Wir essen zu viel, zu oft und zu ungesund. Wer es besser machen will, schwört häufig auf Intervallfasten. Aber wie gut schlägt es sich im Vergleich zum klassischen Kalorienzählen?
Für Eilige gibt’s am Ende des Artikels eine Zusammenfassung.
Übergewicht und Adipositas sind ein globales Problem, das sich immer weiter verschärft. Gewichtsreduktion ist deshalb ein zentrales Anliegen vieler Menschen. Die primäre Adipositas hat in Deutschland mittlerweile epidemische Ausmaße erreicht. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind zwei Drittel der Männer (67 %) und die Hälfte der Frauen (53 %) übergewichtig (BMI ≥ 25 < 30 kg/m2). Fast ein Viertel der Erwachsenen (23 % der Männer und 24 % der Frauen) ist sogar adipös (BMI ≥ 30 kg/m2). Hochgerechnet auf die derzeitige deutsche Bevölkerung entspricht das etwa 18 Mio. Menschen. Starkes Übergewicht spielt dabei eine Schlüsselrolle in der Pathogenese kardiometabolischer Erkrankungen wie Hypertonie, Typ-2-Diabetes und Fettstoffwechselstörungen.
Die Ursachen von Übergewicht und primärer Adipositas sind bekannt – Ernährungsexperten betrachten sie als Ergebnis einer langfristigen Über- bzw. Fehlernährung. Mit anderen Worten: Wir essen zu viel, zu ungesund, zu schnell, zu oft und zur falschen Zeit. Gleichzeitig bewegen wir uns zu wenig. Ein täglicher Energieüberschuss von nur 300 kcal, das entspricht etwa einem mittelgroßen Croissant oder einem Cheeseburger, führt so schnell zu einer Gewichtszunahme von etwa 1 kg im Monat und 12 kg im Jahr. Einig ist sich die Wissenschaft darin, dass eine Kalorienreduktion die wirksamste und sinnvollste Gegenmaßnahme darstellt. Kein Konsens herrscht hingegen darüber, wie das Energiedefizit am besten zu erreichen ist.
Sucht man im Internet nach Abnehmtipps, Diäten oder Schlankheitskuren so stößt man auf eine Fülle von Ratschlägen und Empfehlungen. Bei genauer Betrachtung lassen sich jedoch alle Vorschläge in nur eine von drei grundsätzlichen Ernährungsstrategien einordnen:
Das Wirkprinzip der Reduktionsdiäten besteht in einer konsequenten Kalorieneinschränkung, die über eine negative Energiebilanz mittel- und langfristig zum Wunschgewicht führt. Da sich das Energiedefizit in der Regel über alle drei Hauptmahlzeiten erstreckt, ist es von einem latenten Hungergefühl begleitet. Darunter leidet dann auch die Therapietreue. Zu den bekanntesten Vertretern dieser Gruppe gehören Formuladiäten (Shakes, Riegel, Suppen), die Brigitte-Diät, FdH sowie das Weight-Watchers-Programm.
Bei den Ausschlussdiäten verzichtet man auf bestimmte Nahrungsmittel bzw. Nährstoffe oder schränkt deren Verbrauch deutlich ein. Unter Einhaltung der Einschränkungen kann man sich jedoch bei jeder Mahlzeit satt essen. Prominente Vertreter dieser Richtung sind kohlenhydratreduzierte Ernährungsformen wie z. B. die Low-Carb-High-Fat-Diät (LCHF), die Atkins-Diät, die Glyxdiät, die Steinzeit-Ernährung sowie die ketogene Kostform. So verzichten z. B. die Anhänger der Paleo-Diät vollständig auf Getreide- und Milchprodukte, die Verfechter der Clean-Eating-Bewegung hingegen auf industriell stark verarbeitete Nahrungsmittel (Zucker, Weißmehl, raffinierte Öle) und Fertigprodukte. Ebenfalls zu den Ausschlussdiäten zählen die Low-Fat-Diäten (Ornish, Pritikin, Esselstyn) sowie eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise. Begründet wird dieser Ansatz dadurch, dass Kohlenhydrate, Fette und Proteine bzw. pflanzliche und tierische Lebensmittel sowie naturbelassene und verarbeitete Speisen unterschiedliche biologische Wirkungen im Körper entfalten.
