Nach einer Fehlgeburt wurde ich gleich wieder schwanger. Doch statt mich auf das Baby freuen zu können, machte mir die Pränataldiagnostik die ersten drei Monate zur Hölle.
Eigentlich wusste ich die Möglichkeiten der modernen Medizin bislang immer zu schätzen. So erhielt ich vor, während und auch in den Tagen nach einer Fehlgeburt in meiner allerersten Schwangerschaft eine gute und fachlich kompetente Betreuung von einer engagierten Gynäkologin. Doch als es dann kurze Zeit später erneut zu einer Schwangerschaft kam, wurden mir die zahlreichen diagnostischen Möglichkeiten während der ersten drei Monate zum Verhängnis. Denn statt mich über das erneute Wunder freuen und die Schwangerschaft genießen zu können, wurde ich bei jedem Arzttermin verunsichert.
Erst wurde mir mein geliebter Sport, den ich seit ich denken kann ausübe, nach Feststellung der Schwangerschaft zunächst komplett verboten. Glücklicherweise hörte ich nicht auf diese unbegründete Anordnung und konnte mich in angepasstem Maße weiterhin bewegen. Dann kam der erste Herzschlag im Ultraschall und ich konnte zum ersten Mal richtig durchatmen.
Allerdings entschied sich meine Ärztin im selben Termin zur „ganz dringenden Empfehlung“ einer umfangreichen Pränataldiagnostik. Natürlich vertraute ich der Fachfrau und wehrte mich zunächst nicht gegen den schon geplanten Termin in drei Wochen, erhielt aber außer einer kleinen Broschüre über den nichtinvasiven Pränataltest (NIPT) kein Aufklärungsgespräch. Eine überzeugende Begründung oder klare Indikation für die Notwendigkeit dieser Testung gab es keine.
Ich fühlte mich bereits eine halbe Stunde nach dem Termin total überrumpelt und fing an zu recherchieren. Dabei fand ich schnell heraus, dass meine Ärztin zwei Testverfahren vorhatte. Zum einen das Ersttrimesterscreening mit Messung der sogenannten Nackentransparenz im Ultraschall und Analyse bestimmter mütterlicher Blutwerte, sowie den NIPT zur Abschätzung der Wahrscheinlichkeit für die drei Chromosomenanomalien Trisomie 13, 18 und 21 (Down-Syndrom). Letzterer war nur unter bestimmten Bedingungen eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen und die Ultraschalluntersuchung mit der Laboranalyse ausgewählter Laborparameter im Wert von bis zu 200 € sollte ich privat bezahlen. Das wäre wohl auch mit Kartenzahlung in der Praxis möglich gewesen – so der Hinweis der Ärztin.
Diese ersten Informationen machten mich natürlich skeptisch: Warum sind die Testungen, die angeblich in meinem Fall so notwendig sein, keine Kassenleistung? Denn eigentlich bezahlt meine Krankenkasse alles, was medizinisch nötig und sinnvoll erscheint. Und warum eigentlich diese Tests? Okay, ich bin ein paar Monate älter als 35, habe aber sonst keine Risikofaktoren, einen etwas jüngeren Vater des Kindes und keine Chromosomenstörungen in der Verwandtschaft.
Wollte die Ärztin damit eventuell nur Geld verdienen? Und reichten ihre Kenntnisse im Ultraschall überhaupt aus, um die Nackentransparenz zuverlässig messen zu können? Fragen über Fragen, die mich nächtelang nicht schlafen ließen.
Nach einer Weile stieß ich auch im Internet auf die Diskussion zum Thema und Beiträge von Frauen in ähnlichen Situationen in Schwangerschaftsforen. Dort wies schließlich eine Mitleidende darauf hin, dass beide Tests nur Wahrscheinlichkeiten für Auffälligkeiten ergeben würden und der Arzt mit den Ergebnissen keine Diagnose stellen könnte. Hierfür wäre dann eine invasive Diagnostik mit Fruchtwasserpunktion, der sogenannten Amniozentese, erforderlich. Denn erst bei einer gesicherten Diagnose einer der drei Anomalien könnte man auch nach dem ersten Drittel der Schwangerschaft in Deutschland legal abtreiben.
So eine invasive Diagnostik geht allerdings auch mit einem Risiko für Fehlgeburten einher. Es könnte also sein, dass das Ergebnis auffällig ist und man das Baby durch die invasive Diagnostik dann verliert, obwohl sich der Anfangsverdacht nicht bestätigt. Und wenn man die invasive Diagnostik nicht machen würde, müsste man bis zur Geburt zittern, ob das Kind nun behindert ist oder nicht.
Das war mir alles zu viel. Daher besprach ich meine Bedenken mit der Gynäkologin und lehnte die Diagnostik ausdrücklich ab. Happy End, könnte man denken. Aber nicht in meinem Fall. Denn beim nächsten Ultraschalltermin konnte es die Ärztin – wie sie sich bei mit entschuldigte – „nicht lassen“ und schaute sich trotz meiner Ablehnung auf die Schnelle die Nackentransparenz an. Diese lag im Normbereich, wie ich hinterher herausfand. Die Ärztin versetzte mich aber innerhalb weniger Minuten in Panik und legte mir den NIPT, der in meinem Fall den Markennamen fetalis® trug, so ausdrücklich nahe, dass ich nur noch einwilligen konnte.
Es folgten fünf Tage der Ungewissheit und der Angst vor einem auffälligen Ergebnis und dem Beginn einer diagnostischen Mühle. Gleichzeitig war ich unglaublich sauer auf die Ärztin, denn genau dieses Zittern und diese Unsicherheit im Falle einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine Auffälligkeit wollte ich unbedingt vermeiden. Glücklicherweise kam in der folgenden Woche dann das erlösende Ergebnis, dass alles soweit in Ordnung sei. Gleichzeitig traf ich vorsorglich schon eine wichtige Entscheidung für eine nächste Schwangerschaft: Da werde ich schon bei erster Gelegenheit die vielfältigen selbst zu zahlenden diagnostischen Angebote ausdrücklich ablehnen.
Weitere Informationen über fetalis® auf der Homepage des Herstellers, sowie über den NIPT auf der Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses.
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