn man bedenkt, welch wichtige Rolle Proteine bei verschiedenen Prozessen im Körper spielen und für wie viele Krankheiten wir derzeit keine ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten haben“, schlussfolgert Phillipson. „Wir haben bereits einen weiteren Arzneimittelkandidaten zur Heilung und Verringerung von Entzündungen im Darm von Krebspatienten entwickelt - ILP100-Oral - und in Zukunft werden wir ein Forschungsprojekt mit einem anderen Chemokin zur Behandlung von Lungenkrankheiten starten.“
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung der Uppsala University. Hier findet ihr die Originalpublikation.
Bildquelle: Daniel Sinoca, unsplash.