Ein Mückenstich, der gar nicht erst juckt: Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Genau das versprechen Hitzesticks – weshalb ich die thermische Therapie für jede Urlaubsapotheke empfehle.
Es klingt eigentlich ganz logisch: Ein Mückenstich beginnt zu jucken, weil die Haut verletzt wurde und das Insekt Speicheldrüsenproteine in die Wunde abgegeben hat. Der Körper reagiert mit der Ausschüttung von Histamin, was eine Rötung und Schwellung der Hautstelle zur Folge hat. Wird nun dieses Speicheldrüsenprotein rechtzeitig zerstört – beispielsweise durch Hitze – unterbleibt die Histaminfreisetzung und der Stich juckt nicht mehr. Die thermische Therapie hilft aber auch durch die Anwendung selbst, da das Gewebshormon Histamin so in geringerem Maße freigesetzt wird. Dieses Prinzip steht hinter den verschiedenen Hitzesticks, die für diese Zwecke im Handel sind. Aber wie gut funktioniert das Prinzip der Hyperthermie in der Praxis?
Getestet wurden solche Hitzeanwendungen schon vor einigen Jahren. Die Stiftung Warentest beklagte vor 23 Jahren bereits die Ausbildung von Brandblasen bei einem ihrer Tester nach der Anwendung einer „Hitzemaus“ gegen Mückenstiche. Der „MosQuit Stichheiler“ heizte sich damals noch auf 60 °C auf, was punktuell mit einem gewissen Druck angewendet vor allem für kleine Kinder und Personen mit empfindlicher Haut sicherlich schmerzhaft war.
Die heutigen Geräte erhitzen sich nur noch auf 50, manche auch bis maximal 55 °C. Das genügt, um die gewünschte Wirkung zu entfalten, ist nur minimal schmerzhaft und erzeugt keine Brandblasen. Manche Geräte haben auch verschiedene Knöpfe für die Anwendung bei Erwachsenen oder Kindern. Auch hier können empfindlichere Personen die Kindervariante wählen und sie dann bei Bedarf mehrfach anwenden, damit der Juckreiz völlig verschwindet.
Auf dem Markt gibt es inzwischen verschiedene Geräte, die sich vor allem in ihrer Ergonomie und Größe unterscheiden. Einige Geräte benötigen Batterien, andere werden an die Ladebuchse eines Smartphones gesteckt und per App aktiviert. Ich persönlich empfinde das letztere als sehr praktisch, denn die Geräte sind klein und lassen sich an den Schlüsselbund anhängen. Sowohl Handy als auch Haus- oder Autoschlüssel trägt man meistens unmittelbar bei sich, so dass eine Anwendung sehr schnell stattfinden kann. Das ist auch sinnvoll, denn je länger man sich damit nach einem Stich Zeit lässt, umso länger hat der Körper die Möglichkeit, Histamin zu produzieren. Mit einer Handyladung kann man theoretisch viele hundert Anwendungen durchführen, also muss niemand Angst haben, dass er bei einer Stichbekämpfung den Akku des Handys leert. Sowohl für die Sticks, als auch für die Anwendung der Handy-Apps gibt es inzwischen recht überzeugende, wenn auch firmeneigene Studien, welche die Wirksamkeit so untermauern, dass die Geräte als Medizinprodukte vertrieben werden können.
Wem dennoch die Hitzeanwendung unangenehm schmerzhaft erscheint, der kann einen elektrischen Stichheiler ausprobieren. Dieser funktioniert im Gegensatz zu den thermischen Geräten nach dem Prinzip der Piezo-Elektrizität. Ein Piezo-Kristall wird per Klick auf den Stift mit einem kleinen Gewicht angestoßen und dabei verformt. Dadurch entsteht ein kleiner Lichtbogen zwischen den Polen des Geräts. Diese minimalen Stromstöße sind üblicherweise nicht schmerzhaft und sorgen wie die Hitzeanwendung dafür, dass die Histaminfreisetzung unterbrochen wird. Das Praktische dabei: Das Gerät benötigt weder Batterien noch ein Smartphone, da die Zündung per mechanischem Knopfdruck ausgelöst wird. Laut Hersteller soll das Gerät für ca. 5.000 Mückenstiche ausreichen.