Die Fastenstrategien setzen auf einen vorübergehenden Nahrungsverzicht. Dabei werden drei Zeitmodelle unterschieden:
Die Effekte des Fastens basieren – vereinfacht ausgedrückt – auf einer verstärkten Mobilisierung der Fettverbrennung (Lipolyse). Nach dem derzeitigen Stand des Wissens geht man davon aus, dass der menschliche Organismus nach 14- bis 16-stündiger Fastenzeit seine Energiegewinnung von einer überwiegenden Verbrennung von Kohlenhydraten auf die vorwiegende Verbrennung von Fetten umstellt. Die vielfältigen gesundheitlichen Wirkungen des Fastens werden auf die Aktivierung körpereigener Selbstreinigungsprozesse (Autophagie) zurückgeführt.
Kurz gesagt kommt es also nicht nur darauf an, wie viel und was wir essen, sondern auch darauf, wann und wie oft wir essen. Bei den klassischen Ernährungsformen wie der Mittelmeerdiät oder der Vollwertkost nach Dr. M.O. Bruker finden sich alle drei Elemente in unterschiedlicher Ausprägung wieder. In der vorliegenden Studie wurde das zeitlich begrenzte Essen nach der 16:8-Methode (Intervallfasten) mit einer konventionellen Kalorienrestriktion (Reduktionsdiät) verglichen.
In einer 12-monatigen randomisierten kontrollierten Studie (RCT) verglichen Forscher der Universität Illinois in Chicago, unter der Leitung von Krista Varady, den Effekt zweier Diätstrategien auf das Ausmaß der Gewichtsreduktion bei Erwachsenen mit Adipositas der Schweregrade I bis III. Während eine Gruppe intermittierend nach der 16:8-Methode fastete (Time-Restricted Eating), reduzierte die andere Gruppe ihre tägliche Kalorienaufnahme um 25 % (Calorie Restriction). Der individuelle Energiebedarf wurde in der konventionellen Reduktionsdiät-Gruppe für jeden Teilnehmer auf der Grundlage seines Gewichts, seiner Größe, seines Alters und seines Aktivitätsniveaus berechnet. Eine dritte Gruppe, ohne jegliche Ernährungseinschränkungen, diente als Kontrolle.
Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in eine der drei Gruppen eingeteilt. Die stratifizierte Randomisierung erfolgte im Verhältnis 1:1:1, wobei die Einflussfaktoren Geschlecht (männlich; weiblich), Alter (18–42; 43–65 Jahre) und BMI (30–40; 40,1–50 kg/m2) a priori berücksichtigt wurden. Primärer Endpunkt war die absolute Veränderung des Körpergewichts nach 12 Monaten. Sekundäre Endpunkte waren die relative Gewichtsveränderung, der Taillenumfang, die Auswirkungen auf die Körperzusammensetzung (Muskel-, Fett- und Knochenmasse) sowie eine Reihe kardiometabolischer Gesundheitsmarker wie z. B. Blutdruck, Plasma-Lipide, Nüchternblutzucker, HbA1c und Insulinresistenz. Nebenwirkungen wurden mittels eines Fragebogens erfasst. Alle drei Gruppen wurden angehalten, ihre körperlichen und sportlichen Aktivitäten während der einjährigen Studiendauer nicht zu verändern.
Während der 6-monatigen Gewichtsreduktionsphase durften die Teilnehmer der Intervallfastengruppe ihre Nahrung in der Zeit von 12 Uhr mittags bis 20 Uhr abends zu sich nehmen. Innerhalb dieses achtstündigen Essfensters gab es für die Probanden keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Nahrungsmenge sowie der Nahrungsmittelauswahl. Auch die Anzahl der täglichen Mahlzeiten war jedem Teilnehmer freigestellt. Außerhalb des festgelegten Zeitfensters durften lediglich kalorienfreie Getränke zugeführt werden. In der Gewichtserhaltungsphase, ab dem siebten Studienmonat, durfte das Essfenster um zwei Stunden auf dann insgesamt 10 Stunden erweitert werden (10–20 Uhr).
