Gesundheitsnotstand in Peru: Das Guillain-Barré-Syndrom ist zurück. Doch die genaue Ursache für die Krankheit ist unklar. Lest hier, was mögliche Auslöser sein könnten.
Peru hat wegen gehäufter Fälle des Guillain-Barré Syndrom (GBS) den Gesundheitsnotstand ausgerufen. Dabei handelt es sich um eine seltene Nervenkrankheit, bei der die isolierende Membran der Nervenbahnen von körpereigenen Zellen angegriffen wird. Diese Autoimmunreaktion beginnt meist mit einem Taubheitsgefühl und kann zu Muskelschwäche und Lähmungen führen. Mit einer Inzidenz von ein bis zwei Fällen pro 100.000 Einwohnern pro Jahr ist diese Erkrankung recht selten – weswegen die in Peru seit Januar gezählten 180 Fälle einen ungewöhnlich starken Anstieg des GBS darstellen.
Auslöser der Krankheit ist in den meisten Fällen eine vorhergegangene Infektion mit Bakterien oder Viren. Bei einem Drittel der GBS-Fälle ist Campylobacter jejuni der Krankheitsauslöser. Eine Infektion mit dem weltweit vorkommenden Bakterium äußert sich in der Regel als Durchfallerkrankung. In Peru ist es sogar einer der Hauptauslöser von Durchfallerkrankungen bei Kindern.
Nicht zum ersten Mal wird wegen der Häufung von GBS-Fällen in Peru der Notstand erklärt. Zwischen dem 20. Mai und 27. Juli 2019 wurden dort bereits 683 GBS-Fälle gemeldet. Fachleute sehen C. jejuni-Bakterien als wahrscheinlichste Ursache, da das Bakterium in den meisten Stuhlproben nachgewiesen werden konnte. Genanalysen zeigten, dass der 2019 von GBS-Patienten isolierte Bakterienstamm große Ähnlichkeit zu einem Stamm hat, der seit 2003 im peruanischen Amazonas zirkuliert. Dieser Stamm könnte in den vergangenen Jahren eine höhere Virulenz entwickelt haben, weswegen es zu vermehrten GBS-Ausbrüchen kam. Der 2019 isolierte Bakterienstamm zeigte außerdem große Überschneidungen mit Stämmen, die aus Hühnern isoliert wurden. Die Tiere könnten demnach ein potentieller Ansteckungsherd sein.
Neben den bakteriellen Auslösern gehören mitunter Zika und Dengue zu den häufigsten viralen Verursachern des GBS. In Französisch-Polynesien kam es z. B. 2013 und 2014 nach einer Infektionswelle mit dem Zika-Virus vermehrt zu GBS-Fällen.
Der Grund für die aktuelle Zunahme an Fällen ist zurzeit noch unklar. Das Zika- und Dengue-Virus sind in Südamerika aber stark vertreten und würden genau wie C. jejuni als mögliche Auslöser in Frage kommen.
Laut Gesundheitsminister César Vásquez hat Peru die Situation derzeit unter Kontrolle. Die Erklärung des Gesundheitsnotstands ermögliche es dem Land, besser Maßnahmen ergreifen zu können. Die Ausbreitung der Krankheit könne so intensiver überwacht werden. Die Notstandserklärung komme auch der Versorgung mit den notwendigen Medikamenten zugute und Labore zur Probenanalyse könnten ebenso verstärkt werden. Untersuchungen zu diesem Ausbruch könnten helfen, eine klare Ursache zu identifizieren, und weitere Ausbrüche zu minimieren.
Quellen
C. V. Munayco (2020) et al., Large Outbreak of Guillain- Barré Syndrome, Peru, 2019, Emerging Infectious Diseases, November 2020.
J. Finterer (2022) Triggers of Guillain–Barré Syndrome: Campylobacter jejuni Predominates, Int. J. Mol. Sci., November 2022.
W. Quino et al. (2022) Emergence and Molecular Epidemiology of Campylobacter jejuni ST-2993 Associated with a Large Outbreak of Guillain-Barré Syndrome in Peru, Microbiology Spectrum, August 2022
Bildquelle: Joseph Chan, Unsplash