Die Jahreszeiten beeinflussen die Schilddrüse möglicherweise mehr als gedacht. Das könnte sich auch auf die medikamentöse Therapie auswirken.
Schwankungen bei Schilddrüsenhormonen im Laufe der Jahreszeiten können dazu führen, dass Ärzte fälschlicherweise eine subklinische Hypothyreose diagnostizieren und ohne Not Levothyroxin verordnen. Davor warnt Joe M. El-Khoury, Direktor des Labors für klinische Chemie an der Yale School of Medicine, New Haven. Er verweist auf eine Studie aus Japan. Sie habe gezeigt, dass „das thyreotropinstimulierende Hormon (TSH) im Laufe der Jahreszeiten stark schwankt, in den Wintermonaten (Januar–Februar) seinen Höchststand und in den Sommermonaten (Juni–August) seinen Tiefpunkt erreicht.“ Das freie Thyroxin (Free T4) sei dagegen relativ stabil.
El-Khoury: „Diese saisonalen Veränderungen bei gesunden Personen, bei denen TSH ansteigt, während das freie T4 stabil bleibt, werden von Referenzintervallen nicht erfasst und können zu Fehldiagnosen einer subklinischen Hypothyreose und zur unnötigen Verschreibung von Levothyroxin führen.“
Forscher haben die Schilddrüsenfunktion, einschließlich des FT3- und des FT4-Serumspiegels, bei mehr als 7.000 gesunden japanischen Probanden untersucht. Sie verglichen Werte unterschiedlicher Monate und ergänzten diese durch historische Daten.
Die Daten im Überblick:
Ergebnisse der Studie. © Yamada S et al., https://doi.org/10.1210/jendso/bvac05CC BY-NC-ND 4.0
Der mittlere Serum-Thyreotropin-Wert (TSH) war im Januar am höchsten (1,61 mIU/L) und im Mai am niedrigsten (1,16 mIU/L). Umgekehrt war der mediane Serum-FT3-Spiegel im Juli höher als in den anderen Monaten. Die Serum-FT3-Spiegel im Sommer waren signifikant höher als im Winter. Im Gegensatz dazu waren die FT4-Serumspiegel über das ganze Jahr hinweg konstanter, aber statistisch gesehen waren die Werte im Februar und März, Oktober und November höher als in den anderen Monaten. Schwankungen des FT4-Serumspiegels über das Jahr hinweg sind geringer, aber dennoch nachweisbar.
„In Übereinstimmung mit älteren Daten zeigte unsere Studie, dass jahreszeitliche Schwankungen der TSH-Serumspiegel im Winter auf der Nordhalbkugel hoch sind“, schreiben die Autoren. „Die FT3-Serumspiegel unterschieden sich jedoch von Land zu Land, und in Japan, einem jodarmen Land, waren sie im Sommer hoch.“ Konstanter seien die FT4-Werte. Ärzten raten die Wissenschaftler, solche Besonderheiten bei der Bewertung von Laborparametern zu berücksichtigen.
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