Das Essfenster in der Reduktionsdiät-Gruppe betrug über den gesamten Studienzeitraum mindestens 10 Stunden und war zeitlich nicht begrenzt. Die Probanden wurden angehalten, 50 % ihres Energiebedarfs über Kohlenhydrate, 30 % über Fett und 20 % über Proteine zu decken. Dazu erhielten sie zu Beginn der Studie individualisierte Menüpläne mit angepassten Portionsgrößen und entsprechenden Lebensmittelempfehlungen. In der Gewichtserhaltungsphase konnte die tägliche Kalorienbeschränkung von 25 % auf 15 % reduziert werden.
Beide Interventionsgruppen wurden von qualifizierten Ernährungsberatern telefonisch oder per Videocall betreut. Die Betreuung erfolgte in den ersten drei Monaten wöchentlich, in den Monaten 4–6 alle zwei Wochen und danach monatlich. Die Unterstützung in der 6-monatigen Gewichtsreduktionsphase konzentrierte sich auf eine Ernährungsberatung gemäß den Empfehlungen der Amerikanischen Diabetes Gesellschaft. In der 6-monatigen Konsolidierungsphase standen verhaltenstherapeutische Maßnahmen im Mittelpunkt. Dazu gehörte z. B. eine Gesprächstherapie, um Impulsessen zu reduzieren.
Von 90 Teilnehmern, die alle Ein- und Ausschlusskriterien erfüllten, beendeten 77 die Studie gemäß den Vorgaben. Alle Studienabbrüche erfolgten aus nicht medizinischen Gründen in den ersten 6 Monaten. Die Probanden waren im Mittel 44 Jahre alt, der Anteil der Frauen betrug 82 %. Die Mehrzahl der Teilnehmer war hispanischen Ursprungs (46 %). Afroamerikaner machten 33 % aus, Asiaten und Weiße jeweils 10 %. Zu Studienbeginn betrug das mittlere Körpergewicht 100 kg, der mittlere BMI 37 kg/m2, der mittlere Bauchumfang 110 cm und der mittlere Körperfettanteil 47 %.
Verglichen mit der Kontrollgruppe betrug der durchschnittliche Gewichtsverlust in der Intervallfasten-Gruppe nach 6 Monaten 4 kg (95 % Konfidenzintervall von -5,87 kg bis -2,13 kg) und bei den Teilnehmern der Reduktionsdiät-Gruppe 5,14 kg (95 % Konfidenzintervall von -7,95 kg bis -2,33 kg).
Nach einem Jahr hatte sich der absolute Gewichtsverlust in beiden Interventionsgruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe noch etwas vergrößert. Er betrug in der Intervallfasten-Gruppe 4,61 kg (p ≤ 0,01; 95 % Konfidenzintervall von -7,37 kg bis -1,85 kg) und 5,42 kg in der Reduktionsdiät-Gruppe (p ≤ 0,01; 95 % Konfidenzintervall von -9,13 kg bis -1,71 kg). Die absolute Gewichtsabnahme nach 12 Monaten war in beiden Interventionsgruppen im Vergleich zur Kontrolle statistisch signifikant, während es zwischen den beiden Diätstrategien keinen Unterschied gab (0,81 kg; p = 0,68; 95 % KI von -3,07 kg bis +4,69 kg).
Die relative Gewichtsabnahme nach 12 Monaten betrug in der Intervallfasten-Gruppe 4,87 % und 5,30 % in der Kalorienzähl-Gruppe im Vergleich zur Kontrolle. Der Unterschied von 0,43 % war statistisch nicht signifikant. Ernährungstagebücher zeigten, dass die Teilnehmer der Intervallfasten-Gruppe im Mittel täglich 425 kcal weniger zu sich genommen hatten als vor Beginn der Studie. In der Reduktionsdiät-Gruppe betrug das tägliche Kaloriendefizit 405 kcal. Der Unterschied von 20 kcal war statistisch ebenfalls nicht signifikant.