Zur Beratung in der Apotheke gehört auch die Beantwortung der Frage, für wen oder wann diese Art der Anwendung eher nicht geeignet ist. Der Hersteller des Piezo-basierten Stichheilers warnt vor der Anwendung bei Patienten, die einen Herzschrittmacher, einen implantierten Defibrillator oder ein anderes implantiertes metallisches oder elektronisches Gerät tragen sowie bei Patienten, bei denen eine Herzerkrankung oder Epilepsie diagnostiziert wurde. Da die elektrische Entladung einen Spannungsbogen erzeugt, darf das Gerät nicht in der Nähe von brennbaren Flüssigkeiten oder Gasen angewendet werden. Der Einsatz auf nassen Hautstellen und die Anwendung mit nassen Händen sollte ebenfalls aufgrund der erzeugten Spannung unterbleiben. Auch Schwangere und Kinder unter 6 Monaten sollten – genau wie bei den Geräten, die auf einer thermischen Anwendung basieren – von der Anwendung absehen.
Für beide Geräte gilt ebenfalls, dass sie nicht auf offenen Wunden, bei Hautausschlägen, bei infizierten, pathologischen oder anormalen Hautzuständen, auf blutenden oder sezernierenden Stellen und auf Schleimhäuten angewendet werden dürfen. Eine intakte Haut ist bei der Anwendung eine Grundvoraussetzung. Wer also bereits seit einigen Tagen an der Einstichstelle herumgekratzt hat, der sollte die Geräte alle nicht einsetzen. Um so wichtiger ist es, die Stiche so schnell wie möglich nach ihrem Entstehen anzugehen. Eine Anwendung ist weiterhin bei einer anaphylaktischen Reaktion, bei Stichen in Augennähe oder auf Schleimhäuten, bei Small-Fibre-Neuropathie, Allodynie, Hyperalgesie sowie bekannter eingeschränkter Schmerz- und Temperaturempfindlichkeit (beispielsweise als Folge eines Diabetes) nicht angezeigt.
Eine Frage, welche mir in der Apotheke dazu mit am häufigsten gestellt wird, ist, ob man die thermischen Stichheiler auch bei anderen Stichen und Bissen einsetzen kann als nur bei Mückenstichen. Die Antwort ist ja, denn durch die lokale Hitzeanwendung wird der Histaminfreisetzung entgegengewirkt und das funktioniert quasi universell und ist nicht auf eine bestimmte Tierart oder -gattung begrenzt. Er wirkt beispielsweise auch gegen die Schwellung und Rötung, die bei Bissen oder Stichen von Bremsen, Bienen, Flöhen oder Wespen auftreten. Allerdings ist er gegen die Schmerzen bei einem Wespen- oder Bienenstich oft nicht ausreichend hilfreich, denn diese haben nichts mit dem Histamin zu tun, sondern mit dem jeweils injizierten Insektengift. Auch helfen die Sticks nicht gegen Krankheiten, wie beispielsweise Malaria, die mit dem Stich übertragen werden können.
Durch persönliche Versuche habe ich festgestellt, dass ich ab und zu noch einmal nachlegen musste und ein bereits entsprechend behandelter Mückenstich nach einem oder zwei Tagen wieder angefangen hat, zu jucken. Ein erneuter Einsatz des Hitzesticks genügte aber, um die Haut wieder zu beruhigen. Ich empfehle die Sticks grundsätzlich – mit den erwähnten Einschränkungen – sehr gerne in der Apotheke, besonders, wenn ich eine Reiseapotheke zusammenstellen soll. Wer nicht an den Mückenstichen kratzt, der bekommt normalerweise auch keine Sekundärinfektion – mit das wichtigste Präventionsmittel überhaupt.
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