Bei Morbus Parkinson sterben in der Substantia nigra dopaminerge Neuronen ab. In benachbarten Hirnregionen bleiben dieselben Neuronen verschont. Forscher haben nun möglicherweise im Mausmodell herausgefunden, warum. Daraus könnten sich Hinweise für Therapiemöglichkeiten ergeben.
Durch das fortschreitende Absterben einer bestimmten Sorte von Neuronen, der dopaminergen Neuronen, in der Substantia nigra, entsteht ein Dopaminmangel, der sich durch Morbus Parkinson bemerkbar macht. Der Mangel kann zwar für einige Zeit therapeutisch kompensiert werden, beispielsweise durch die Gabe von L-Dopa oder Dopaminagonisten, aber der zunehmende Untergang der Neuronen ist dadurch nicht aufzuhalten.
Als Ursache für die Neurodegeneration haben Forscher in den letzten zwei Jahrzehnten toxische Protein-Aggregate identifizieren können, wobei das Protein a-synuclein eine Schlüsselstellung einnimmt. Unklar war bisher, warum nur ganz spezielle Gruppen von Neuronen – wie die dopaminergen Substantia nigra Neuronen – von diesem Prozess betroffen sind, während andere, etwa unmittelbar benachbarte dopaminergen Neuronen, diesen Krankheitsprozess fast unbeschadet überstehen. Das Forscherteam um Dr. Mahalakshmi Subramaniam und Prof. Dr. med. Jochen Roeper vom Institut für Neurophysiologie an der Goethe Universität konnte in Zusammenarbeit mit Frankfurter Kollegen aus der Experimentellen Neurologie und Forschern der Universität Freiburg erstmals anhand eines genetischen Mausmodells zeigen, wie die empfindlichen dopaminergen Neuronen der Substantia nigra auf die toxischen Proteine reagieren. In dem Mausmodell wird eine mutiertes a-synculein Gen (A53T) exprimiert, das auch beim Menschen Morbus Parkinson verursacht.
Wie die Forscher berichten, reagieren die empfindlichen dopaminergen Neuronen der Substantia nigra auf eine Anhäufung der toxischen Proteine, indem sie ihre elektrische Aktivität im intakten Gehirn deutlich erhöhen. Die weniger empfindlichen benachbarten dopaminergen Neuronen bleiben dagegen unbeeinflusst. „Dieser Prozess setzte bei der Maus bereits ein Jahr vor den ersten Defiziten des Dopaminsystems ein und ist damit ein erster funktioneller Biomarker, der in Zukunft eventuell auch im Menschen zur Früherkennung einer sich anbahnenden Parkinsonschen Erkrankung dienen könnte“, erklärt Roeper. „Für die Entwicklung von neuroprotektiven Therapien ist die Möglichkeit der vorklinischen Früherkennung von Risikopersonen essentiell.“
Die Wissenschaftler haben auch den Proteinschalter – einen Ionenkanal - identifiziert, dessen oxidative Störung für die Erhöhung der elektrischen Aktivität und den damit verbundenen Stress in den Neuronen verantwortlich ist. Damit haben sie auch ein neues Zielprotein für die Neuroprotektion von dopaminergen Neuronen gefunden. In Hirnschnitten lässt sich die Störung der „elektrischen Bremse“ in den Ionenkanälen bereits durch die Gabe von Redoxpuffern rückgängig machen. Gelingt es künftig, dessen Empfindlichkeit auch im Mausmodell durch Medikamente zu reduzieren, könnte das Absterben der dopaminergen Neuronen in der Substantia nigra verhindert werden. Die Forscher untersuchen zurzeit, ob sich ähnliche Prozesse auch bei anderen Parkinson-Genen und beim Altern einstellen können. „Langfristig gilt es dann zu überprüfen, inwieweit die Ergebnisse von der Maus auf den Menschen übertragbar sind“, sagt Roeper. Originalpublikation: Mutant α-Synuclein Enhances Firing Frequencies in Dopamine Sustantia Nigra Neurons by Oxidative Impairment of A-Type Potassium Channels Mahalakshmi Subramaniam et al.; The Journal of Neuroscience, doi: 10.1523/JNEUROSCI.5069-13.2014; 2o14