Beide Diäten reduzierten den Taillenumfang und die Fettmasse in ähnlichem Ausmaß. Die explorative Auswertung der kardiometabolischen Parameter wie Glukose-, Insulin- oder Cholesterinspiegel zeigte ebenfalls keine relevanten Veränderungen. Neben den anfänglichen und vorübergehenden Befindlichkeitsstörungen wie z. B. Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schwindel, traten in den beiden Interventionsgruppen keine nennenswerten Nebenwirkungen auf. Die körperlichen Aktivitäten der Teilnehmer wurden mittels Schrittzähler erfasst und zeigten keine Unterschiede.
Die Einhaltung der Studienvorgaben durch die Teilnehmer der Intervallfasten-Gruppe war insgesamt gut. An 6,1 von 7 Tagen wurde das vorgegebene Essfenster von 8 bzw. 10 Stunden eingehalten. Das entspricht einer Adhärenz von 87 % bezogen auf alle Studientage. Die mittlere Länge des Essfensters betrug nach 6 Monaten 7,35 Stunden und nach 12 Monaten 7,51 Stunden. Im Vergleich dazu gaben nur 61 % der Teilnehmer der Reduktionsdiät-Gruppe an ihr Kalorienreduktionsziel von 25 bzw.15 % über die gesamte 12-monatige Studiendauer eingehalten zu haben. Die Abbruchrate war in allen drei Gruppen mit 13,3 % bzw. 16,6 % vergleichsweise gering.
Die wichtigste Erkenntnis aus der Studie ist, dass man die gleiche Gewichtsreduktion erreichen kann, indem man die Stunden anstatt der Kalorien zählt. Die Ergebnisse legen nahe, dass zeitlich begrenztes Essen zu einer Art „natürlicher Kalorienrestriktion“ führt. Ausschlaggebend für den Erfolg sind Länge und Lage des Zeitfensters.
Intervallfasten nach der 16:8-Methode ist jedoch deutlich einfacher als eine traditionelle Reduktionsdiät, da es mit weniger Aufwand verbunden ist (kein Abwiegen von Lebensmitteln, keine Ernährungsvorschriften oder Diätpläne, kein Kalorienzählen, keine Pulverdrinks). Darüber hinaus fallen keine zusätzlichen Kosten für Diätprodukte, Shakes, Apps oder Coaching an. Im Unterschied zur Reduktionsdiät kann man sich beim Intervallfasten bei jeder Mahlzeit – innerhalb des vorgegebenen Zeitfensters – satt essen. Das wirkt sich positiv auf die Therapietreue aus. Dennoch bleibt festzuhalten, dass es bei beiden Diätstrategien die negative Energiebilanz war, die letztlich die Pfunde purzeln ließ, sei es durch die Verkürzung des Essfensters oder die Reduktion der aufgenommenen Kalorien. Somit kann sich jeder die Abnehmstrategie aussuchen, die am besten zu ihm passt.
Angemerkt sei noch, dass die Ergebnisse der Studie im Einklang mit zahlreichen Übersichten und Metaanalysen stehen (hier, hier, hier und hier).
Epidemiologie und Ursachen von Adipositas:Zwei Drittel der Männer und über die Hälfte der Frauen sind übergewichtig, ein Viertel der Erwachsenen adipös. Hauptursachen sind Überernährung und Bewegungsmangel und somit ein dauerhafter Kalorienüberschuss.
Diätstrategien zur Gewichtsreduktion:Es gibt drei grundlegende Diätansätze:- Reduktionsdiäten: Kalorienrestriktion durch kleinere Portionen oder spezielle Diätprodukte.- Ausschlussdiäten: Verzicht auf bestimmte Lebensmittel oder Nährstoffe (z. B. Low-Carb, ketogene Diäten).- Fastenstrategien: Zeitlich begrenzte Nahrungsaufnahme (z. B. 16:8-Intervallfasten).
Klinische Relevanz:In einer 12-monatigen RCT-Studie erzielten Intervallfasten und Kalorienrestriktion vergleichbare Gewichtsverluste (~5 %). Beide Methoden führten zu ähnlichen kardiometabolischen Verbesserungen, ohne gravierende Nebenwirkungen. Intervallfasten erwies sich als einfacher durchführbar und förderte die Adhärenz.
Bildquelle: Thought Catalog, Unsplash