Keine furzenden Kühe mehr! Das ist die Idee hinter Methanblockern. Aber wie effektiv ist das wirklich und was macht das mit den Tieren?
Britische Politiker haben sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Bis zum Jahr 2030 sollen die Methan-Emissionen des Landes um 50 % reduziert werden. Und einer der Hauptübeltäter ist schon gefunden – die Kuh!
Dieser Gedanke ist nicht weit hergeholt, da Kühe das klimaschädliche Gas Methan ausstoßen, indem sie rülpsen und furzen und damit den Klimawandel vorantreiben. Schätzungen der Farm and Agriculture Organization (FAO) zufolge, gehen 14,5 % der klimaschädlichen Emissionen auf die Tierhaltung zurück. Zwei Drittel dieser Gase kommt von Kühen. Das erkannten auch Politiker in Großbritannien und entwickelten Strategien für eine Senkung des Methanausstoßes. Das Mittel der Wahl sind Methan-Blocker.
In den letzten Jahren gab es immer wieder Studien, die untersuchten, wie eine Reduktion des Methan-Ausstoßes in der Viehhaltung möglich ist. Ein Ansatz vieler Wissenschaftler sind Methan-Blocker bzw. Methan-Hemmer. Dafür werden dem Futtermittel Zusätze wie etwa Kalzium-Cyanamid (CaCN2) oder 3-Nitrooxypropanol (3-NOP) beigemischt. Sie sollen den Ausstoß von Methan der Kuh verringern oder gar ganz stoppen.
Kühe sind Wiederkäuer und besitzen vier Mägen. Den Pansen, Netzmagen, Blättermagen und Labmagen. Im Pansen findet der erste Verdauungsschritt unter anaeroben Bedingungen statt. In ihm befinden sich verschiedene Einzeller – das Mikrobiom der Kuh. Diese Einzeller „verdauen“ die von der Kuh aufgenommene Nahrung. Ein besonders schwer zu zersetzendes Molekül in der ballaststoffreichen Nahrung von Kühen ist die Cellulose. Archaeen können dieses Polysaccharid in seine Bestandteile (Glukose) zersetzen. Bei dieser Aufspaltung werden Stoffwechselprodukte von den Archaeen ausgestoßen, darunter auch das klimaschädigende Methangas. Dieser Prozess nennt sich Methanogenese. Verschiedene Futterzusatzmittel greifen in diesen Stoffwechselweg ein, um eine Produktion von Methan zu verringern oder zu stoppen.
Forscher der School of Veterinary Medicine der University of Pennsylvania fanden heraus, dass die Zugabe von 3-NOP zu einer Hemmung der Transkription von Genen von einem an der Methanogenese beteiligten Enzym führt. Ist ein Schlüsselenzym eines Stoffwechselweges nicht in ausreichender Menge vorhanden, kann es zu einer Herrunterregulierung des gesamten Stoffwechselweges kommen. Außerdem reduziert eine Zugabe von 3-NOP den Anteil an Methanobrevibacter-Spezies, die CO2 zu Methan reduzieren.
CO2 + H2 + 2e- → CH4 + H2O
Die runterregulierten Stoffwechselwege wurden z. T. durch andere hochregulierte Stoffwechselwege kompensiert – wie etwa durch die Buttersäuregärung, die das überschüssige H2, das nun nicht mehr in Methan-Molekülen gebunden wird, verstoffwechselt. Was diese Veränderungen in der Verdauung auf lange Sicht für die Gesundheit der Kühe bedeutet, bleibt zunächst offen. Eine Metaanalyse mehrerer Studien zeigte allerdings, dass das zugesetzte 3-NOP mit der Zeit an Wirkung verliert. Was die Gründe dafür sind und ob das vermieden werden kann, muss in künftigen Studien weiter erforscht werden.
Trotzdem sind sich die Politiker sicher, dass ab 2025 Futterzusätze, die die Methanogenese hemmen, in England eingesetzt werden können. Auch die dänische Regierung sieht großes Potenzial in der Nutzung von Futterzusatzmitteln. Viele Forscher kritisieren diese Herangehensweise. Vicki Hird, Leiterin des Bereichs Landwirtschaft bei Sustain, einem Zusammenschluss von Organisationen, die sich für bessere Lebensmittel und Landwirtschaft einsetzen, befürwortet diese Strategie nicht. „Die Regierungen und die Industrie lieben ihre technischen Lösungen, wie z. B. die Methanunterdrückung in der Viehzucht, und diese helfen vielleicht ein wenig. Aber sie werden nicht die großen Schäden beheben, die mit unserer riesigen Viehzucht verbunden sind (...). Wir müssen weniger und besseres Fleisch produzieren und essen, indem wir agrarökologische Methoden anwenden, die für den Nutzen für den gesamten Betrieb und die Natur bekannt sind.“
Ob die Reduktion von Kuh-Fürzen aber wirklich der richtige Weg ist, bleibt abzuwarten. Der Ansatz der Politiker beseitigt nicht die großen Probleme, die mit der exzessiven Viehzucht einhergehen, sondern beschränkt sich auf eine Symptom-Behandlung. Ein ganzheitlicher Plan, wie etwa Vicki Hird ihn fordert, der auch eine Reduktion des Zuchtbetriebs einbezieht, würde nicht nur zu einer Senkung von Methanausstoß führen, sondern auch die ökologischen Schäden in Ökosystemen verringern. Außerdem sollten die Auswirkungen von Methanblockern auf die Gesundheit von Kühen, sowie Menschen genauer untersucht werden, bevor derartige Zusatzmittel kommerziell verwendet werden.
Quellen
D. W. Pitta et al.(2022) The effect of 3-nitrooxypropanol, a potent methane inhibitor, on ruminal microbial gene expression profiles in dairy cows, Microbiome Issue 10, September 2022.
F. Hotkamp, J. Clemens, M. Trimborn (2023) Calcium cyanamide reduces methane and other trace gases during long-term storage of dairy cattle and fattening pig slurry, Waste Management Vol. 161, April 2023.
https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/1147457/powering-up-britain-net-zero-growth-plan.pdf, Net-Zero Plan UK.
A.N. Hristov, A. Melgar, D. Wasson, C. Arndt (2022) Symposium review: Effective nutritional strategies to mitigate enteric methane in dairy cattle, Journal of Dairy Science, Volume 105, Issue 10, Oktober 2022.
https://www.fao.org/3/cc3164en/cc3164en.pdf Trend: Fleischverzehr FAO.
https://www.fao.org/3/i3437e/i3437e.pdf FAO Emissionen.
https://www.regeringen.dk/media/10351/bilag-6a-endeligt-faktaark280421.pdf Plan Dänemark.
Pressemitteilung
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